Saison 04/2011

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Der Tiroler Bergsommer hat Potenzial SONNIGE AUSSICHTEN TOURISMUSMAGAZIN | AUSGABE 04/11 | SOMMER/HERBST 2011 P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

description

Sonnige Aussichten - Der Tiroler Bergsommer hat Potenzial Klein, Kühl, sicher, reich. Laut dem Trendforscher David Bosshard werden das die Attribute sein, mit denen der Alpentourismus im globalen Wettbewerb mitspielen kann. Bei einer stetig steigenden Durchschnittstemperatur bieten die Alpen angenehme Temperaturen für Sommerfrischler. Damit wird zumindest spekuliert. Was steckt dahinter?

Transcript of Saison 04/2011

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Der Tiroler Bergsommer hat Potenzial

SONNIGE AUSSICHTEN

T O U R I S M U S M A G A Z I N | A U S G A B E 0 4 / 1 1 | S O M M E R / H E R B S T 2 0 1 1

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MEHR AUF

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Zitiert

„Gesundheitstourismus ist der Oberbegri� für einen touristi-schen Aufenthalt mit dem Ziel der Erhaltung, Stabilisierung und Wiederherstellung der Gesundheit, bei dem aber – um ihn von einem ‚normalen‘ Ferienaufenthalt zu unterschei-den – Gesundheitsleistungen einen Schwerpunkt bilden.“

Claude Kaspar, Tourismusforscher

„Kultur und Esskultur sind eng miteinander verbunden. Kunstinteressierte Gäste legen häufi g auch Wert auf quali-tätvolles Essen. Tirol hat es versäumt, diese beiden Berei-che zu fördern.“

Alfons Parth, Wirt und initiator des

kulinarischen Jakobswegs

„Früher hatten Eltern ganz andere Ansprüche. Man hat gesagt: ‚Solange die Kinder ganz klein sind, fahre ich nicht in Urlaub. Später mache ich Familienurlaub und ord-ne mich den Wünschen der Kinder unter.‘ Heute hingegen legen immer mehr Gäste Wert darauf, dass sie selbst auch nicht zu kurz kommen.“

Ernst Mayer, Chef des Kinderhotels

alpenrose in Lermoos

„Wir müssen die Urlaubsbe-dürfnisse der Leute zu 100 Prozent stillen. Rafting allein ist dabei zu wenig. Es braucht ein umfassendes, reichhal-tiges Angebot für die ganze Familie.“

Hansi Neuner, Geschäftsführer

der area 47

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StiCHWort

ETYMOLOGIEAlpe, alp, alm, Femininum, „Bergweide“,

mhd. albe (1300), „Bergweide“, ahd. alba

(10. Jh.), „alp, alm, Bergweide“, (790 lat.

alpes duas) zu (vor)indogermanisch. *albon,

»Berg, hochgelegener Weideplatz«,

Einfl uss von lat. albus, adj., „weiß“,

Köbler, Gerhard, Deutsches Etymologisches

Wörterbuch, 1995

Nächtigungen seit 1990Quelle: Landesstatistik Tirol

Klima-wandel

Klein, kühl, sicher, reich.

Laut dem schweizer

Trendforscher David

Bosshart werden das die

attribute sein, mit denen

der alpentourismus im

globalen Wettbewerb mit-

spielen kann. Wenn in den

kommenden Jahrzehnten

die Durchschnittstempe-

ratur um zwei Grad steigt,

wird es in Venedig so

heiß sein wie in der Türkei

– und die alpen bieten

angenehme Temperatu-

ren für sommerfrischler.

Damit spekulieren

zumindest Experten.

Zahlen, bitte

9.000in Österreich gibt es etwa 9.000 almen,

davon liegt rund ein Viertel in Tirol, das

damit mit 2.151 das almenreichste Bun-

desland ist, deutlich vor salzburg mit

1.814. 13 Prozent, das sind 1,06 Millionen

Hektar des österreichischen staatsge-

bietes, sind von almen bedeckt, auch

fl ächenmäßig hat Tirol mit 39 Prozent

den größten anteil an den heimischen

almfl ächen. (almstatistik der Bundesan-

stalt für Bergbauernfragen, 2009)

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SommerWinter

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Der Wert des Wetters

Schön ist’s, wenn’s schön ist – dem Volks-

mund kann man gerade aus touristischer

Perspektive nicht widersprechen. sonne

und Wärme sind nachweislich dem Men-

schen angeborene sehnsüchte. Tatsäch-

lich ist die Wetterfühligkeit der Reisenden so groß wie

noch nie. Entschieden wird spontan und kurzfristig,

wann, wohin und wie lange verreist wird. oft genug

spielt da die aktuelle Wetterprognose eine Hauptrol-

le – auch wenn Urlauber nicht explizit eine erklärte

sonnen- und/oder stranddestination anpeilen. auch

der aktive Gast, der in die alpen fährt, informiert sich

im Vorfeld über alle Details und kann dies gerade im

Wetterbereich immer genauer mit immer längeren

Vorlaufzeiten tun.

Für die touristischen anbieter im alpenraum lie-

gen die Konsequenzen klar auf der Hand: Das groß-

artige schaupiel der natur gerade im Wechsel der

Witterungsverhältnisse gehört zum Urlaub in unseren

Breitengraden einfach dazu – es zu leugnen wäre

falsch. Dieses „alpine Reizklima“ in der Höhenlage der

Berge, das viele unserer Gäste auch bewusst genießen,

erfordert aber auch einen noch aktiveren Umgang als

bisher – sonst geht Geschäft verloren. Zu präzise wird

das Wetter heute vorhergesagt, zu vielfältig sind die

informationskanäle, zu zentral sind Wetterprognosen

für die generelle Urlaubsentscheidung geworden.

Gerade an den enormen Reichweiten der einzelnen

Wettersendungen im Fernsehen, die vielfach schon

zu inszenierten Wettershows mit außenwetterdrehs

mutiert sind, lässt sich der Wert des Wetters able-

sen. Zusammen mit vielen Regionen unseres Landes

nützt die Tirol Werbung derartige Formate seit einigen

Jahren konsequent, um unsere Vorzüge authentisch

und glaubwürdig reichweitenstark zu kommunizieren.

ob saisonbegleitendes sommer- oder Winterwetter

auf dem führenden deutschsprachigen nachrich-

tensender n-tv, regelmäßige außenwetterdrehs von

TV-stationen oder ein jährlich in Tirol stattfi ndendes

Gipfeltreff en der führenden Wettermoderatoren in-

klusive ausführlicher Vor-ort-Reportagen und einer

Reichweite von über 60 Millionen Zusehern – Tirol

trägt der gestiegenen Wettersensibilität der Urlauber

mit innovativer Medienarbeit Rechnung.

Intensiver einbringen. Doch eines ist ebenfalls

klar: soll Tirol in diesem Bereich weiter führend bleiben,

müssen wir uns einerseits im netzwerk der Wetter-

informationen noch intensiver einbringen und die aktiv

angebotene informationsqualität und -dichte in den

einzelnen Kanälen weiter erhöhen. Gerade im internet

können auf einschlägigen Wetterseiten Bilder, Texte

oder Videos zugeliefert werden, und damit steigen

auch die Chancen Gutwetter-Botschaften oder er-

freuliche Wetterereignisse (im Winter etwa neuschnee)

noch erfolgreicher zu verbreiten.

andererseits sollten wir uns als anbieter auch

immer wieder kritisch fragen, ob und wie wir die schon

so vielfältig und erfolgreich entwickelten, quasi wasser-

festen Erlebnis-, Einkaufs- und Eventangebote in unse-

rem Land weiter ergänzen beziehungsweise gezielter

vermitteln können. Es macht aber auch sinn zu hinter-

fragen, ob wir bereits genügend qualitätsvolle Plätze

schaff en konnten, um Regenstunden zu erinnerungs-

würdigen Mußestunden mutieren zu lassen. Denn in

sonnendestinationen wie im alpenraum macht erst die

Harmonie der Gegensätze den Reiz eines stimmigen,

weil kompletten Urlaubserlebnisses aus: so wie wir in

der südlichen Hitze die Kühle eines Bades oder alten

Gemäuers schätzen, so fi nden unsere glücklichen Gäs-

te nach einer gesunden Wanderung durch die frische

Regenluft die wohlige atmosphäre entspannter Well-

nessbäder sowie die gemütlichen Tiroler stuben und

unsere wärmende Gastfreundschaft. ×

EDiToRiaL

J o s EF M a R G R Ei T ER , D i R EK To R T i R o L W ER B U n G

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5 saison

editorial

Die Wetterfühligkeit der Reisenden ist so groß wie noch nie. Entschieden wird spontan und kurzfristig, wann, wohin und wie lange verreist wird.

Das großartige Schaupiel der Natur gerade im Wechsel der Witterungsverhältnisse ge-hört zum Urlaub in unseren Breitengraden einfach dazu – es zu leugnen wäre falsch.

Es macht Sinn zu hinterfra-gen, ob wir bereits genü-gend qualitätsvolle Plätze schaffen konnten, um Re-genstunden zu erinnerungs-würdigen Mußestunden mutieren zu lassen.

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7 SAISON

INHALT

IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 4/2011 (63. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Ste� en Arora, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografi k.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, [email protected] • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 60 20, Fax DW -20, [email protected] • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten

8Tirol. Ein SommermärchenDer Sommertourismus liegt im Dornröschenschlaf – die Kampagne „Tiroler Bergsommer“ soll das ändern.

12Die Alpen als Mittelmeer?Klimawandel: Experten räumen dem Sommertourismus in Tirol durchaus Wachstumschancen ein.

14Medizin tri� t TourismusDas Angebot im medizinischen Ge-sundheitstourismus in Tirol ist vielfältig, das Potenzial noch nicht erschöpft.

18Sehnsuchtsort AlmVom ursprünglichen Almerlebnis könn-te der Tourismus stärker profi tieren.

22„Das Besondere ist die Vielfalt“Alfons Parth, Wirt und Initiator des ku-linarischen Jakobswegs, im Interview

26Modernen Eskapismus nutzen Sportliche Gäste bringen gutes Geld und sind wetterfest. Aber nur, wenn auch das Angebot stimmt.

30„Das Kind steht im Mittelpunkt“Ernst Mayer, Chef des Hotel Alpenrose in Lermoos, über die Spezialisierung auf Familien

32ErfolgskonzepteWo außerhalb Tirols bemerkenswerte Sommerangebote Gäste locken

MAGAZIN

38Auf Reisen mit GottFür gläubige Menschen spielt Gott auch im Urlaub eine Rolle.

40Design statt Alpenkitsch Immer mehr Hoteliers trauen sich weg von Alpenkitsch und Lederhosen-architektur – und haben damit Erfolg.

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44Freiräume scha� enKurt Höretzeder, Gründer von „wei sraum – Forum für visuelle Gestaltung“ im Interview

46Der Tod im GebirgeLina Hofstädter, Bernhard Aichner und Lena Avanzini sind mit regional-spezifi scher Krimiliteratur erfolgreich.

49 Kommentare

50 Nachgefragt

„DAS BESONDERE IST DIE VIELFALT“ 40

DESIGN STATT ALPENKITSCH

„DAS KIND STEHT IM MITTELPUNKT“

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DER TOD IM GEBIRGEDER TOD IM GEBIRGE

MODERNEN ESKAPISMUS NUTZEN 18SEHNSUCHTSORT ALM

THEMA: DER TIROLER BERGSOMMER

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8 SAISON

BERGSOMMER

Tirol. Ein Sommermärchen Der Sommertourismus liegt im Dornröschenschlaf – die Auslastung der Hotels beträgt nur 27 Prozent. Die integrierte Kampagne „Bergsommer Tirol“ der Tirol Werbung soll das ändern.

VON S YLVIA A INE T TER

V erschneite Hänge, gut prä-

parierte Pisten, unzählige

Loipen und Rodelbahnen

– die Assoziationen zu

Tirol sind meist winterlicher Natur. Das

war aber nicht immer so: Erst seit Anfang

der 1990er-Jahre ist die Sommersaison

schwächer als die Wintersaison. Die bes-

ten Ergebnisse wurden nach dem Mauer-

fall und der Ostö� nung in den Jahren 1991

und 1992 erzielt – die Höchstmarke lag

bei mehr als 23 Millionen Nächtigungen.

Zum Vergleich: Die Sommersaison 2010

verzeichnete nur knapp 18 Millionen – und

liegt damit deutlich darunter.

Die Diskrepanz zwischen Sommer

und Winter macht den Touristikern schon

länger zu scha� en, denn im Sommer

reisen nicht nur weniger Gäste an, die

kürzer bleiben (Winter: 5,0 Tage, Sommer

4,1 Tage). Dazu kommt, dass die Tages-

ausgaben der Gäste im Sommer deutlich

niedriger sind (104 vs. 137 Euro).

Das soll sich nun wieder ändern

– mithilfe einer groß angelegten Kam-

pagne, dem „Bergsommer Tirol“. Josef

Margreiter, Direktor der Tirol Werbung,

sieht Potenzial in der Sommersaison, fügt

aber hinzu: „Erfolgsentscheidend bleiben

das unternehmerische Engagement und

die innovative Bereitschaft, in wertvolle

Sommerangebote und Vermarktung zu

investieren.“

Natur als Kapital. Sport & Aktiv („Er-

obern“), Natur & Gesundheit („Fühlen“),

Familienerlebnis („Entdecken“) und Kultur

& Kulinarik („Genießen“) – das sind die vier

Themenbereiche, die verstärkt vermarktet

werden – und gleichzeitig die Vielfältigkeit

Tirols vermitteln sollen. Der Bergsommer-

Kampagne ging unter anderem eine Analyse

der Herkunftsmärkte sowie der Gästestruk-

tur voraus. „45 Prozent unserer Gäste im

Sommer sind Paare, 22 Prozent sind Famili-

en, der Altersschnitt unserer Gesellschaft ist

weiter steigend und dennoch muss Tirol mit

Angeboten für die heutige Jugend im Som-

mer noch ,cooler’ sein“, erklärt Margreiter

die Schwierigkeiten bei der Eingrenzung der

Zielgruppe. Mit den vier Themenbereichen

sollen alle Altersschichten und Interessen-

gruppen angesprochen werden.

„Laut der letzten Gästebefragung

sind es unverändert vor allem Land-

schafts- beziehungsweise Naturerlebnis

und die Berge, die Urlauber in Tirol nebst

spürbarer Gastfreundschaft am meisten

schätzen. Als Argumente für einen Tirol-

Urlaub werden zudem die gute Luft und

das gesunde Klima, die Wander-Infrastruk-

tur und die Ruhe, das vielfältige Erlebnis-

Angebot und die Erholungsmöglichkeiten

angeführt“, erklärt Margreiter. „Der Tiroler

Gast ist ein aktiver Naturliebhaber, der in

den Bergen die Erholung beziehungsweise

sportliche Freude sucht und dabei auch

dem kulinarischen und vermehrt auch

dem lebenskulturellen Genuss frönen will.“

„Regrounding“. Damit liegen die

Tirol-Urlauber im allgemeinen Trend:

Zukunfts- und Trendforscher beobachten

einen Wertewandel – materieller Wohl-

stand bleibe zwar wichtig, wesentlich sei

jedoch die sogenannte Solidität (Zuver-

lässigkeit) der konsumierten Produkte.

„Regrounding“ nennen Soziologen das

Phänomen, dass Familie, Natur und Zeit

für sich selbst wieder in den Vordergrund

rücken. „Der moderne Reisende hat bald

genug Länder erobert und will vermehrt

aus seinem gewohnten, zunehmend ur-

banen Alltag ausbrechen, um dabei etwas

für seine persönliche Balance und Bezie-

hung, seine Fitness oder etwas für den

eigenen Energiehaushalt zu tun“, analy-

siert Margreiter. Urlaub in den Bergen ist

unter diesen Gesichtspunkten wesentlich

attraktiver als ein Shopping-Bade-Aufent-

halt in der Türkei.

Dass sich dieser Trend noch nicht

in den Sommernächtigungszahlen wider-

spiegelt, liegt laut Margreiter nicht an feh-

lendem Engagement der Tourismusbetrie-

be. Tirols Touristiker hätten in den letzten

Jahren bereits zahlreiche neue Angebote

gescha� en, die sich gut vermarkten lie-

ßen. „Die Sommerbahnen beispielsweise

bieten abseits vom ,nur’ Wandern richtige

Spielberge und Familienprogramme, die

„Die Vision ist, dass jeder mit sei-nem Beitrag selbst Teil des Tiroler Bergsommers und zum individuel-len ,Geschichtenerzähler’ aus un-serem legendären Land im Gebirg’ wird.“JOSEF MARGREITER, DIREKTOR TIROL WERBUNG

Page 9: Saison 04/2011

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DIE VIER GESICHTER DES BERGSOMMERS

Die integrierte Kampagne „Berg sommer Tirol“ konzentriert sich im Wesentlichen auf vier Themenbereiche.

„EROBERN“:SPORT & AKTIVDie Zielgruppe des Themenbereichs „Erobern“ ist eine erfolgsorientierte Elite. Sie gestaltet ihren Urlaub aktiv, will die Berge intensiv erleben. Selbst-bewusste, sportbegeisterte Menschen, die vornehmlich Bergsteigen, Klettern und Mountainbiken. „Top-Events wie der Giro d’Italia, Triathlon-, Lauf- oder Mountainbike-Rennen und Angebote wie Outdoor-Camps und Klettersteige, der Bike Trail Tirol, Wassersportmöglichkeiten und vieles mehr sind hier perfekt eingebet-tet“, fügt Margreiter hinzu.

„FÜHLEN“:NATUR & GESUNDHEITNatur und Gesundheit –„Reground-ing“ und Selfness liegen im Trend. Viele Menschen sehnen sich nach Stille, um daraus neue Kraft zu tanken, manche streben nach Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung. „Für mentale Erholung sind gute Gastfreundschaft und echte Kraftplätze zum Auftanken, für die körperliche Entspannung sind hochwertige Wellnessprogramme mit gesunder Ernährung und Bewegung gefragt“, erklärt Margreiter. Gesund-heitsbewusste Genießer, die in ruhiger Umgebung entspannen wollen oder sich für die abwechslungsreiche Viel-falt in einem Naturpark begeistern, sind die Zielgruppe dieses Themenbereichs.

„ENTDECKEN“:FAMILIENERLEBNISFamilienurlaub mit allen Sinnen: Aus-testen, forschen, verstehen – dieses Angebotssegment erfüllt Entdecker-trieb von Kindern und Familien. Ge-meinschaftserlebnisse stehen dabei im Mittelpunkt. Zum Beispiel die An-gebote im Rahmen des „Family Tirol“-Programms, das Hexenwasser oder der Murmlitrail. „Das dritte Motto richtet sich ganz klar an Kinder und Familien – übrigens aktuell 22 Prozent unserer Sommergäste“, so Margreiter.

„GENIESSEN“:KULTUR & KULINARIKKultur und Kulinarik: „Beide Ange-botssegmente sind zwar bisher noch vergleichsweise selten buchungsent-scheidend, aber dennoch von nicht zu unterschätzender Bedeutung – vor allem für das Image“, fügt Margreiter an. Zielgruppe sind Interessierte und Bildungshungrige, Kultur.Tirol-Veran-staltungen und Genussrouten kommen ihren Bedürfnissen entgegen.

So nah, so fern: Die Sujets der neuen Tirol-Werbungs-Kampagne zeigen unretuschierte Tirol-Bilder. Sie dienen vor allem auch der Vermarktung des Tiroler Bergsommers.

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Winter Sommer Gesamt

TOURISMUS IN TIROL 1985–2010:Ankünfte und Nächtigungen seit 1985QUELLE: L ANDESS TATIS TIK T IROL

von der Sommerrodelbahn über kulina-

rische Höchstgenüsse bis hin zu echten

Erlebniswelten für Kinder reichen. Das hat

im gesamten Alpentourismus viel bewirkt

und Nachahmer motiviert.“ Das Potenzial

anderer Angebote sei jedoch bei Weitem

noch nicht voll ausgeschöpft, ortet Mar-

greiter Verbesserungsbedarf – und will mit

der Kampagne Hilfestellung leisten.

Authentische Geschichten. Diese

startet im Jahr 2012 – unter Mithilfe der

Tourismusbetriebe. Das Konzept basiert

zu einem großen Teil auf der Idee des

Storytellings: Zeitgemäße Botschaften,

authentische Bilder und echte Geschich-

ten sollen positive Aufmerksamkeit erre-

gen, die Marke stärken und Tirol als Ganz-

jahresdestination positionieren. „Um den

Bergsommer Tirol 2012 auf breiter Ebene

bekannt zu machen, sind ,Opening-

Events’ geplant“, sagt Margreiter.

Weitere Maßnahmen seien Radio-

und Fernsehspots, aber natürlich auch

Online-Werbung. Geplant ist außerdem

ein „Tirol-Tagebuch“: Als zentrales Print-

medium soll es Tirols Gäste in Form eines

„Erfolgsentschei-dend bleiben das unternehmeri-sche Engagement und die innova-tive Bereitschaft, in wertvolle Som-merangebote und Vermarktung zu investieren!“JOSEF MARGREITER, DIREKTOR TIROL WERBUNG

Führers über alle Facetten des Bergsom-

mers informieren.

Die Kampagne „Bergsommer Ti-

rol“ solle vor allem als „Vorstieg“ für die

Vertriebskampagne und zahllosen Maß-

nahmen der Betriebe fungieren. 2012

seien alle gefordert, den Bergsommer

bemerkbar zu machen – Tourismusver-

bände, Leistungsträger, Standortpartner

und Multiplikatoren, so Margreiter. Mit der

Resonanz zeigt sich die Tirol Werbung zu-

frieden, ein Drittel der Tourismusverbände

habe sich bereits auf einer eigenen Inter-

netplattform zum Bergsommer angemel-

det, um sich zu informieren oder eigene

Schritte zu setzen.

Der „Bergsommer Tirol“ genießt

hohe Priorität: Die Tirol Werbung investiert

substanzielle Mittel in die Kampagne, kon-

zipiert ist sie bereits für die nächsten drei

Jahre. „Die Vision ist, dass jeder mit seinem

Beitrag selbst Teil des Tiroler Bergsom-

mers und zum individuellen ,Geschichten-

erzähler’ aus unserem legendären Land im

Gebirg’ wird“, sagt Margreiter.

Damit den Gästen bei Tirol mehr als

nur „Schnee“ einfällt. ×

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• Stärkung der Marke Tirol und Steigerung der Markenbekanntheit• Steigerung von Image und Bekanntheit von Tirol als attraktive

Sommerdestination• Positionierung von Tirol als Ganzjahresdestination• Etablierung des Bergsommers als übergreifende Klammer für alle

Tiroler Sommerangebote• Nutzung von Synergien durch die aktive Beteiligung vieler

touristischer Akteure und Betriebe in Tirol• Scha� ung eines Aufhängers für die gesamte Kommunikation

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Action und Erholung: Dass Tirol beides kann, steht im Vor-dergrund der Marketingkampa-gne „Tiroler Bergsommer“.

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12 SAISON

BERGSOMMER

Die Alpen als Mittelmeer? Klein, kühl, sicher, reich. Mit diesen Attributen wird laut dem Schweizer Trendforscher David Bosshart der Alpentourismus im globalen Wettbewerb punkten können. Wird sich der klassische Mittelmeertou-rist tatsächlich in einen Fan der Alpen verwandeln lassen? Experten räumen dem Tiroler Bergsommer durch die steigenden Temperaturen durchaus Wachstumschancen ein.

VON SONJA K AINZ

D er Klimawandel wird

kommen und ist zum Teil

bereits spürbar, so weit

sind sich die meisten For-

scher einig. Wie er sich tatsächlich auf

die Umwelt, speziell im klimatisch be-

sonders sensiblen Alpenraum auswirken

wird, ist derzeit allerdings großteils noch

Gegenstand von Spekulationen. Wissen-

schafter behelfen sich deshalb gerne mit

Wahrscheinlichkeiten. So gilt es als relativ

gesichert, dass in den kommenden Jahr-

zehnten die mittlere Jahrestemperatur

um zwei Grad ansteigen wird, erklärt Eric

Veulliet, Leiter des Zentrums für Natur-

gefahren und Risikomanagement (AlpS)

in Innsbruck.

Für die Region rund um Venedig

würde ein Anstieg dieser Größenord-

nung beispielsweise bedeuten, dass es

dort so heiß werden würde wie heute in

der Türkei. In den Alpenregionen werden

die Sonnentage vermutlich zunehmen, es

wird trockener und auch wärmer werden.

Im Mittelmeerraum könnte das wärmere

Klima länger anhaltende und häufi gere

Hitzewellen bewirken. Die damit einher-

gehende Trockenheit dürfte für erhöhte

Waldbrandgefahr sorgen, führt Veulliet

aus. Auch Engpässe bei der Wasserver-

sorgung seien denkbar.

„Klein, sicher, kühl und reich“ sind

laut dem Schweizer Trendforscher David

Bosshart die Trümpfe, die europäische

Alpenländer wie Österreich in Zukunft in

Händen halten werden. Wird der klassi-

sche Mittelmeertourist angesichts glü-

hender Hitze und der Aussicht, aufgrund

der Wasserknappheit nur mehr einmal

am Tag duschen zu können, den „Teuto-

nengrill“ verlassen und ins nach wie vor

gemäßigte Klima der Alpen fl üchten?

Sonne, Strand, Meer. Der Klima-

wandel kann durchaus positive Elemen-

te für den Sommertourismus in Tirol

beinhalten, meint dazu Professor Hubert

Siller, Leiter des Studiengangs Tourismus

und Freizeitwirtschaft des Management

Centers Innsbruck (MCI). Siller warnt al-

lerdings vor zu viel Euphorie: „Wir stehen

im Sommer in einer viel intensiveren Kon-

kurrenzsituation als im Winter.“

Die Tatsache, dass die Menschen

im Sommer vor allem Sonne, Strand und

Meer suchen, sei ein Massenphänomen.

Für rund 40 Prozent der Sommertouristen

sei dies derzeit das zentrale Motiv, um zu

verreisen. „Da sehe ich keine Substitu-

tion.“ Das Naturerlebnis in den Alpen

suchen momentan laut Siller etwa elf bis

zwölf Prozent.

Wissenschaftliche Untersuchun-

gen, wie sich klimatische Veränderun-

Blindtext: Blindtext

Brandberg im ZillertalRhodos

Page 13: Saison 04/2011

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Bosshart in einer Mischung aus Sicherheit

und Flexibilität, wie in maßgeschneider-

ten Abenteuerangeboten.

Siller sieht das ähnlich: „Die Berge

müssen für die Gäste bequem erlebbar

sein.“ Die große Masse werde nicht zum

Bergsteigen nach Tirol kommen. Vor al-

lem ältere Menschen und Familien suchen

das Naturerlebnis, auch für sie sollte der

Zugang zur Bergwelt möglichst einfach

möglich sein, meint Siller. Einen Konfl ikt

mit jenen Gästen, die die möglichst ur-

sprüngliche Landschaft suchen, sieht er

deshalb nicht heraufziehen. „Beides muss

möglich sein.“

„Schlüssel zum Erfolg“. Tatsache

ist, dass Tirols Sommertourismus im

Österreich-Vergleich bereits jetzt sehr

gut da steht: Tirol erzielte beispielsweise

im Sommer 2010 knapp 17,8 Millionen

Nächtigungen, fast doppelt so viel wie

Kärnten mit 8,7 Millionen. „Wir haben

einen quantitativ durchaus ausgeprägten

Sommertourismus“, sagt Siller. Es sei eben

nur schon einmal besser gewesen und

zwar in den 80er-Jahren. Seit etwa 20

Jahren stagnieren die Zahlen auf hohem

Niveau, erklärt der MCI-Professor.

Auch wenn Siller dem Klimawan-

del durchaus Chancen einräumt, dem

Sommertourismus in Tirol in die Hände

zu spielen, hält er einen anderen Faktor

für wichtiger. „Der Schlüssel zum Erfolg

wird immer das Produkt sein.“ Ihm fehle

in Tirol beispielsweise schon lange die

absolut spezialisierte Wanderregion. Das

Bergsommerprodukt gehöre intensiviert,

außerdem sollte verstärkt auf die Ziel-

gruppe Familien eingegangen werden.

„Kleinheit“ sei ein weiteres Attribut, mit

dem man in Tirol werde punkten kön-

nen. „Das Überschaubare, Persönliche,

Maßvolle, die emotionale Beziehung

zum Gast, Wahrhaftigkeit – auch das

ist ein Riesentrend. Da stechen wir den

gesamten mediterranen Raum ganz klar

aus“, meint Hubert Siller. ×

gen auf das Reiseverhalten der Zukunft

auswirken werden, sind momentan noch

rar, so Robert Steiger, Studienleiter von

„KlimTour“. Die von AlpS in Zusammen-

arbeit mit der Universität Innsbruck und

der Tirol Werbung durchgeführte Studie

setzt sich damit auseinander, wie sich ver-

änderte klimatische Verhältnisse auf die

Rahmenbedingungen für den Tourismus

auswirken. Tendenziell werden die E© ekte

auf den Sommertourismus, im Gegensatz

zum Winter, eher positiv eingeschätzt.

In einer ersten Phase wurden

vorhandene Studien gesammelt und

hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen

Qualität, Aktualität und Übertragbarkeit

auf Tirol bewertet. Vor allem was die

Auswirkungen auf den Sommer angehe,

gebe es derzeit kaum wissenschaftliche

Untersuchungen, erklärt Steiger. Eine

zentrale Frage sei, ob der klassische Mit-

telmeertourist, dem es im Süden zu heiß

werde, tatsächlich stattdessen in die Ber-

ge fährt und wann genau es ihm wirklich

zu heiß wird. Eine kleinere Untersuchung

an Studenten habe gezeigt, dass das Tem-

peraturempfi nden sehr unterschiedlich

sei und von den verschiedensten Fakto-

ren abhänge, wie beispielsweise, welche

Aktivitäten jemand im Urlaub plane oder

auch aus welchem Land jemand kommt.

Wachstumspotenzial. Siller glaubt

zwar nicht daran, dass der Klimawandel

eine große Trendwende bewirken wird,

aber ein „gemäßigtes“ Wachstumspo-

tenzial für den heimischen Sommer-

tourismus sieht er durchaus. Bis zu zehn

Prozent hält er für möglich. Die Menschen

suchen wieder verstärkt das Naturerleb-

nis. Bewegung in der Natur, Gesundheit,

aktivere Urlaubsgestaltung und alles, was

sich unter „Outdoor“ zusammenfassen

lässt, wird in Zukunft „ein großes Thema“,

meint der Tourismus-Experte.

Je mehr Menschen in den Städten

leben, desto mehr sehnen sie sich nach

Ursprünglichkeit und Wildnis, glaubt auch

Bosshart. Die Rückkehr zur Agrikultur sei

mehr als nur temporäre Romantik. „Land-

wirtschaft hat einen stark sozialen Aspekt,

da geht es um Landschaftspfl ege und

Landschaftserhaltung. Meiner Meinung

nach haben rurale und alpine Lebenssti-

le die Chance auf Neuinterpretation.“ Die

Renaissance der Tracht in der Mode oder

der anhaltende Erfolg der Volksmusik sei-

en Beispiele dafür.

Für eine Revitalisierung des alpinen

Lebensstils brauche es Mythen und tief

verwurzelte Vorstellungen, neue Symbo-

lik und Rituale, die die Sehnsuchtsfelder

der Menschen befüllen, und die bewusste

Kapitalisierung von Gegentrends. in einer

globalisierten, ärmeren, unsicheren und

wärmeren Welt zählt das Kleine, Reiche,

Sichere und Kühle. Einen weiteren Me-

gatrend für den Alpentourismus ortet

„Landwirtschaft hat einen stark sozialen Aspekt, da geht es um Landschaftspfl ege und Landschaftserhaltung. Meiner Meinung nach haben rurale und alpine Lebensstile die Chance auf Neuinterpretation.“DAVID BOSSHART, TRENDFORSCHER

„Wir stehen im Sommer in einer viel intensiveren Konkurrenzsituation als im Winter.“HUBERT SILLER, LEITER DES MCI-STUDIENGANGS TOURISMUS UND FREIZEITWIRTSCHAFT

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Page 14: Saison 04/2011

14 SAISON

BERGSOMMER

Medizin tri� t Tourismus Gesundheitsurlaub im Luxushotel, Rehabilitation in der Kuranstalt, Behandlung in der privaten Tages-klinik – die Angebotspalette im medizinischen Gesundheitstourismus in Tirol ist vielfältig, das Poten-zial noch nicht erschöpft. Experten wünschen sich Professionalisierung und wissenschaftliche Beglei-tung statt Wildwuchs. Ein Streifzug durch das Land.

VON JANE K ATHREIN

M anchmal sind es kleine

Ideen, die die größten

Kreise ziehen. Andreas

Wieser übernahm vor

26 Jahren in Lans ein bestehendes Hotel,

baute es um und entwickelte mit dem Lans

Med Concept eine starke Marke – lange

bevor der Begri� Gesundheitstourismus

hierzulande modern wurde. Inzwischen ist

das Gesundheitszentrum Lanserhof euro-

paweit führend in der Regenerations- und

Präventionsmedizin und wurde mit dem

„European’s Best Medical Resort Award

2010“ ausgezeichnet. Das Lans Med Con-

cept ist eine Symbiose aus Spitzenmedizin,

Naturheilkunde, anerkannten Therapie-

verfahren, neuesten wissenschaftlichen

Erkenntnissen und der Urlaubsatmosphäre

eines Luxus-Hotels. Es beruht im Kern auf

den Erkenntnissen des österreichischen

Arztes und Pioniers F. X. Mayr, der in der Ent-

giftung, Entschlackung und Endsäuerung

des Körpers die Chance zu seiner Heilung

sah. Die Ärzte und Therapeuten sind mit

Kompetenzen des Lifecoaching ausgestat-

tet und so besteht im Urlaub die Chance,

den Lebensstil nachhaltig zu ändern.

Weltweites Netzwerk. Dass in die-

sem Heilungsprozess die Natur und der

Kraftort Lans eine zentrale Rolle spielen,

davon ist Wieser überzeugt. Und weil er an

die Wirkung von Kraftorten glaubt, will er

seine Ideen von Regeneration, moderner

Prävention und Heilung auch an andere

Orte tragen. Ein weltweites Netzwerk von

individuellen Gesundheitszentren soll

entstehen, geht es nach dem Wunsch der

Investorgruppe Harisch, Pletzer, Rutter,

Hager. Der erste Schritt ist gesetzt. Der

nächste Lanserhof könnte schon bald

in Marienstein am Tegernsee wachsen.

Das dafür geeignete Grundstück, einen

früheren Golfplatz, hat Investor Christian

Harisch bereits gefunden.

Inzwischen richten sich alle Augen

nach Hamburg, wo in den kommenden

Monaten ein Citypoint erö� net. Ein am-

Urlaub als Chance zur LebensstiländerungDer Visionär Andreas Wieser setzte vor 26 Jahren auf eine Nische. Inzwischen ist das Gesundheitszent-rum Lanserhof europaweit führend in der Regene-rations- und Präventionsmedizin. Im kommenden Jahr wird in Hamburg ein Citypoint erö� net, ein zweiter Lanserhof soll am Tegernsee entstehen.

Kraftort Lans. In einer reizüberfl uteten Welt soll die Umgebung dem Menschen wieder

die Möglichkeit geben, er selbst zu sein. Das Gesundheitszentrum Lanserhof ist einge-bettet in eine einzigartige Naturlandschaft.

„Gesundheitsvorsorge und Rege-neration sind heute so wichtig wie noch nie. Und wer nachhaltig ge-sund ist, fühlt sich auch geistig fi t.“ ANDREAS WIESER, GESCHÄFTSFÜHRER GESUNDHEITSZENTRUM LANSERHOF

bulantes Therapiezentrum in der Stadt,

ohne Betten. Die Nachbetreuung, die

bisher vielfach über Telefoncoaching lief,

wird nun persönlicher. Der Mensch wird

weiterhin im Mittelpunkt stehen, versichert

Wieser. Den Gesundheitsurlaub in Lans

kann der Citypoint im neu renovierten

Gebäude der alten Postdirektion natürlich

nicht ersetzen, dafür muss der Gast die

etwas längere Anreise dann doch auf sich

nehmen. In Hamburg dreht sich alles um

die Gesundheit – Dermatologikum, Apo-

theke, gesunder Lebensmittelhandel und

Restaurant. Im Hinblick auf die Gästestruk-

tur des Lanserhofes ist die Hansestadt eine

gute Wahl. Immerhin 80 Prozent der Gäste

kommen aus Deutschland. ×

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Page 15: Saison 04/2011

15

A lois Schranz kann endlich

durchatmen. Der Auszug

aus der Stadt Imst ist ab-

geschlossen. Anfang Sep-

tember hat der neue Standort der medalp

im Gewerbegebiet Imst, direkt neben der

Autobahnraststätte erö� net – die erste

Tagesklinik mit Autobahnanbindung. Der

Zwölf-Millionen-Euro-Neubau umfasst

zwei Operationssäle, an die eine 24

Stunden überwachte Aufwachstation mit

25 Betten anschließt. Hier können alle

Verfahren der minimalinvasiven Chirurgie,

Band- und Knorpeloperationen sowie

Frakturbehandlungen durchgeführt wer-

den. Aber auch eine ambulante Rehabili-

tation bietet die neue medalp: darunter ein

Schwimmbad zur Unterwassertherapie.

Die neue medalp Imst wird weiterhin

als Tagesklinik geführt, eine Genehmigung

für den stationären Betrieb gibt es nicht.

Damit ist die maximale Aufenthaltsdauer

auf 24 Stunden beschränkt. Obwohl der

Wunsch nach einem stationären Betrieb

nach wie vor da ist. Durch Verträge mit

einigen „medical hotels“ in der Umgebung

der Tagesklinik ist jedoch gesichert, dass

sich Patienten dort zwei bis drei Tage nach

einer Operation erholen können. Auch die

Vorreiter im tagesklinischen Bereich

Zwei Freunde gründen vor zehn Jahren aus einer Laune heraus medalp. Inzwischen decken die privaten Tageskliniken an drei Standorten in Tirol den Großteil der Unfallchirurgie im tagesklinischen Bereich innerhalb Österreichs ab.

mittelfristige Versorgung der Patienten ist

garantiert, vor fünf Jahren wurde das Pa-

tientenportal my.medalp.com eingeführt.

OP-Bilder, Therapiemaßnahmen und Me-

dikationen können an jedem Ort der Welt

abgerufen werden. Das Echo im Ausland

ist groß. In Österreich hingegen noch eher

verhalten.

Hohe Eintrittshürden. Die Tages-

chirurgie sei in Österreich praktisch gar

nicht vorhanden, stellt Schranz klar. Das

hänge auch mit den Verrechnungsmoda-

litäten zusammen und mit den Bedarfs-

prüfungen – Eintrittshürden, die er in Tirol

als sehr hoch wahrnimmt. Neue Projekte

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Das Zentrum für ambulante Chirurgie und die Ordinationen der medalp Imst wur-den vor zehn Jahren erö� net. Zwei weitere medalp-Kliniken liegen im Ötztal und im Zillertal.

seien schwer durchzubringen und des-

halb liebäugeln die innovativen Köpfe der

medalp mit Standorten im Ausland und

den dort lockereren rechtlichen Rahmen-

bedingungen.

40 Prozent der Patienten, die an den

drei medalp-Standorten Imst, Sölden und

Mayrhofen behandelt werden, sind Tiroler.

50 Prozent kommen aus Deutschland, die

restlichen zehn Prozent verteilen sich auf

40 Nationen, darunter Ukraine, Rumänien

und Aserbaidschan. „Wir sind keine Ro-

sinenpicker, auch wenn uns das immer

vorgeworfen wird“, sagt Schranz. „In

der Ambulanz der medalp werden auch

Kassen-Patienten behandelt.“ ×

„Österreich ist im medizinischen Gesundheitstourismus nicht der Nabel der Welt, als den wir uns gerne sehen möchten. Im süddeut-schen Raum und in Bayern ist die Konkurrenz sehr stark.“ ALOIS SCHRANZ, GESCHÄFTSFÜHRER MEDALP

Page 16: Saison 04/2011

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An der Quelle

Aus der Not eine Tugend machen – die Kufsteiner Investoren-gruppe Künig entdeckt das früher als krebserregend geltende Edelgas Radon als Quelle für die Therapie von Rheumapatienten. Und erö� net in Umhausen nach Bad Häring das zweite Kurzentrum der Gruppe in Tirol.

Reha dahoam

In Münster gibt es seit diesem Sommer ein Reha Zentrum für Patienten mit neurologischen, Herz-Kreislauf- und Atemwegs-Erkrankungen. Rehabilitation wird hier nicht neu erfunden, Altbewährtes sehr wohl neu verpackt und kombiniert.

E inen idyllischeren Platz kann

man sich schwer vorstellen.

Am Waldrand im Nordosten

von Umhausen auf 1.031

Metern Seehöhe erö� net am 18. Sep-

tember die neue Anlage der Kufsteiner

Investorengruppe rund um Engelbert

Künig. Das radonhältige Wasser sprudelt

K linikum für Rehabilitation in

Tirol nennt sich das Reha

Zentrum in Münster, das

binnen eineinhalb Jahren

auf der grünen Wiese gebaut und vor zwei

Monaten erö� net wurde. Kostenfaktor:

36 Millionen Euro. Im Juli lief der Betrieb

mit 150 Patienten an. In den kommenden

Monaten wird die Auslastung auf 250 Pa-

tienten erweitert.

Rund 220 Mitarbeiter, darunter

56 Physiotherapeuten, werden sich um

die 120 Patienten der neurologischen

Rehabilita tion, 75 Herz-Kreislauf-Patienten

und 55 Patienten mit Lungenbeschwerden

bemühen. „Bislang nahmen die Tiroler um

Naturfango, Heilmassage, Radonwannenbad, GammaSwing (im Bild) – das Therapieangebot im Kurzentrum Umhausen ist ganzheitlich ausgerichtet.

in Umhausen aus zwei Tiefenbrunnen,

ein Teil davon wird dem Kurbetrieb zur

Verfügung stehen. Das für 20 Millionen

Euro errichtete Vier-Sterne-Kurzentrum

gilt nach dem Stuiben-Wasserfall und

dem Ötzidorf als der Pull-Faktor für die

Gemeinde Umhausen. Neben den 27

Therapeutenstellen im Ganzjahresbetrieb

wurden 75 neue Arbeitsplätze geschaf-

fen. Im Sog des Kurzentrums sollen auch

Nahversorger, Ka� eehäuser und Hotels

aufblühen, denn um eine Kur zu machen,

muss man nicht unbedingt im Kurzent-

rum wohnen.

Heilkraft bei Rheuma. Sorgte das

Edelgas Radon noch in den 1990er-Jahren

wegen seiner angeblich krebserregenden

Wirkung national und international für

negative Schlagzeilen, ist seine Heilkraft

seit 2004 wissenschaftlich anerkannt. Bei

punktueller medizinischer Anwendung

zwei Drittel weniger stationäre Rehabili-

tation in Anspruch als der österreichische

Durchschnitt. Das wird sich mit der wohn-

ortnahen Reha-Versorgung ändern“, ho� t

Landesrat Bernhard Tilg. „Reha dahoam“

ist damit nicht mehr länger nur ein Schlag-

wort in Tirol. Laut einer Erhebung würden

80 Prozent der Patienten auf eine Reha-

Phase im eigenen Bundesland besonderen

Wert legen. Diesen Wunsch können sie

sich jetzt erfüllen.

„Einzigartig und erstmalig“. Um

die optimale Versorgungskette für die Pa-

tienten zu sichern, wird es eine enge Zu-

sammenarbeit mit den niedergelassenen

Ärzten und den Akut-Krankenhäusern ge-

ben. Das heißt, Ärzte der Klinik Innsbruck

werden auch im Reha Zentrum Münster

tätig sein. Laut Univ.-Prof. Dr. Otmar

Pachinger, geschäftsführender Direktor

des Departments für Innere Medizin der

Uniklinik Innsbruck, „ist diese Form der Ko-

operation eines kardiologischen Zentrums

mit einem Reha Zentrum einzigartig und

erstmalig in Österreich“.

„Wir sehen uns als Hilfesteller im

Genesungsprozess. Das beinhaltet nicht

nur die Behandlung körperlicher Sym-

„Im Unterschied zur Therme in Längenfeld ist das Umhausener Kurzentrum ein Kurbetrieb mit Kurmedizinern und keine Wellnessanlage.“ ENGELBERT KÜNIG, GESCHÄFTSFÜHRER DER KURZENTREN

Page 17: Saison 04/2011

entfaltet Radon vor allem bei Rheuma

eine heilsame Wirkung, wird aber auch

bei der Behandlung von degenerativen

Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden

sowie Erkrankungen der Haut und Atem-

wege eingesetzt.

„Wir sind kein Wellnesstempel“,

stellt Eike Richter, Marketingleiter der

Kurzentren Umhausen und Bad Häring,

die sich mit sechs weiteren zur Gruppe

der Kurzentren zusammengeschlossen

haben, klar. Die medizinische Therapie

steht im Mittelpunkt. Neben Radonan-

wendungen wird ein breites Spektrum

an Therapien geboten: Elektrotherapie,

Massage, Bäder, CO2-Therapien sowie

Fango- und Mooranwendungen. Die 206

Betten sind bereits jetzt gut gebucht. Da-

her werden schon im ersten Jahr 60.000

Nächtigungen erwartet, das entspricht ei-

ner Auslastung von 90 Prozent. Einzugs-

gebiet der Gäste: Vorarlberg, Salzburg,

Südtirol, Bayern, Baden-Württemberg

und Tirol. „Der Trend geht eindeutig in

Richtung 10-Tages-Aufenthalt, der privat

fi nanziert wird“, berichtet Eike Richter.

Immer mehr Menschen gönnen sich eine

Gesundheitswoche, vor allem auch weil

Kuraufenthalte von den Krankenkassen

immer seltener genehmigt werden. ×

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„Eine Gratwanderung“

Die Chance für den Tiroler Tourismus liegt in der Profi lierung als Gesundheitstourismusanbieter. Regionsspezifi sch und segmentiert, nicht pauschal. Und vor allem wissenschaftlich fundiert. Ein Ge-spräch mit Dr. Wolfgang Schobersberger.

SAISON: Herr Dr. Schobersber-ger, ist der Kunde im Gesund-heitstourismus noch Urlauber oder schon Patient? WOLFGANG

SCHOBERSBERGER: Das ist eine be-

rechtigte Frage. Der Kunde als Urlauber

interessiert sich für den konventionellen

Gesundheitstourismus, während sich der

Patient einer strengen Therapie unterzieht,

einhergehend mit Verboten. Verbieten Sie

dem Urlauber etwas, wird er nicht wieder-

kommen, daher ist es eine Gratwanderung,

das Thema Krankheit in den Urlaub zu

holen. Die Chance für den Tiroler Touris-

mus liegt aufgrund der naturräumlichen

Gegebenheiten klar in der Profi lierung als

Gesundheitstourismusanbieter, allerdings

regionsspezifi sch und segmentiert, nicht

pauschal. In den Gesundheitszentren steht

die Medizin im Vordergrund, in den Hotels

die Gesundheit. Der Urlaub ist an beiden

Orten eine Chance zur Lifestyleänderung.

Operieren im Krankenhaus, schlafen im Hotel. Steht der „Medical Tourism“ vor ei-ner neuen Entwicklungsstufe? Das ist eine

Frage des Marketings und der Finanzierbar-

keit. Im Rahmen einer Tagung zum Thema

„Medical Tourism“ war ich in einem Privat-

spital in Puket in Thailand untergebracht,

das wie ein Hotel geführt wurde. Einige

private Kliniken in Tirol haben Verträge mit

Hotels abgeschlossen, die Rekonvaleszenz

geschieht dort.

Wo sehen Sie noch Potenzial für den Gesundheitstourismus in Tirol? Es macht

sicher keinen Sinn, wenn jetzt alle Hoteliers

auf dieses Segment aufspringen. Öster-

reich kann im Preis-Leistungs-Vergleich

nicht mit Ungarn oder Thailand, beides

Länder, in denen Medical Tourism stark

nachgefragt wird, mithalten. Als Betriebe

wie der Lanserhof auf den Markt kamen,

war der Gesundheitstourismus noch nicht

erfunden. Es wird zwar immer Prominente

geben, die sich einer Behandlung unterzie-

hen, das ist aber nicht die Masse. Qualität

und Positionierung müssen stimmen. Den

Gesundheitstourismus in Tirol sehe ich auf

einem hohen Niveau, nicht in extremen

Nischen. Interessant ist die immer jünger

werdende Zielgruppe: um die 30 Jahre alt

und von Burnout geplagt.

Ist Medical Wellness das neue Wellness? Wellness war ein schwammiger Begri� , Me-

dical Wellness ist schon leichter defi nierbar,

die Therapiemaßnahmen müssen medizi-

nisch begleitet und wissenschaftlich fundiert

sein. Dieser Kunde hat höhere Ansprüche. Es

reicht nicht, wenn der Gemeindearzt ein-

mal in der Woche für eine Sprechstunde im

Hotel vorbeischaut. Deshalb werden auch

nicht 500 Betriebe in Tirol medizinischen

Gesundheitstourismus nachhaltig anbieten

können. Das Angebot muss klar strukturiert

und authentisch sein.

Wie sieht es mit Qualitätsstandards im Gesundheitstourismus aus? Die meisten

Zertifi zierungen betre� en den technischen

und daher nachvollziehbaren Bereich: Be-

wertet werden die Qualität der Einrichtung,

der Zimmer, der Ernährung, … Die Qualität

des Personals einzuschätzen und die Nach-

haltigkeit der Behandlungen zu überprüfen,

ist schon schwerer. Dafür muss es eine enge

Zusammenarbeit zwischen Touristikern und

Wissenschaftlern geben und zwar nicht nur

in der Grundlagenforschung. Denn eines

dürfen wir nicht vergessen, der Gast, der

wegen einer medizinischen Behandlung

nach Tirol kommt, folgt der Mundpropagan-

da. Das klassische Wellness-Paket hingegen

wird vom Reiseveranstalter geschnürt.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Dr. Wolfgang Schobersberger ist Direktor des Institutes für Sport-, Alpinmedizin und

Gesundheitstourismus (isag).

17

ptome, sondern auch die Bewältigung

eines kritischen Lebensereignisses und

die Prävention von Folgeerkrankungen

durch Lebensstilmodifi kation“, ist Christian

Brenneis, Ärztlicher Direktor des Reha Zen-

trums überzeugt. Basis der Rehabilitation

ist eine hochwertige medizin-technische

Ausstattung. Neben der medizinischen

Trainingstherapie mit Kraft- und Ausdau-

ergeräten gibt es für die neurologischen

Patienten roboterunterstützte Therapie-

möglichkeiten. Die Medizintechnik allein

kostet 1,7 Millionen Euro. ×

Ein erfahrenes Team. Verwaltungsdirektor Christian Elzinger, Pfl egedirektorin Herlinde Hörmandinger und der ärztliche Direktor Dr. Christian Brenneis (von links)

Page 18: Saison 04/2011

18 saison

Bergsommer

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Sennerfamilie. Robin und Kristel Silberberger mit ihren beiden Kindern Elisa und Eva und Kuh Baronin vor dem Stall der Farnkaser Alm. „Die Kinder verstehen sich hier besser als zu Hause, weil sie mit weniger Spielzeug auskommen müssen.“

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Sehnsuchtsort Alm Die junge Familie Silberberger verzichtet auf der Farnkaser Alm in der Wildschönau auf Hütten-Gaudi und sonstiges Remmidemmi, stattdessen gibt’s hausgemachtes Brot und Marmelade zusammen mit Almkäse und Speck von glücklichen Tieren. Vom ursprünglichen Almerlebnis könnte der Tourismus stärker profitieren.

Von Sonja K ainz

S chöner werd‘ ich nicht”, sagt

hüttenwirt robin silberber-

ger, nachdem er sich für die

Fotosession auf der alm ein

frisches hemd angezogen hat. erst vor

ein paar Minuten ist er von einer stunden-

langen suche nach einer seiner Kühe auf

der hochalm zurückgekommen. darüber,

dass es anstrengend war, kann auch seine

ausgesprochen gute Laune nicht hinweg-

täuschen.

der Tiroler verbringt bereits seinen

13. sommer als senn auf der 1.500 Me-

ter hoch gelegenen Farnkaser alm in der

Wildschönau. seine Frau Kristel und seine

Töchter eva (5) und elisa (3) begleiten ihn.

obwohl der name anderes vermuten lässt,

ist Kristel keine Tirolerin, sondern nieder-

länderin. Vor acht Jahren ließ sie die Groß-

stadt amsterdam und ihren Marketingjob

bei einem Zeitschriftenverlag stehen und

liegen und zog zu robin auf die alm. „am

anfang hab ich mir gedacht, okay, ein Jahr

probier ich es“, erzählt sie, mittlerweile ist

es ihr achter sommer. Zuerst sei es schon

eine große Umstellung gewesen. nicht nur,

weil sie ihre Familie und ihre Freunde hinter

sich gelassen hat. das schwierigste war

die sprache, sagt Kristel, die zwar deutsch

sprechen konnte, „aber wenn am abend

die Bauern aus der Umgebung vorbeige-

kommen sind und über ihre Kühe geredet

haben, hab ich kein Wort verstanden“.

Beleibte Hasen. Mittlerweile spricht

Kristel fließend Unterländer dialekt mit

niederländischem einschlag, wenn sie

den Gästen ein traditionelles almfrühstück

bringt – mit selbst gemachtem Bauern-

brot, almbutter, almkäse, hausgemachter

Marmelade und speck. Für diejenigen, die

später kommen, gibt‘s eine Jause.

dass das, was bei den silberbergers

auf den Tisch kommt, von glücklichen

Tieren stammt, davon können sich die

Besucher gleich selbst überzeugen. Wenn

man nach dem etwa einstündigen aufstieg

von der schönangeralm aus bei der urigen

sennerhütte ankommt, laufen dort nicht

nur hühner, sondern auch schweine und

ein kleines rudel ziemlich beleibter hasen

umher.

Von Juni bis september lebt die jun-

ge Familie auf der alm. der Tag beginnt

früh. „Um sechs Uhr klingelt der Wecker,

dann geht robin die Kühe holen, die

verbringen die nacht im Freien“, erzählt

Kristel. danach wollen die 29 Milchkühe

gemolken werden, was gut eineinhalb

stunden dauert. ihr Mann sei eigentlich

den ganzen Tag unterwegs. das Gebiet,

in dem die Kühe weiden, ist riesig. Für die

etwa 70 Tiere auf der hochalm müssen

außerdem immer wieder Zäune ausge-

bessert werden. Zwei Mal in der Woche

liefert robin mit dem Traktor die Milch

zur nachbaralm, wo sie dann weiterver-

arbeitet wird. seine Frau kümmert sich

um die Kinder und die Gäste, die für ein

almfrühstück vorbeigekommen sind.

Einfaches Leben. elisa und eva sind

gern auf der Farnkaser alm. „die beiden

verstehen sich hier besser als zu hause,

weil sie mit weniger spielzeug auskommen

müssen. Wenn sie dann einmal bei der oma

sind, reden sie über nichts anderes als über

die hasen, hühner und Kühe am Berg. „au-

ßerdem sind die beiden nie krank“, berichtet

ihre Mutter.

nichtsdestotrotz ist das Leben sehr

einfach. „seit einem Jahr haben wir strom“,

so die 38-Jährige. in der Küche steht ein

kleiner herd, auf dem Kristel die rühreier

fürs Frühstück in einer gusseisernen Pfanne

zubereitet, in der kleinen stube steht neben

dem massiven holztisch auch ein kleiner

elektroradiator. es kann nämlich auch im

sommer ziemlich kalt werden. „Zweimal im

sommer liegt hier mindestens schnee.“ sie

müsse sich schon jedes Jahr immer wieder

ein bisschen überwinden, wenn’s auf die

alm geht. das Positive überwiege aber bei

weitem. Vor allem die Zeit, die sie hier oben

zu viert haben, schätzt Kristel sehr.

Ort der Sehnsucht. die alm erlebt ge-

rade als sehnsuchtsort des stressgeplagten,

modernen Menschen eine art renaissance.

in dieser uralten Kulturlandschaft scheint

die Welt noch in ordnung zu sein.

13 Prozent der Landesfläche Öster-

reichs bestehen aus almen, mit rund

40 Prozent liegt der Löwenanteil der

almflächen in Tirol. in den vergangenen

Jahrzehnten hat ihr landwirtschaftlicher

stellenwert allerdings stetig abgenommen

und viele Bauern kehrten den almen den

rücken. der Tourismus könnte hier in die

Bresche springen.

„der Tourismus ist für die Bewirt-

schaftung der almen ein immer wichtigerer

Faktor geworden“, erklärt auch Franz Leg-

ner, Universitätsdozent an der Universität

für Bodenkultur in Wien. das interesse

von erholungssuchenden, den alm- und

Bergraum zu erleben, mit den dort leben-

den Menschen in Kontakt zu treten und die

hervorragenden Produkte wie almkäse und

almmilch zu genießen, steige sehr stark,

sagt Legner. hier könne es für beide seiten

„sehr gute synergieeffekte“ geben.

Für die Älpler ergibt sich durch die

Touristen eine zusätzliche einnahmequelle.

„die arbeit als senner oder hirte ist sehr

arbeitsintensiv“, erklärt Legner. Besonders

aufwändig sei das halten von Milchkühen.

im schnitt müsse pro Kuh und sommer mit

60 stunden arbeitszeit gerechnet werden.

Besonders in den östlichen Bundesländern

verschwindet diese Form der Tierhaltung

immer mehr. „Für mich sind aber gerade

die Kuh- und sennalmen die attraktivsten

almen“, sagt Legner. Und genau dieses

schöne Landschaftsbild schätzen die

meisten Menschen, wenn sie in die Berge

gehen, meint der almwissenschafter. 90

Prozent suchen gar nicht den Gipfel, son-

Page 20: Saison 04/2011

20

dern möchten einfach das naturerlebnis der

almen genießen.

Natürliche Aromatherapie. die

almen, wie wir sie heute kennen, sind erst

durch die intensive Bewirtschaftung der

Bauern mit ihrem Weidevieh entstanden.

sie sind also weniger naturlandschaft als

Kulturlandschaft. Wenn sie nicht mehr

gepfl egt und nicht mehr genützt werden,

wird sich die natur die ihr in Jahrhunderte

langer, mühevoller Knochenarbeit abge-

rungenen Flächen auch wieder zurück-

holen. „der Wald frisst das Gras“, meint

Legner. die Tendenz, dass immer mehr

almfl ächen zuwachsen, lasse sich ganz

klar erkennen. diese Flächen „verbuschen“

und „verwalden“.

dabei sind die positiven auswirkun-

gen der almen nicht zuletzt auf die Ge-

sundheit von Menschen und Tieren nicht

hoch genug einzuschätzen, meint Legner.

Wissenschaftliche Untersuchungen hätten

beispielsweise gezeigt, dass in einer see-

höhe von 570 Metern noch 100 Bakterien

pro Kubikzentimeter, bei einer seehöhe

von 1.861 Metern pro Kubikzentimeter nur

mehr acht und ab 4.000 Metern gar keine

mehr festzustellen sind. die bakterienfreie

Luft wirke wie eine natürliche aromathe-

rapie. der ionengehalt steige von 20 pro

Kubikzentimeter in Büroluft auf 20.000 im

almbereich.

Alm schmeckt. Gesund sind die almen

aber nicht nur für die Menschen, die sich

dort aufhalten, sondern auch für die Tiere,

die den sommer über auf der alm gehalten

werden. rund 56.000 Milchkühe produzie-

„Der Tourismus ist für die Bewirt-schaftung der Almen ein immer wichtigerer Faktor geworden.“

FranZ LeGner, UniVersiTÄTsdoZenT der UniVersiTÄT FÜr BodenKULTUr in Wien

ren rund 60 Millionen Kilogramm almmilch,

die zum Teil zu anderen Produkten wie Käse

und Butter weiterverarbeitet werden. etwa

6.500 Tonnen Fleisch stammen jährlich von

almtieren, rechnet Legner vor. die haltung

auf der alm könne den Tieren ein längeres

Leben und eine höhere Leistungsfähigkeit

bringen. dabei beeinfl usse die selektive

nahrungsaufnahme der besten Gräser und

Kräuter nicht nur die Gesundheit des alm-

viehs positiv, sondern auch den Geschmack

von Milch und Fleisch. neben mehr Vitami-

nen und Mineral-Geschmackstoff en seien

auch die wertvollen omega-3-Fettsäuren

durch die Weidehaltung mit wenig Getreide-

beifütterung stark erhöht, führt Legner aus.

Von der heimischen Tourismus-

wirtschaft wünscht sich der experte, dass

beispielsweise vermehrt auf regionale

Bergbauern- und almprodukte gesetzt

wird. „es wird sehr viel mit der schönen

Landschaft geworben. das Gleiche könnte

man doch auch mit den regionalen Produk-

ten machen.“ das passiere derzeit bereits

beispielsweise in der Großarl-region in

salzburg. dort kaufe die hotellerie bevor-

zugt regional ein. „ich fi nde, das ist eine sehr

positive initiative.“

Almleben. Die Farnkaser Alm liegt auf 1.500 Metern. Nach einem etwa einstündigen Aufstieg wird man mit einem traditionellen Almfrühstück belohnt. Während Kristel auftischt, unterhalten ihre Töchter die Gäste mit Geschichten über die Hühner, die Hasen und die Schweine. Das Highlight für die Mädchen ist dann aber doch etwas weniger alm-typisch: das Trampolin hinterm Hühnerstall.

Page 21: Saison 04/2011

21TIROLEREDELBRÄNDE

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ALMEN IN ZAHLENin Österreich gibt es laut der almstatistik der Bundesanstalt für Bergbauernfragen (BaBF) aus dem Jahr 2009 etwa 9.000 almen, davon liegt rund ein Viertel in Tirol, das damit mit 2.151 das almen-reichste Bundesland ist, deutlich vor salzburg mit 1.814. 13 Pro-zent, das sind 1,06 Millionen hektar, des österreichischen staats-gebietes sind von almen bedeckt, auch fl ächenmäßig hat Tirol mit 39 Prozent den größten anteil an den heimischen almfl ächen. Vergleicht man die Zahlen der vergangenen zehn Jahre, lässt sich feststellen, dass die almfl ächen insgesamt um rund fünf Prozent zurückgegangen sind. Besonders stark ist der rückgang bei den sogenannten niederalmen, die nicht höher als 1.300 Meter liegen. der gegenteilige Trend ist in allen Bundesländern bei den hochalmen zu beobachten. sie befi nden sich oberhalb von 1.700 Metern und nahmen in den vergangenen zehn Jah-ren leicht zu, besonders stark in salzburg und in der steiermark. Zurückzuführen ist dies neben almförderprogrammen auch auf den Tourismus.

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Franz Legner versteht, wenn mancher Tou-

ristiker neidvoll auf die salzburger almen

blickt, dabei seien diese von der struktur

her denen in Tirol sehr ähnlich. in salzburg

habe man das Potenzial der almen als

Tourismusfaktor einfach früher erkannt.

Wenn man beispielsweise nach salzburg

hineinfahre, sei das erste, was man sehe,

ein großes Plakat mit der aufschrift „Will-

kommen im almenland salzburg“. ×

Page 22: Saison 04/2011

22 SAISON

BERGSOMMER

„ Das Besondere ist die Vielfalt“

Alfons Parth, Wirt und Initiator des kulinarischen Jakobswegs im Paznaun, über Esskultur, die Vorzüge der Tiroler Küche und inakzeptable Fertiggerichte.

DA S INTERVIEW FÜHRTE S YLVIA A INE T TER .

S AISON: Herr Parth, wie ist es um die Tiroler Esskultur bestellt? ALFONS PARTH:

Schlecht! In der Gastro-

nomie kann die Tiroler Gerichte fast

niemand mehr richtig kochen. Das liegt

unter anderem daran, dass wir viele

Köche aus dem Ausland haben, die die

alten Tiroler Speisen oft gar nicht ken-

nen. Wer in Tirol ein gutes Gulasch essen

will, muss richtig danach suchen.

Auch die Bevölkerung hat größ-

tenteils kein Bewusstsein mehr für

gutes Essen – beim Einkaufen wird zu

sehr aufs Geld geschaut und zu wenig

auf die Qualität. Ein teures Auto zu fah-

ren, ist vielen wichtiger, als sich gut zu

ernähren.

Ist die Tiroler Küche heute noch alltags-tauglich? Ja, absolut. Es gibt genügend

Gerichte, die schnell zuzubereiten sind,

und die meisten lassen sich gut vorbe-

reiten oder aufwärmen. Es ist auch nicht

verboten, traditionelle Gerichte ein we-

nig zu modifi zieren. Oft wird beklagt, die

Tiroler Küche sei zu deftig. Aber gerade

im Winter, wenn es kalt ist, brauchen wir

nahrhaftes Essen – und natürlich, wenn

man Sport gemacht hat. Dann kann man

sich nicht nur von leichten, kalorienarmen

Gerichten ernähren.

Was ist das Besondere an der Tiroler Küche? Das Besondere ist die Vielfalt. Wir

sind nicht der Feinkostladen Europas, der

wir gerne wären. Außer im Sommer ist Ti-

rol ein karges Land, aber wir haben einige

gute Gemüsesorten und die besten Äpfel.

Unser großes Verdienst ist, dass wir aus

wenigen Produkten viel Unterschiedliches

machen können.

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Page 23: Saison 04/2011

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Was fehlt in Tirol? Ein konstantes Ange-

bot hochwertiger Produkte. Probieren

Sie doch einmal, einen guten Speck zu

bekommen. Das ist sehr schwierig. Es gibt

sehr gute Produkte, die aber oft nicht an

den Endverbraucher gehen, sondern in

den Bauernfamilien bleiben.

Ist die Lebensmittelindustrie schuld am Verfall der Esskultur? Schuld ist nicht die

Lebensmittelindustrie, sondern es sind die

Leute, die schlechte Produkte kaufen. Die

Nachfrage bestimmt das Angebot: Würde

niemand billige Lebensmittel schlechter

Qualität kaufen, gäbe es mehr hochwer-

tige Produkte.

Spielen Regionalität und Saisonalität in der Gastronomie eine Rolle? Natürlich

spielt das eine Rolle! Aber im Winter tun

wir uns schwer: Die Gäste wollen das ganze

Jahr über frisches Obst und Gemüse ha-

ben. Für den Hotelbetrieb kaufen wir Pro-

dukte, die eine gute Qualität haben, und

die kommen leider nicht immer aus Tirol.

Wie kam es zu der Idee für den kulinari-schen Jakobsweg? Da gab es eine gute

Flasche Rotwein und ein gutes Gespräch

mit dem Landeshauptmann und einem

guten Freund. Uns ist aufgefallen, dass

es auf den meisten Hütten keinen guten

Wein und auch kein besonders gutes

Essen gibt. Dabei ist es gleich teuer und

aufwändig, eine gute Flasche Wein auf

die Hütte zu bringen wie eine schlechte

Flasche Wein. So entstand die Idee des

kulinarischen Jakobswegs. Wir haben

dann noch Eckhard Witzigmann ins Boot

geholt, der von Beginn an von der Idee

begeistert war und als Botschafter einen

sehr guten Job macht.

Was stimmt denn mit dem Essen auf den Hütten nicht? Das Essen auf den Hütten ist

sehr verbesserungswürdig – allein schon

das Angebot. Toast Hawaii, Frankfurter mit

Pommes und Fertig-Cocktailsauce sind

Standard auf den Hütten. Wir wollen die

Wirte dazu bringen, wieder traditionelle

Gerichte zu kochen. Einmal richtig gute

Kasspatzln auf einer Hütte essen – das

möchte ich gerne!

Welche Gerichte werden denn beim ku-linarischen Jakobsweg angeboten? Wir

haben ja Köche aus unterschiedlichen

Ländern für den kulinarischen Jakobsweg

gewonnen, die bringen auch ihre Esskul-

tur mit. Aber natürlich legen wir Wert auf

traditionelle Küche. Die Köche dienen als

Botschafter und mit ihrer Hilfe können wir

neue Gäste aus den unterschiedlichsten

Herkunftsmärkten gewinnen. Aber selbst-

verständlich werden auch heimische Pro-

dukte angeboten. Bisher wird der kulina-

rische Jakobsweg gut angenommen. Das

beste Feedback ist, wenn die Hüttenwirte

zufrieden sind.

Welche Zielgruppe fühlt sich da ange-sprochen? Die Zielgruppe ist unendlich

und beschränkt sich nicht nur auf ältere

Gäste, wie man meinen könnte. Kochen

und gute Küche sind modern – was auch

auf den Kochshow-Boom zurückzuführen

ist. Diese Shows haben mehr Einfluss auf

die Esskultur, als man denkt. Wenn zum

Beispiel Tim Mälzer auf einer unserer

Hütten kocht, interessiert das auch viele

junge Leute.

Die österreichische Küche wird oft mit der Wiener Küche gleichgesetzt – kann sich Tirol hier abgrenzen? Wir können

ja nicht verleugnen, dass auch wir dem

böhmisch-mährischen Einfluss unterlie-

„Kochen und gute Küche sind modern – was auch auf den Kochshow-Boom zurück-zuführen ist..“ALFONS PARTH

Patriotisch: Im hauseigenen

Keller liegen hauptsächlich

österreichische Weine.

Page 24: Saison 04/2011

24

KULTUR IN TIROLEssen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern ein Teil der Alltagskultur. In der „Bergsommer Tirol“-Kampagne der Tirol Werbung werden Kultur und Kulinarik gemeinsam vermarktet. Angesprochen sollen „aufgeschlossene Junge und Junggebliebene“ werden, „deren Bedürfnis nach Genuss und Authentizität wir beispiels-weise mit speziell ausgearbeiteten Genuss-routen oder Kultur.Tirol-Veranstaltungen stil-len“. Derzeit beeinfl ussen Kultur und Esskultur die Reiseentscheidung der Tirol-Urlauber nur zu einem geringen Teil, aktuelle regiona-le Studien gibt es jedoch nicht. Österreichweit nennen 13 Prozent der Gäste kulturelle Veran-staltungen als Reisegrund (T-Mona 2008). Bereits in den vergangenen Jahren hat sich in Tirol im kulturellen Bereich einiges getan, das sich nun vermarkten lässt: Neben größeren Veranstaltungen wie dem Innsbrucker Tanz-sommer, den Festwochen der Alten Musik, den Festspielen Erl und den Klangspuren Schwaz spielen auch kleine regionale Veranstaltungen eine wesentliche Rolle. Dazu kommen zahlrei-che Museen und Galerien – das neueste, das umstrittene Tirol-Panorama am Bergisel, ver-zeichnete in den ersten beiden Monaten nach der Eröff nung bereits 50.000 Besucher.

gen. Das fängt beim Kaiserschmarrn an

und hört beim Topfenknödel auf. Diese

Einfl üsse sind auch wichtig. In Tirol müs-

sen wir darauf achten, dass wir unsere re-

gionalen Gerichte wieder in guter Qualität

anbieten. Ein richtig guter Speckknödel in

einem Gasthaus – das wär schon was.

Wo liegen unsere vergessenen kulina-rischen Schätze? In der Einfachheit. Bei

einem guten Gröschtl, das es leider ganz

selten irgendwo gibt. Meistens werden

Wurstreste hineingeschnitten, die darin

nichts zu suchen haben.

Sie kennen sich weltweit in der kulinari-schen Szene gut aus. Welches Land hat sie in puncto Esskultur besonders beein-druckt? Das Baskenland. Sie haben den

Mut gehabt, ihre Küche autark zu führen

und weltweit zu vermarkten. Zusätzlich

haben sie eine Kunstszene etabliert, die

ein intellektuelles und wohlhabendes

Publikum anzieht. Kultur und Esskultur

sind eng miteinander verbunden. Kunst-

interessierte Gäste legen häufi g auch

Wert auf qualitätvolles Essen. Tirol hat

es versäumt, diese beiden Bereiche zu

fördern. Im Baskenland gibt es eine un-

vergleichliche Dichte an Sterneküchen,

Tiroler Gastronomie kommt im Michelin

nicht einmal vor.

Spielen denn die Gastroführer eine so große Rolle? Die internationalen Gastro-

führer sind sehr wichtig. Gäste, die Wert

auf Kulinarik legen, orientieren sich nach

ihnen – und sie sind ein Kriterium für die

Wahl des Urlaubsortes. Tirol kann hier

nicht mitspielen, das beginnt schon da-

mit, dass wir zu billig sind – sowohl bei

den Nächtigungen als auch in der Gas-

tronomie. Gute Qualität hat eben ihren

Preis. Treue Gäste sind bereit, den auch

zu bezahlen. Käme Tirol im Michelin vor,

hätte das spürbare Auswirkungen auf die

Gästestruktur. Wichtig wäre, ein Drei-

Sterne-Restaurant zu haben – denn das

zieht Gäste an.

Was ist in einer Hotelküche inakzeptabel?

Fertiggerichte. Es muss nicht immer Hau-

benküche sein, ein guter Koch kann auch

aus einem einfachen Lebensmittel ein

gutes Gericht kochen. Aber Fertiggerichte

haben in einer Hotelküche nichts verloren.

Schmecken die Gäste den Unterschied?

Oft fällt ihnen die schlechte Qualität eines

Gerichtes nicht auf – außer sie haben den

direkten Vergleich. Bei Fertigprodukten

ist es ähnlich: Viele haben sich bereits

an Aromen und Geschmacksverstärker

gewöhnt und können mit frisch zuberei-

tetem Essen nicht mehr so viel anfangen.

Für andere Menschen gehört gutes Essen

zum Urlaub und beeinfl usst die Reiseent-

scheidung. Die fahren nur an Orte, bei de-

nen sie wissen, dass sie auch hochwertige

Produkte bekommen.

Was wünschen Sie sich für die Kulinarik in Tirol? Dass wir unser Potenzial aus-

schöpfen und so die Gäste anlocken, die

Wert auf gutes Essen legen. Kulinarik lässt

sich gut vermarkten, vor allem jetzt im

Moment. Sich einen guten Ruf zu erarbei-

ten, ist aber ein langer Weg und bedeutet

auch viel Arbeit.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

hinten: Tim Mälzer, Restaurant Bullerei, Hamburg; Alex Clevers, Restaurant Vivendum, Dilsen-Sokkem;

Marcello Leoni, Restaurant Leoni, Bologna;vorne: Niven Kunz, Restaurant Niven, Rijswijk;

Martin Sieberer, Restaurant Paznauner Stube, Ischgl

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26 SAISON

BERGSOMMER

K rise? Von wegen: Wenn es

eine Branche gibt, die in den

vergangenen Jahren Stabi-

lität bewiesen hat, dann sind

das die Outdoor-Hersteller. Vom Trek-

kingschuh über den Klettergurt bis hin zur

Softshelljacke. Produkte für Naturburschen

und solche, die es noch werden wollen, er-

freuen sich ungebrochen reißenden Absat-

zes. Im Juli traf sich die Branche anlässlich

der internationalen Fachmesse „OutDoor

2011“ in Friedrichshafen am Bodensee. Die

Stimmung war, wie schon in den Jahren

zuvor, euphorisch: Sportartikelkonzerne

freuen sich trotz schwächelnder Wirtschaft

über Zuwachsraten und Rekordgewinne im

Outdoorbereich.

Den Stellenwert des Marktseg-

ments Outdoor unterstreicht wohl am

besten der Besuch des adidas-Vor-

standsvorsitzenden Herbert Hainer am

Messestand der Konzerntochter „Global

Outdoor adidas“. Hainer zeigte sich be-

geistert von der Aufbruchsstimmung auf

Europas größter Branchenveranstaltung.

Während der jüngsten Krisenjahre war der

Outdoorbereich das einzige Segment im

Adidas-Konzern, das weiterhin zweistelli-

ge Zuwachsraten verzeichnen konnte.

Trend zum Naturerlebnis. Von

dieser positiven Stimmung sowie dem

anhaltenden Trend hin zum Naturer-

lebnis für sportlich Aktive kann und soll

auch der heimische Tourismus profi tieren.

Denn der Schlüssel zur erfolgreichen

Sommersaison ist der Aktivurlaub mit

Outdoor-Angeboten. Darin sind sich

Tourismusexperten einig.

Rainer Schultes, Obmann des Tou-

rismusverbandes Pitztal und Chef des

auf Outdoor-Sport spezialisierten Alpin

Center Hochzeiger, setzt große Stücke auf

den sportlich-aktiven Sommergast: „Die

Nachfrage steigt stetig und ich bin über-

zeugt, dass im Bereich Outdoor noch viel

Potenzial für den Tiroler Sommertouris-

mus liegt.“ Schultes ist bereits vor sieben

Jahren mit seinem Betrieb ins Outdoor-

Geschäft eingestiegen. Er hat damals er-

kannt, dass es eine Schnittstelle, eine Art

Vermittler braucht, der den Gast und das

Angebot verbindet. „Im Winter sind es die

Skischulen, die als Partner des Tourismus

den Gästen das Angebot näherbringen,

das sie suchen“, sagt Schultes. Im Som-

mer fehlt ein solcher Anbieter oft noch.

Denn für einen Tourismusverband ist es

kaum möglich, eigenständig ein umfang-

reiches Outdoor-Programm anzubieten.

Dazu bedarf es zusätzlichen und zugleich

spezialisierten Personals. „Wenn ein Gast

anruft, der sich für eine Bergtour im hoch-

alpinen Gelände interessiert, ist das mehr

als nur eine Zimmeranfrage. Da braucht es

am anderen Ende der Leitung jemanden,

der sich mit diesem Thema auskennt, der

professionelle Beratung bieten kann“, er-

klärt Schultes den Gedanken hinter seiner

Geschäftsidee.

Sein Alpin Center Hochzeiger

fungiert heute in einer Doppelrolle. Zum

einen bietet Schultes im „Kernbereich“

seines Unternehmens eigene Leistungen

an, die er zum Teil im Auftrag des Touris-

musverbandes im Programm hat. Unter

die Aktivitäten im Auftrag des TVB fallen

vor allem die regelmäßigen Gästeange-

bote wie etwa die geführten Mountain-

bike-Touren und Wanderungen oder das

Kinderprogramm für alle Altersstufen.

Daneben hat das Alpin Center Hoch-

zeiger mit seinem Abenteuerpark oder

den Kletterkursen Eigenveranstaltungen

im Programm. Und letztlich fungiert

Schultes‘ Betrieb auch als Vermittler auf

Provisionsbasis: „Rafting oder Canyoning

bieten wir nicht selbst an, sondern ver-

mitteln Gäste an lokale Anbieter weiter.“

Alle Outdoor-Aktivitäten allein anzubieten

sei für ein einzelnes Unternehmen kaum

machbar und wirtschaftlich nicht sinnvoll,

begründet Schultes diese unterschiedli-

chen Strukturen hinter den Angeboten.

Konzept geht auf. Die Area 47 am

Eingang zum Ötztal tut es dennoch. Hier

wird dem Gast auf einem Flecken ein na-

hezu allumfassendes Outdoor-Angebot

bereitgestellt: vom Wasserpark bis zum

Fallschirmspringen. Und das Konzept geht

voll auf, wie Geschäftsführer Hans Neuner

sagt: „Wir sind seit Juni ausgebucht, trotz

dem Wetter.“ Outdoor- und Aktivurlaub sei

eben weltweit ein Riesenboom, so Neu-

ner: „Doch Tirol hat auf diesem Segment

in den vergangenen Jahren den Fehler

gemacht, sich zu schlecht zu verkaufen.“

In Neuseeland oder Australien habe man

schon vor Jahren erkannt, dass der aben-

teuersuchende Gast die Zukunft ist. Selbst

Interlaken in der Schweiz habe das lange

vor Tirol erkannt und mit entsprechenden

Angeboten darauf reagiert.

„Auch wenn sich das für manche nicht gut anhören mag, aber wir brauchen im Outdoor-Bereich in erster Linie massentaugliche Sport-arten, um davon touristisch profi -tieren zu können.“HANSI NEUNER, GESCHÄFTSFÜHRER AREA 47

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Modernen Eskapismus touristisch nutzenDer Sommer in Tirol ist ausbaufähig. Das Zauberwort lautet dabei: Outdoor. Denn sportliche Gäste bringen gutes Geld und sind wetterfest. Aber nur, wenn auch das Angebot stimmt.

VON S TEFFEN AROR A

Spielwiese für Große. Die Area 47 bietet Out-doorspaß für jeden Ge-schmack. Wichtig dabei: Die Sportarten müssen massentauglich sein.

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Zum Touristiker geboren?

Page 28: Saison 04/2011

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Um am Outdoor-Sektor erfolgreich zu

sein, müsse man sich in die Lage des

Gastes versetzen, ist Neuner überzeugt:

„Wir müssen die Urlaubsbedürfnisse

der Leute zu 100 Prozent stillen. Rafting

allein ist dabei zu wenig. Es braucht ein

umfassendes, reichhaltiges Angebot für

die ganze Familie.“ Auch Rainer Schultes

aus dem Pitztal hat die „ganze Familie“

als primäre und lohnende Zielgruppe für

Outdoor-Angebote ausgemacht: „Bis vor

drei Jahren haben Eltern und Kinder im

Urlaub meistens getrennt voneinander

Programm gemacht. Heute ist das an-

ders.“ Die meisten Familien wollen im

Urlaub Zeit zusammen verbringen, statt

getrennt voneinander.

Ein gemeinsames Naturerlebnis in

Form einer Outdoor-Aktivität ist genau

das, was viele Familien suchen. Im Alltag

zu Hause bestimmen Beruf und Schule

das Leben. Die Familien sehen sich kaum,

die Menschen fühlen sich in ihren Städ-

ten und modernen Ballungszentren wie

Gefangene. „Die wollen da raus“, ist sich

Neuner sicher. Der Urlaub wird so zum

Ausbruch, zum modernen Eskapismus. Das

gemeinsame Erlebnis in der Natur, fernab

des streng geregelten Alltags, wird so zum

Mittelpunkt eines gelungenen Familienur-

laubes. „In unserem Hochseilpark erleben

wir regelmäßig, wie befreiend solche Akti-

vitäten für die Gästefamilien sind und wie

wohl sie sich dabei fühlen“, sagt Schultes.

Actionreiche Angebote. Auch Hans

Neuner begrüßt in der Area 47 auff allend

viele Familien, die hier gemeinsam Spaß

und Abenteuer suchen. Überhaupt sei

die Zielgruppe für Outdoor-Angebote in

den vergangenen Jahren immer größer

geworden: „Wir hatten allein heuer schon

125 Schulklassen hier.“

Für den Pitztaler TVB-Chef und

Freizeitunternehmer Schultes ist die Ju-

gend eine wichtige Zielgruppe, die mittels

durchdachtem Outdoor-Angebot wieder

für Tirol begeistert werden soll: „Bei den

14- bis 25-Jährigen müssen wir besonders

aufpassen. In dieser Zielgruppe verlieren

wir viele Gäste.“ Actionreiche Angebote

wie Downhill-Mountainbiking seien ge-

nau das, was diese jungen Leute suchen.

Zugleich warnt aber Area-47-Chef Neu-

ner davor, nicht zu sehr auf Nischensport-

arten zu setzen: „Auch wenn sich das für

manche nicht gut anhören mag, aber wir

brauchen im Outdoor-Bereich in erster

Linie massentaugliche Sportarten, um

davon touristisch profi tieren zu können.“

Nischensportarten wie Downhill-Moun-

tainbiking seien hingegen gut für das

Image. Und, was Neuner aus aktueller

Area-47-Erfahrung weiß: „Bei solchen

Sportarten ist der Zuschauereff ekt nicht

zu verachten.“ Während sich kaum ein

Durchschnittsurlauber am Drahtesel

vertikale Downhill-Trails hinunterstürzen

wird, sind derlei Anlagen durchaus in der

Lage, gehörig Zuschauerinteresse bei

Veranstaltungen zu erzeugen und somit

der Region einen Imagegewinn zu ver-

schaff en.

Um die Bedeutung von Image in

Verbindung mit dem Outdoor-Boom weiß

auch Helmut Knofl ach, Produktgruppen-

leiter der Sparte Bergsport beim renom-

mierten Bergsportausrüster Stubai aus

Fulpmes. Denn der ganze Hype begann

letztlich mit einem Modetick der Städ-

ter, die modische Outdoor-Bekleidung

für sich entdeckten. Plötzlich sah man

immer mehr Menschen in Großstädten

mit hochwertigen Softshelljacken und

Trekkingschuhen namhafter Hersteller

umherspazieren. Mit der Zeit entdeckten

diese urbanen Alpinisten, dass ihre teu-

re Ausrüstung jedoch am besten in den

Bergen ihren Zweck erfüllt, schließlich

wurden die Produkte ursprünglich dafür

hergestellt. So wurden modebewusste

Städter zu Hobbybergsteigern und damit

Outdoor-Touristen.

Bei der Firma Stubai will man diese

Neo-Kraxler nun für hochwertige Aus-

rüstung wie Gurte, Helme und Karabiner

begeistern. „Wenn man den enormen

Boom betrachtet, den die Outdoor-

Bekleidungsindustrie erlebt hat, dann

lässt uns das als Ausrüster hoff en“, sagt

Knofl ach. Dabei setzt das Unternehmen

unter anderem auf Kooperationen mit

Partnern aus dem Tourismus – sei es in

Form von Ausrüstung, die für Kletterkurse

genutzt wird, oder gezielte Ausstattung

von Bergführern mit Produkten aus dem

Hause Stubai. Es geht dabei um den „Spi-

rit“, wie Knofl ach sagt: „Die Leute, die es

herstellen, die Tiroler, sollen das Produkt

„Die Nachfrage steigt stetig und ich bin überzeugt, dass im Bereich Outdoor noch viel Potenzial für den Tiroler Sommertourismus liegt.“RAINER SCHULTES, OBMANN TVB PITZTAL

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Abenteuer für die ganze Familie. Das gemeinsame Naturerlebnis steht auf der Urlauberwunschliste ganz oben, wie man im Pitztal weiß.

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auch verwenden.“ Dadurch steige auch

die Glaubwürdigkeit gegenüber den

Gästen, die letztlich als Kunden gewon-

nen werden sollen. Immerhin macht die

Firma Stubai 70 Prozent ihres Umsatzes

mit Export.

Impuls für die Sommersaison. Gerade in den Bereichen Klettern und

Bergsteigen sieht man in den Fabrikhallen

in Fulpmes noch „viel Luft nach oben“.

Nicht zuletzt am lokalen Markt, etwa bei

Klettersteigen, welche als Alpen-Spezifi-

kum gelten. „In den USA gibt es vielleicht

eine Handvoll Klettersteige, denn dort ist

das rechtlich schwer möglich. Auch in an-

deren Gebirgsregionen gibt es das kaum.

Das ist ein alpenländisches Phänomen mit

viel Potenzial.“ Die speziell auf Kletterer

abgestimmte Online-Plattform „Climbers

Paradise“ der Tirol Werbung, bei der Firmen

wie Stubai als Partner mit im Boot sind, ist

ein solches Beispiel für erfolgreiche Ko-

operation in der Vermarktung.

Die Touristiker erwarten vom Out-

door-Segment jenen Impuls, der in der

Sommersaison noch fehlt. „Der Sommer

in Tirol ist schwierig, nicht zuletzt wegen

des Wetters“, weiß Rainer Schultes. Ge-

rade spontane Kurzurlauber, deren Zahl

und Bedeutung zunimmt, machen ihre

Buchungsentscheidung in erster Linie

von Wetterprognosen abhängig. Wobei

Outdoor-Touristen wetterfester sind

als der Durchschnittsgast, wie Schultes

weiß: „Von denen können wir uns eine

Scheibe abschneiden, denn die jammern

meistens weniger übers Wetter als die

Einheimischen.“

Über Erfolg und Misserfolg Tirols

als Outdoor-Mekka für Sportbegeisterte

wird aber letztlich das vielfältige und qua-

litativ hochwertige Angebot entscheiden,

das den Gästen geboten wird. Denn, so

ist TVB-Pitztal-Boss Schultes überzeugt:

„Die Zukunft wird über Themen gespielt.

Der 18-Jährige will genauso wie der

65-Jährige ein Super-Mountainbike-

Erlebnis. Und wenn wir ihm das bieten

können, wird er wiederkommen und

andere mitbringen.“ ×

„Klettersteige sind ein öster reichisches Phäno-men mit viel Potenzial.“HELMUT KNOFLACH, STUBAI BERGSPORT

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30 saison

Bergsommer

„�Das�Kind�steht��im�Mittelpunkt“

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S AISON: Herr Mayer, wer sind die anspruchsvolleren Gäste: Kinder oder deren Eltern? eRnst MayeR: Die

anspruchsvolleren Gäste sind schon die

eltern – auch in Bezug auf Kinderpro-

gramm und -betreuung. Den Kindern

selber ist die hardware nicht so wichtig.

Das Wichtigste für sie sind noch immer

die anderen Kinder.

Wie entwickeln Sie Ihr Angebot weiter? im Prinzip ist das ganz einfach: Man

schaut, was den Kindern gefällt. alle

ideen, die wir umgesetzt haben, sind ur-

sprünglich von Kindern erdacht worden.

Zu denken, man sei selber noch Kind, ist

der falsche Weg.

Wie sieht es mit der Auslastung Ihres Betriebes aus? Wir haben eine sehr gute

auslastung. Das hotel alpenrose ist das

ganze Jahr über geöffnet und wir spüren

kaum Unterschiede zwischen haupt-

und nebensaison, weil der schwerpunkt

unseres angebots auf Kleinkindern liegt.

Die Gäste müssen das Gefühl haben, dass

die Kinder optimal aufgehoben sind, um

machen zu können, wozu sie selber lust

haben. etwa skifahren, Wandern, Gol-

fen – all das kann man mit Kleinkindern

ja nicht machen. entscheidend für eine

ganzjährige auslastung ist außerdem,

dass man mit der hardware im haus in der

lage ist, Wetter und Klima auszugleichen.

selbst wenn es eine ganze Woche regnet,

dürfen das die Kinder nicht merken.

Was unterscheidet das Hotel Alpenrose von anderen Anbietern? Viele clubs bieten

top-animation an, aber in letzter Konse-

quenz nicht die Garantie, dass mein Kind,

sogar mein Baby, von acht Uhr in der Früh

bis neun Uhr am abend betreut wird.

Wie haben Sie sich das Vertrauen der Gäs-te mit Babys und Kleinkindern erarbeitet?

Da steckt sehr viel Know-how, aber auch

wahnsinnig viel Manpower dahinter. Wir

haben momentan in der Kinderbetreuung

24 Mitarbeiter. Und zwar in erster linie des-

wegen, weil die Betreuung der ganz Kleinen

sehr aufwändig ist. Die einstellung, ein Kind

dürfe nichts kosten, geht an der Realität vor-

bei. hier müssen auch die Gäste umdenken.

Wie unterscheidet sich ein Familien-hotel abgesehen von der Infrastruktur von einem herkömmlichen Betrieb? Bei

uns steht das Kind im Mittelpunkt, aber

auch der erwachsene kommt auf seine

Rechnung: er kann Urlaub machen, wie er

sich das vorstellt, kann Dinge tun, die mit

einem Kleinkind nicht möglich sind. Der

Verwirklichung dieser Kombination ist alles

untergeordnet.

Ernst Mayer, Chef des führenden Kinderhotels Alpenrose in Lermoos, über die unterschiedlichen Ansprüche von Eltern und Kindern, die Spezialisierung auf Familien und den Irrglauben, ein Kind dürfe im Urlaub nichts kosten.

Da s IntervIew führte M at thIa s Kr apf.

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Sie haben mit einer kleinen Pension be-gonnen und Ihren Betrieb seit 1994 suk-zessive zu einem 350-Betten-Haus aus-gebaut. Das Familien-Angebot allgemein ist in diesem Zeitraum ebenfalls enorm gewachsen. Warum? Früher hatten eltern

ganz andere ansprüche. Man hat gesagt:

„solange die Kinder ganz klein sind, fahre ich

nicht in Urlaub. später mache ich Familien-

urlaub und ordne mich den Wünschen der

Kinder unter.“ heute hingegen legen immer

mehr Gäste Wert darauf, dass sie selbst auch

nicht zu kurz kommen.

Geht der Trend zur Spezialisierung Ihrer Meinung nach noch weiter? Ist auch das Sport-Kinderhotel denkbar? Bestimmt

geht der trend weiter und das passiert ja

auch schon. innerhalb der Kinderhotels gibt

es bereits einzelne spezialisierungen – etwa

in den Bereichen sport, Pferde oder natur,

aber auch single mit Kind.

Welche Bedeutung hat die Angebots-gruppe der Kinderhotels für Ihr Haus?

Die Wichtigkeit erkennt man daran, dass

wir über keinen anderen Vertriebskanal als

die Kinderhotels verfügen. Wir arbeiten mit

keinen Reisebüros zusammen und machen

so gut wie keine Werbung außerhalb der

Kinderhotels.

Sehr exklusiv geht es off enbar bei den „leading family hotels“ mit bisher nur fünf Betrieben zu. Welche Idee steckt hinter diesem Zusammenschluss? Die „leading

family hotels“ sind aus den Kinderhotels he-

raus entstanden und bilden die Gruppe der

führenden Kinderhotels. Diese Gruppe soll

international Fuß fassen. Die ausbreitung

gestaltet sich aber sehr schwierig, weil es

keine bestehenden hotels gibt, die unsere

anforderungen erfüllen. eine der härtes-

ten dabei ist die Vorgabe: „nur Urlaub für

Familien“. ein bestehendes hotel müsste

auf alle anderen Buchungen verzichten.

Davor haben viele angst. Und dann muss

noch sehr viel Geld investiert werden. ein

„leading family hotel“ braucht eine gewisse

Größe, sonst rechnet sich die infrastruktur

nicht. Unter 35 Millionen euro kann man da

praktisch nicht bauen.

Wer sind im Sommer Ihre Konkurrenten? Ist das die Clubanlage in Antalya? es gibt

viele Billiganbieter, die sich Kinderhotel nen-

nen, aber in keiner Weise etwas mit uns zu

tun haben. es wurde leider verabsäumt, den

namen Kinderhotels schützen zu lassen,

und heute ist es nicht mehr möglich. Das

wird beinhart ausgenützt und viele Gäste

fallen – zumindest einmal – darauf herein.

Haben Sie als Kinderhotel Anforderungen an die Region oder sind Sie autark? im

Prinzip sind wir autark. Das hat damit zu

tun, dass sich das gesamte Konzept auf das

hotel konzentriert. Drei Monate im Jahr gibt

es bei uns kein Umfeld. Da hat keine hütte

und kein lift off en. Der Gast verbringt aber

ohnehin wenig Zeit außerhalb. Mit Kleinkin-

dern macht man eher keinen tagesausfl ug.

Und auch wenn die eltern allein etwas un-

ternehmen, bleiben sie in der nähe.

Eine auf Familien spezialisierte Region würde aber schon zusätzlich helfen, oder? es ist natürlich ein gewaltiger Vor-

teil, wenn eine Region anreize für Familien

und Kinder schaff t. in Österreich gibt es

dafür einige Beispiele – etwa serfaus, wo

der ganze ort von dem Konzept profi tiert,

weil man bereit war, sich auf Familien zu

konzentrieren und die Voraussetzungen

dafür zu schaff en. Das Wichtigste bleibt

aber das angebot im hotel selbst.

Was halten Sie von Attraktionen, die mit einem gewissen Spektakelwert auf Kin-der abzielen? Das bringt durchaus etwas.

Man muss die ganze Geschichte aber auch

leben und sich spezialisieren. am besten

ist es, wenn sich ein ganzer ort dazu be-

kennt und sagt: Wir sind ein Familienort

und wollen etwas für Familien tun, was

andere angebote auch wieder ausschließt.

absolut nicht funktioniert der Versuch,

alles abzudecken – von den Familien bis

zum après-ski.

Was sind die Stolpersteine auf dem Weg zu einem Familienhotel? Die größte Pro-

blematik ist, dass ein Familienhotel das

teuerste Konzept darstellt. Dessen muss

man sich als Unternehmer bewusst sein.

Wir haben aktuell bei 92 einheiten 135

Mitarbeiter – also mehr als ein 5-sterne-

hotel. Ganz einfach, weil der Urlaub

hauptsächlich im hotel stattfi ndet.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

ZUR�PERSONernst Mayer ist eigentümer des hotels alpen-rose in lermoos, das zu den führenden auf Fa-milien mit Kindern spezialisierten Betrieben in Österreich zählt. ab Mitte der 90er-Jahre baute die Familie Mayer ihre Frühstückspension mit 35 Betten zum 4-sterne-superior-haus mit 350 Betten aus. Rund 40 Prozent der Gäste kom-men aus der schweiz, 40 Prozent aus Deutsch-land, der Rest ist international. Das hotel alpen-rose ist teil der Kinderhotels und der „leading family hotels“, die ernst Mayer mit initiiert hat.

www.hotelalpenrose.at

Kinderparadies: Jede Menge Spielgeräte, eine Hüpfburg, Pools, ein Kino und zahlreiche

weitere Einrichtungen lassen Kinderherzen höher schlagen. Aber auch in anderen Berei-chen des Hotel Alpenrose wird an die kleinen

Gäste gedacht.

„ Man muss die ganze Ge-schichte leben und sich spezia-lisieren.“eRnst MayeR

Page 32: Saison 04/2011

32 SAISON

BERGSOMMER

Erfolgskonzepte Der Tiroler Bergsommer wartet mit innovativen und zukunftsweisenden Tourismusideen auf. SAISON wollte von preisgekrönten Experten der Branche wissen, wo außerhalb Tirols bemerkenswerte Sommerangebote Gäste locken.

VON S TEFFEN AROR A

D er Jungfrau Marathon in

Interlaken ist schlichtweg

der Klassiker unter den

Laufveranstaltungen und

er ist jährlich ausgebucht“, sagt Martin

Tschoner, Tourismusdirektor der Sport-

und Vitalregion Achsensee. Zusammen

mit seinem Bruder Markus Tschoner,

seines Zeichens Tourismusdirektor der

Olympiaregion Seefeld, sowie den Ver-

antwortlichen des Alpenpark Karwendel,

hat er nach 19 Jahren Pause den legen-

dären Karwendelmarsch wiederaufer-

stehen lassen. Mit gewaltigem Erfolg:

2011 erhielten die Brüder dafür den

begehrten Branchenpreis „Tirol Touris-

tica“ in der Sparte Events. Die Tschoners

wissen also bestens, worauf es bei einem

sportlichen touristischen Sommerange-

bot ankommt.

Den Jungfrau Marathon nennt Tschoner

deshalb als vorbildhaftes Sommersport-

Angebot, weil er ähnlich wie der Karwen-

delmarsch über die Veranstaltung selbst

touristische Werte und Inhalte transportiert.

„Dieser Event steht für die Kompetenz der

Region in Sachen Sport und Naturbewusst-

sein. Das bleibt bei den Gästen und Teilneh-

mern hängen“, ist Tschoner überzeugt. Der

diesjährige Jungfrau Marathon fi ndet am 10.

September statt und war wieder Monate im

Voraus ausgebucht. Tausende Sportbegeis-

terte samt Anhang werden die Region um

Interlaken erkunden und ein Gutteil wird als

Gast wiederkehren. Ein Event mit bewusst

touristischem Mehrwert. Dazu passt auch

die pittoreske Streckenführung. Vom Start in

Interlaken, auf 565 Metern Seehöhe, geht es

auf der Marathonoriginaldistanz von 42,195

Kilometern vorbei an den eindrucksvollen

Themencluster Sport & AktivMartin Tschoner, Tirol-Touristica-Preisträger 2011 für die Neuaufl age des Karwendelmarsches, empfi ehlt den Jungfrau Marathon, Interlaken (CH).

Bergmassiven von Eiger, Jungfrau und

Mönch, hinauf ins Ziel, dem Kleinen Schei-

degg, das auf 2.095 Meter Seehöhe liegt.

Die rund 2.000 Höhenmeter, die man dabei

insgesamt überwinden muss, gelten unter

Läufern als „schönste Marathonstrecke der

Welt“.

Ein solcher Ruf unter Sportfans ist

touristisches Gold wert, weiß Tschoner. Am

Achensee trägt der Karwendelmarsch als

Veranstaltung dazu bei, dass der Claim im

Logo, der von der „Sport- und Vitalregion“

spricht, in der Veranstaltung seine Bestä-

tigung fi ndet. Wie sich Sportveranstaltun-

gen touristisch nutzen lassen, zeigen die

Schweizer in Interlaken vor. „Davon können

auch wir noch lernen, nicht umsonst wird

auch heuer wieder das Laufteam Achen-

see in Interlaken an den Start gehen“, sagt

Tschoner mit verschmitztem Lächeln. ×

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Wer hat‘s erfunden? Sport vor eindrucksvoller Bergkulisse, das ist der Jungfrau Marathon, der jährlich tausende Lauftouristen in die Schweizer Alpen zieht.

Page 33: Saison 04/2011

33

Themencluster Natur & Gesundheit

Johann Hörtnagl, als Obmann von „Urlaub am Bauern-hof Tirol“ Tirol-Touristica-Preisträger 2010 in der Sparte „Marketing“, empfi ehlt den Salzburger Bauernherbst.

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Erntezeit als Reisezeit. Der Salzburger Bauernherbst nutzt regionale Besonderheiten, die von Bauern und Handwerkern seit Jahrhunderten gepfl ogen werden, als touristischen Mehrwert für die Gäste.

T irols Landwirte gelten in

Sachen Tourismus als Ex-

perten. Johann Hörtnagl,

Obmann des erfolgreichen

Projektes „Urlaub am Bauernhof Tirol“,

das landesweit rund 375 Mitgliedsbetriebe

zählt, weiß das und ist dementsprechend

stolz darauf: „Wir sind sicherlich Vorreiter

auf diesem Gebiet und werden mittlerweile

als eigenes Qualitätsprodukt angesehen.“

Auf die Frage, wo er außerhalb Tirols

innovative Beispiele für Sommertouris-

muskonzepte im Themencluster „Natur &

Gesundheit“ sieht, muss er aber nicht lan-

ge überlegen. „Dazu fällt mir spontan der

Salzburger Bauernherbst ein“, antwortet

Hörtnagl wie aus der Pistole geschossen.

Die Nachbarn im Osten bestechen mit

ihrem Bauernherbst durch Authentizität.

„Hinter dem Titel Salzburger Bauernherbst

verstecken sich eine Vielzahl kleiner Pro-

jekte, die den Gästen einen speziellen

Einblick in das bäuerliche Leben bieten“,

sagt Hörtnagl. Der Herbst, als wichtige

Erntezeit im bäuerlichen Kalender, ist die

ideale Jahreszeit für ein solches Projekt.

Von 27. August bis 26. Oktober fi ndet

der Salzburger Bauernherbst heuer

statt. Das diesjährige Motto ist zugleich

Programm: „Salzburger Brauchtum –

G‘sungen, g’spielt, tanzt & plattelt“. Bei

den rund 2.000 Veranstaltungen, die im

Rahmen des Bauernherbstes über die

Bühne gehen, stehen dieses Mal Musik

und Tanz im Vordergrund. Dabei werden

sportliche Gäste ebenso angesprochen

wie Genussmenschen. Die Palette reicht

von kulinarischen Terminen bis hin zur

sportlich-musikalischen Almrundwande-

rung. Die einzelnen Regionen erhalten im

Rahmen des Salzburger Bauernherbstes

Gelegenheit, sich und ihre Vorzüge zu

präsentieren. Von der regionalen Küche

und Kultur bis hin zu den jeweiligen land-

schaftlichen Reizen. Auch das Handwerk

kommt dabei nicht zu kurz, wodurch

Synergien zwischen Tourismus und alt-

eingesessener Handwerkszunft nutzbar

werden.

„Regionale Besonderheit als Kapital

und Verkaufsargument ist im bäuerlich-

ländlichen Tourismus unverzichtbar“, lobt

Johann Hörtnagl die Salzburger Idee.

Darauf setze man auch bei Urlaub am

Bauernhof Tirol mit Erfolg: „Bodenstän-

digkeit, Familienkontakt, das Eintauchen

in die nicht alltägliche Welt der Landwirt-

schaft, gepaart mit Gemütlichkeit und

Komfort sind das Geheimnis, das kein

Hotel der Welt in dieser Form bieten kann.

Wie man bäuerliche Kultur als Event für

den Sommertourismus nutzbar macht,

zeigen die Salzburger Kollegen mit ihrem

Bauernherbst vor. ×

Page 34: Saison 04/2011

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Themencluster Familienerlebnis

Marlies Erhard, als Leiterin der „Tiroler Familiennester“ mit ihrem Projekt 2010 für den Tirol Touristica nomi-niert, empfi ehlt den Kindersommer Brandnertal.

S eit 15 Jahren sorgen Marlies

Erhard und ihr Team tirolweit

dafür, dass auch die kleinsten

Gäste einen unvergesslich

schönen Sommerurlaub in den Bergen

verbringen können. In 23 Tiroler Orten

gibt es mittlerweile Familiennester, die mit

ihrem Namen für professionelle und qua-

litative Kinderbetreuung stehen. Dieses

Kinderangebot ist in der Form und Dimen-

sion sicherlich einzigartig, dennoch weiß

auch Marlies Erhard von touristischen

Familienprojekten außerhalb Tirols, die

sie persönlich als vorbildhaft bezeichnet:

„Weil ich selber Vorarlbergerin bin und weil

ich als Kind oft dort zu Gast war, empfehle

ich den Kindersommer im Brandnertal.“

Im idyllischen Tal im Vorarlberger Ober-

land wird in den Monaten Juli und August

ein „kleines, aber feines“ Kinderprogramm

für Gäste geboten. „Das ist zwar vom Um-

fang her viel kleiner als die Familiennester,

aber die Philosophie dahinter ist ähnlich.“

So wird auch im Brandnertal nicht auf un-

persönliche Kinderanimation, sondern auf

ein authentisches Naturerlebnis gesetzt –

ganz wie bei den Tiroler Familiennestern.

Die Vorarlberger teilen dabei die

Wochen von Montag bis Freitag in The-

mentage: vom Wald über Wasser- bis hin

zum Schluchtentag. Die Kinder im Alter

von sechs bis zwölf Jahren lernen so

unter fachkundiger Leitung die Natur im

Brandnertal hautnah kennen. Das Kinder-

programm ist für die Gästekinder grund-

sätzlich kostenlos, allein für die Jause ist

jeweils ein kleiner Beitrag zu leisten. Die-

ses Prinzip der „übergreifenden, kosten-

losen Betreuung“ gefällt Familiennester-

Leiterin Erhard besonders gut. Neben den

Erlebnistagen bietet das Brandnertal auch

täglich Kinderprogramm in verschiedenen

Hotelbetrieben der Region: vom Schnup-

perbogenschießen bis zum Kasperlthea-

ter. Zudem wird Familien die Suche einer

adäquaten Herberge durch das taleigene

Siegel „Family-Friends“ erleichtert. Die

Mitgliedsbetriebe bieten preiswerte und

qualitative Unterkunft auch für Familien

mit mehr als zwei Kindern. „Wer ehrlich

auf die Bedürfnisse der kleinsten Gäste

eingeht, scha² t sich damit die Stamm-

gäste von morgen“, weiß Familiennester-

Leiterin Marlies Ehrwald aus eigener

Erfahrung. Daher ist der Kindersommer

Brandnertal für sie ein herausragendes

und zukunftsweisendes Tourismusprojekt

außerhalb Tirols. ×

Klein, aber fein. Die Kinder von heute sind die Gäste von morgen. Wie man im Kleinen anspruchsvolles Ferienprogramm für Nachwuchstouristen macht, zeigt das Vorarlberger Brandnertal.

Page 35: Saison 04/2011

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Themencluster Kultur & Kulinarik

Michael Kohler, Leiter des TVB Lechtal und für die Idee und erfolgreiche Umsetzung des Genuss-Radwandertages in der Naturparkregion Lechtal-Reutte für den Tirol Touristica 2011 nominiert, empfi ehlt das Allgäu.

35

D as Allgäu insgesamt! Es ist

zum einen die Nähe und es

ist zum anderen das inno-

vative Programm in Sachen

Kulinarik, das die Region auszeichnet.“ So

begründet der Leiter des Tourismusver-

bandes Lechtal, Michael Kohler, seine

Wahl für den touristischen Blick über den

Tellerand. Das Allgäu, direkter Nachbar

des Lechtales, besticht mit einer ganzen

Reihe von zukunftsweisenden Projekten,

die lokale Besonderheiten – sei es die

Küche oder die Produkte selbst – mit

dem Tourismus verbinden. „Davon ha-

ben wir uns einiges abgeschaut“, räumt

Kohler ein, der heuer für seine Idee des

Genuss-Radwandertages als Finalist für

den Preis „Tirol Touristica“ nominiert war.

Beim Radwandertag im Lechtal bieten

Bauern aus der Region an verschiedenen

Lab stationen ihre Produkte in Form von

kleinen Häppchen an. „Die Teilnehmer

haben so Gelegenheit, lokale Spezialitä-

ten kennenzulernen, und kehren später

zurück, um mehr davon zu bekommen“,

erklärt Kohler die Idee dahinter. Bereits

nach der dritten Aufl age des Radwan-

dertages haben die Bauern ein deutliches

Umsatzplus verzeichnen können.

Im benachbarten Allgäu hat die Ver-

marktung lokaler Spezialitäten Tradition.

Von der Genießer-Tüte voller Allgäuer Spe-

zialitäten, die auf Messen und heuer erst-

mals im Rahmen der Allgäuer Festwochen

verteilt wurde, bis hin zum „glutenfreien

Urlaubsort Scheidegg“ reicht das innova-

tive touristisch-kulinarische Konzept der

deutschen Älpler. Eine andere Erfolgsini-

tiative ist der 2007 gegründete Verein „All-

gäuer Alpengenuss“, der bereits mehrfach

mit Preisen ausgezeichnet wurde. Weil

auf den bewirtschafteten Berghütten im

Allgäu zunehmend Speisen und Geträn-

ke von Discountern angeboten wurden,

entwickelte sich als Gegenbewegung der

„Allgäuer Alpgenuss“, der vom Landwirt-

schaftsamt in Kempten zusammen mit den

neun Allgäuer Alpen gegründet wurde.

Die Mitglieder verpfl ichten sich, auf den

Berghütten nur heimische Produkte anzu-

bieten. Mittlerweile machen 39 Almhütten

sowie 80 Partner aus der Region – von der

Brauerei bis zur Käserei – mit.

„Nur in Verbindung mit einem

Radwandertag haben sie ihr kulinarisches

Angebot nie beworben. Das war dann

unsere Idee, die nun wiederum bei den

Allgäuern gut ankommt, die in Scharen

am Radwandertag teilnehmen“, freut sich

Kohler. Über 1.000 Pedalritter erkunden

das Lechtal nun jedes Jahr anlässlich die-

ser Veranstaltung und lernen so regionale

Produkte und die Küche kennen. Neben

den Bauern nehmen nun auch Wirte aus

dem Lechtal teil, die sich unter dem Sie-

gel „Naturpark-Wirte“ präsentieren und

bewusst nur Produkte aus der Region

anbieten. Im Allgäu wird wiederum der

Lechtaler Radwandertag ebenfalls eifrig

beworben – eine deutsch-österreichische

Freundschaft, die o² ensichtlich durch den

Magen geht. ×

Regionaler Genuss. In den Allgäuer Alpen wird kulinarische Tradition gepfl egt. Sehr zur (Gaumen-)Freude der lukullisch interessierten Gäste.

Page 36: Saison 04/2011

36MAGAZINBotschafter für Olympia

Tirol wird 2012 Gastgeber der ersten

Olympischen Jugend-Winterspiele

(YOG) sein. Im Jänner stellen insgesamt

1.059 Athleten und Athletinnen in Inns-

bruck, Seefeld und Kühtai ihr Können un-

ter Beweis, rund 1.200 Volunteers sorgen

für den reibungslosen Ablauf.

Die o� ziellen YOG-Tirol-Botschaf-

ter sollen die Stimmung für eine der größ-

ten Wintersportveranstaltungen der Welt

so richtig entfachen. Tirols Sport-Promi-

nenz wird ab sofort bei Presseauftritten

und Sportveranstaltungen im Vorfeld,

aber auch während den Winterspielen

das olympische Feuer repräsentieren.

Darunter unter anderem: Gitti Köck, An-

gelika Neuner, Andre Arnold, Ingo Appelt,

Andreas und Wolfgang Linger, Armin Kog-

ler, Markus Prock, Klaus Sulzenbacher und

Michael Hadschie� .

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Freuen sich auf die Olympischen Spiele

der Jugend: Gitti Köck, Josef Margreiter und Klaus Sulzenbacher.

Vergangenes Jahr holte sich der Neuseeländer Sam Sutton den WM-Titel auf der berühmt-berüchtigten Wellerbrückenstrecke.

Extrem-Kajak-WM im Ötztal

Nach der erfolgreichen Premiere des

neuartigen Boulder-Events „adidas

ROCKSTARS“ in der Area 47 Ende Juli steht

dem Ötztal die nächste Extremsport-Ver-

anstaltung ins Haus. Von 29. September

bis 2. Oktober kämpft die internationale

Elite der Wildwasserpaddler auf einer der

anspruchvollsten Strecken weltweit um

den Weltmeistertitel. „Wir freuen uns,

dass die adidas Sickline WM auch 2011

im Ötztal ausgetragen wird”, sagt Tou-

rismusdirektor Oliver Schwarz. Für Josef

Margreiter, Direktor der Tirol Werbung,

untermauert die Kajak-WM Tirols Status

als „wahres Eldorado für Outdoorsportler“.

www.adidas-sickline.com ×

Page 37: Saison 04/2011

37

SPANISCHE VERBINDUNGDas Festival Zeitgenössischer Musik Klangspuren steht 2011 im Zeichen spanischen Musikscha� ens. Dazu gibt‘s ein Porträt des Komponisten und Diri-genten George Benjamin und Kooperationen u. a. mit dem Kunsthistorischen Museum Wien.8. bis 24. September 2011, Schwaz, Innsbruck u. a.

INTERNATIONALE SPRACHEZum Literaturfestival Sprachsalz reisen alljährlich Literaten aus aller Welt an. Diesmal lesen Mikhail Shishkin aus Russland, Gerald Stern aus den USA, der Ukrainer Taras Prochasko, der Schweizer Urs Allemann und viele andere Autoren. Eintritt frei.9. bis 11. September 2011, Hall in Tirol

RUMÄNISCHE KLÄNGEDie Blaskapelle Fanfare Ciocarlia ist sozusagen die Mutter aller rumänischen Bläserkunst: rasant, temperamentvoll, mitreißend und lustig. In der Reihe „Woaßt eh!“ des Kulturverein Wunderlich bringen sie das Kufsteiner Publikum in Bewegung.29. Oktober 2011, Innotech, Kufstein

WEITERE VERANSTALTUNGEN32. Österreichischer Grafi kwettbewerb17. 9. bis 2. 10. 2011, Galerie im Taxispalais, Inns-bruck, www.galerieimtaxispalais.atErwin Steinhauer: Gemeindebau – 4 Uhr früh! 23. 9. 2011, 20 h, FoRum, Rumwww.rum.at/forumLange Nacht der Museen1. 10. 2011, 18 h bis 1 h, 47 Museen und Galerien in Tirol, langenacht.orf.atLili Araujo: Sounds of Brazil 16. 10. 2011, 20 h, Eremitage, Schwazwww.eremitage.com

KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER

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R und 10.000 Quellen mit etwa 1,5

Milliarden Kubikmetern Wasser

entspringen in den Tiroler Bergen. 600

Seen, Weiher und Teiche gibt es, fast alle

mit Trinkwasserqualität. Tirol ist nicht nur

ein Land der Berge, sondern auch ein

Land des Wassers. Und diesem Element

widmet sich das digitale Reisemagazin

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„WasserReich Tirol“. Auf 26 Seiten zum

Anklicken findet der Leser alles über

Ausflugsziele, Wassersport in Tirol, Ther-

men, Gletscher und Wasserfälle – oder

was auch immer man über die Tiroler

Gewässer wissen will.

www.tirol.at ×

WasserReich Tirol

BUCHTIPP:

„Der andere Horizont“ nennt der Fotograf Bernd Ritschel sein zweites Tirol-Buch. Mit der Kamera fängt er jene Au-genblicke ein, die in so vielen Menschen die Liebe zu den Bergen weckt. Mit dem Objektiv verfolgt er Flussläufe, steigt auf Gipfel und zoomt sich mitten in Almwiesen. In dem kleinformatigen Buch wechseln sich Berg-Bil-der und Berg-Texte ab. Die Texte stammen von Anselm Grün, Reinhold Stecher, Viktor Frankl, Joachim Rin-gelnatz, Hubert von Goisern, Sergio Bambaren, Evelyne Binsack und vielen mehr.

Bernd Ritschel: „Der andere Horizont. Kraft und Inspiration aus den Bergen“, Tyrolia Verlag, 48 Seiten, 9,95 Euro

BUCHTIPP:

„Der andere Horizont“ nennt der Fotograf Bernd Ritschel sein zweites Tirol-Buch. Mit der Kamera fängt er jene Au-genblicke ein, die in so vielen Menschen die Liebe zu den Bergen weckt. Mit dem Objektiv verfolgt er Flussläufe, steigt auf Gipfel und zoomt sich mitten in Almwiesen. In dem kleinformatigen Buch wechseln sich Berg-Bil-der und Berg-Texte ab. Die Texte stammen von Anselm Grün, Reinhold Stecher, Viktor Frankl, Joachim Rin-gelnatz, Hubert von Goisern, Sergio Bambaren, Evelyne Binsack und vielen mehr.

Page 38: Saison 04/2011

38 SAISON

MAGAZIN

Auf Reisen mit Gott„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt“, schrieb der deutsche Lyriker Joseph Freiherr von Eichendor� Anfang des 19. Jahrhunderts. Aber: Ist Gott dann auch mit dabei im Urlaub?

VON ERNS T SPRENG

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I m Inneren der Kirche hört man

Orgelspiel. Es ist einer jener Ur-

laubstage, an denen man einfach

durch die Ortschaft fl aniert und

die Szenerie einatmet. Die Kirche ist of-

fen, warum also nicht als Urlauber einen

Sprung reinschauen? In einer Kirchenbank

sitzen, dem Orgelspiel zuhören und sich

besinnen?

Diese oder ähnliche Situationen

spielen sich in Tirol täglich ab. Religion

und ihre Ausübung gehören zur jeweili-

gen Kultur eines Reiselandes und stehen

damit im Brennpunkt des Interesses ei-

nes Urlaubers. Ist der Gast ein religiöser

Mensch, so liegt es auf der Hand, dass er

in seiner Urlaubszeit die Besinnung und

Nähe seiner Religion sucht.

In Tirol beschäftigt sich mit dem

Phänomen Tourismus vor allem die ka-

tholische Kirche mit einem eigenen Ar-

beitskreis, der seit Juni dieses Jahres von

Ordensmann Magnus Roth geleitet wird.

Roth selbst ist seit 20 Jahren als Pfarrer

von Igls und Vill in einer tourismusstar-

ken Region für die Seelsorge zuständig.

Sein Credo im Umgang mit Urlaubern ist,

unaufdringlich für den Gast da zu sein.

„Gerade in der Urlaubszeit muss sich

die Kirche nicht zwanghaft aufdrängen“,

bekräftigt Roth. „Das ist nicht unsere Auf-

gabe, vielmehr muss sie einfach für jene

da sein, die in ihrem Urlaub Besinnung

suchen.“ Roth nennt hier ein Beispiel: „Die

Orgelkonzerte in Igls werden im Sommer

fast ausschließlich von Urlaubern besucht.

Das ist für den Gast eine unaufdringliche

Gelegenheit, im Kirchenraum eine Stunde

der Besinnung zu erleben.“ Eine Gele-

genheit, die o� ensichtlich angenommen

wird, schätzt Roth doch, dass jährlich

rund 10.000 Gäste diese Orgelkonzerte

besuchen.

Helfen zu entdecken. Auch Chris-

tine Drexler, die in der Diözese Innsbruck

das Referat der Tourismusseelsorge be-

treut, sieht die Aufgabe der Kirche darin,

Gastfreundschaft zu signalisieren. „Events

für den Gast machen andere. Wir haben

vor allem die Aufgabe, dem Gast die Kir-

Dem Himmel nah. Gott ist für viele Reisende eine bewusste oder zufällige Reisebekanntschaft und die Urlaubszeit eine gute Möglichkeit, Besinnung in religiösen Einrichtungen zu fi nden.

Page 39: Saison 04/2011

TOURISMUS UND KIRCHE

Am 5. Oktober 2011 fi ndet die traditio-nelle Tourismuswallfahrt heuer im Stift Stams statt. Beginn der Wallfahrt ist um 13 Uhr. Rund um den Welttourismustag am 11. Oktober werden in den Tou-rismusschulen „Am Wilden Kaiser“ (St. Johann in Tirol) Workshops der Diöze-se Innsbruck zum Thema „Tourismus verbindet Kulturen“ angeboten. Weitere Informationen zum Tourismuspasto-ral können unter [email protected] angefordert werden. Die Diöze-se Innsbruck im Internet:

www.dibk.at

chenräume in Tirol zugänglich zu machen

und so eine Einladung auszusprechen,

Gott im Urlaub zu besuchen“, so Drexler.

„Wir können hier aktiv helfen, dass der Rei-

sende etwas entdeckt, wofür er vielleicht

nur im Urlaub Zeit hat.“

Dennoch weiß man in der Diözese

Innsbruck auch um die Herausforderun-

gen, die der starke Tourismus mit sich

bringt. „Im Sommer kann es schon vor-

kommen, dass mehr Urlauber die Messe

besuchen als Einwohner einer Gemein-

de“, erklärt Magnus Roth. „Problem ist

das aber keines, auch die Sprachbarriere

wird nicht als unangenehm empfunden.

Der religiöse Mensch erlebt hier bei uns

eine andere Form von Gottesdienst und

empfi ndet diesen Einblick als anregend,

vielleicht sogar exotisch.“ Trotzdem wird

in vielen tourismusstarken Gemeinden

von den Pfarren das Service angeboten,

dass die liturgischen Texte in mehreren

Sprachen in der Kirche aufl iegen. Der

neue Tourismusseelsorger Roth kann sich

vorstellen, vor allem in Ballungsräumen

das fremdsprachige Angebot an Gottes-

diensten auszubauen. Derzeit sind diese

Möglichkeiten in Tirol beschränkt. In der

Jesuitenkirche in Innsbruck gibt es jeden

Samstag um 18 Uhr eine katholische Mes-

se in englischer Sprache, einige evangeli-

sche Pfarrgemeinden im Oberland halten

Messen in Holländisch ab.

Zweite Heimat. Ein Phänomen brin-

gen die vielen Stammgäste Tirols mit sich.

Sie empfi nden nicht nur den Ort, sondern

auch die Pfarre als ihre zweite Heimat. So

erzählt Christine Drexler von Stammgäs-

ten, die so verbunden mit der Pfarre sind,

dass sie hier auch heiraten wollen oder die

Taufe ihrer Kinder in Tirol stattfi nden soll.

„Das ist beim aktuellen Pfarrermangel na-

türlich eine zusätzliche Herausforderung,

die nicht immer leicht mit der regulären

Seelsorge zu verbinden ist“, so Drexler.

Und natürlich ist im Urlaub genug Zeit

vorhanden, dass sich der Gast mit sich

selbst und seiner aktuellen Lebenslage in-

tensiver befasst. „Auch das erzählen Tirols

Seelsorger, dass die örtliche Distanz zur

eigenen Pfarre und die jahrelange Nähe

zu ihrer zweiten Heimat viele Gespräche

mit sich bringen, die für die Menschen

zu Hause in der Form wahrscheinlich gar

nicht möglich wären.“

Die Tourismusseelsorge beschränkt

sich allerdings nicht auf den Urlaubsgast,

vielmehr beschäftigt man sich intensiv

mit den Problemen der Menschen, die

im Tourismus tätig sind. „Allein schon die

Arbeitszeiten im Tourismus beeinfl ussen

eine Pfarrgemeinde in ihrer Struktur“,

bringt es Christine Drexler auf den Punkt.

„Die Aufgabe des Tourismuspastorals der

Diözese ist es, betro� ene Pfarrgemeinden

zu unterstützen und Wege zu fi nden, um

ein aktives Kirchenleben zu ermöglichen.“

Und das gelingt im Alltag. Pfar-

rer Magnus Roth aus Igls empfi ndet die

Wechselwirkung zwischen Reisenden und

Bereisten in seiner Pfarre als Bereicherung

für alle. Und manche Anekdote kann nur

in einem starken Tourismusort passieren.

„Ich habe in 20 Jahren Seelsorge in Igls

einmal eine echte Ausnahme gemacht“,

erzählt Magnus Roth schmunzelnd. „Als

während der Fußball-Europameisterschaft

2008 ein Nationalteam in Igls stationiert

war, haben wir am Tag des Spiels um 7 Uhr

SAISON: Herr Roth, was wünscht sich der neue Tourismusseelsorger von

Tirols Touristikern? MAGNUS ROTH: Ich

empfi nde es als wichtig, dass Tirols Tou-

ristiker den Gast als Gast wahrnehmen.

39

Das bedeutet für mich, etwas von sich

an die Gäste weiterzugeben, ohne ihn zu

vereinnahmen. Das hat fast schon eine

spirituelle Seite. Außerdem sollte das, was

man dem Urlauber anbietet, mit unserer

Kultur und Tradition in Einklang sein.

Was haben Sie sich als Tourismusseelsor-ger vorgenommen? Ohne schulmeister-

lich zu sein, müsste sich die katholische

Kirche öfter zu aktuellen touristischen

Tendenzen zu Wort melden. Ein Beispiel

sind für mich die vielen Besinnungswege,

die in der letzten Zeit entstanden sind. Ich

empfi nde diese touristischen Angebote

als tolle Chance. Der Wildwuchs von Be-

sinnungswegen kann aber auch bis zur

Besinnungslosigkeit betrieben werden.

Was mich freut, ist, dass es tirolweit sehr

viel Toleranz und Verständnis für die Be-

dürfnisse des anderen gibt. Tourismus und

Kirche arbeiten gut zusammen.“

Vielen Dank für das Gespräch. ×

morgens darauf verzichtet, die Kirchen-

glocken zu läuten, damit die Spieler aus-

schlafen können. Genützt hat es nichts, sie

haben verloren. Aber die Kirchenglocken

waren mit Sicherheit nicht daran schuld.“

Individuelle Lösungen. In Tirol

wird in tourismusstarken Gemeinden

sehr individuell mit den Herausforde-

rungen des Tourismus an die Religiosität

der Reisenden herangegangen. Es ist die

evangelische Sonnenaufgangs-Andacht

am Kitzbüheler Horn genauso wie das

Orgelkonzert in einer katholischen Kir-

che, das den religiösen Urlauber während

seines Tirol-Aufenthaltes begeistern soll.

Vor allem aber muss es für den Gast

die Möglichkeit geben, Kirche im Urlaub zu

erleben. Dann kommt im Urlaub die Nähe

zu Gott oft von selbst. Als zufällige oder

gewollte Reisebekanntschaft, die einem

liebevoll in Erinnerung bleibt. ×

„Etwas an die Gäste weitergeben“Magnus Roth ist seit Juni 2011 Tirols Tourismusseelsorger und seit 20 Jahren für die Pfarren Igls und Vill zuständig.

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Page 40: Saison 04/2011

Design statt Alpenkitsch Die Tourismusdörfer in den Alpen sind nicht gerade für ihre modernen Bauwerke bekannt. Doch immer mehr Hoteliers trauen sich weg von Alpenkitsch und Lederhosenarchitektur – und haben damit Erfolg.

Von S ylVia a ine t ter

U rig und gemütlich wol-

len die meisten Hotels in

Tirol sein – und beugen

sich dem Klischee der

trauten Alpenidylle. Zirbenstuben mit

verschnörkelten Holzstühlen, Hirschge-

weihe an der Wand und Geranien vorm

Fenster: So, wie sich die Gäste Tiroler

Bauernhäuser vorstellen, sehen die Ho-

tels in den Alpendörfern aus. „Modern“

geht anders. Dennoch funktioniert die

Inszenierung, scheint ein großer Teil der

Gäste doch genau dieses Klischee erle-

ben zu wollen. Die Tourismuswirtschaft

investiert in Bau und Gestaltung hohe

Summen, weitreichende Konzepte und

innovative Ideen fehlen jedoch häufig.

Manchmal traut sich aber doch ein

Hotel, anders zu sein: zum Beispiel das

„The Cube“-Hotel in Biberwier. In der auf-

fälligen Glasfassade des quaderförmigen

Baus spiegeln sich die Berge. Im Inneren

spaziert der Gast nicht über Treppen,

sondern über „Gateways“. „Tiroler Ge-

mütlichkeit“ im gewohnten Sinne gibt es

hier nicht, stattdessen ein ausgeklügeltes

Lichtkonzept und klare, kühle Formen.

Aber moderne Architektur hat

viele Gesichter: Auch das Naturhotel

Waldklause in Längenfeld setzt auf inno-

vatives Design – bleibt jedoch näher an

der Natur. Trotzdem ist das Holzdesign-

hotel weit entfernt von alpenländischem

Kitsch.

Das sind nur zwei Beispiele für in-

novative Architektur im Alpentourismus

– und dafür, dass diese auch bei den Gäs-

ten ankommt. „Designhotels“ feiern ihre

Erfolge eben nicht trotz, sondern wegen

ihrer außergewöhnlichen Gestaltung.

Destinationen gestalten. Die So-

ziologin Felizitas Romeiß-Stracke rief im

Jahr 2007 die „Plattform für Tourismus und

Architektur“ (www.tourismusarchitektur.

de) in München ins Leben, mit dem Ziel,

die Baukultur im Tourismus zu verbessern.

„Architektur kann Destinationen schaffen.

Es ist immer häufiger so, dass Ambiente

und Design des Hotels Kriterien für die

Buchung sind“, erklärt Romeiß-Stracke.

Das unterschreibt auch Irene Auer,

Chefin des Naturhotels Waldklause: „Die

Gäste buchen unser Hotel, weil sie schon

im Internet sehen, dass es modern und

stylish ist. Viele der Gäste kommen zum

Schauen.“ Und manche, fügt sie hinzu,

kämen auch zum „Abschauen“. „Wir haben

viele Kollegen und Architekten hier“, sagt

Auer. Für sie sei von Anfang an klar ge-

wesen, dass es ein Designhotel sein muss

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Blickfang: Die modernen Stationen der neuen Hungerburgbahn, gestaltet von der Architektin Zaha Hadid, sind bereits nach wenigen Jahren zum Wahrzeichen Innsbrucks avanciert.

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41 SAISON

MAGAZIN

– und aus Holz. Als vor sieben Jahren das

Naturhotel dann eröff nete, sei sie von den

Hoteliers in der Umgebung nur belächelt

worden.

„Tirol ist in den 70er-Jahren im

Alpentourismus sehr stark gewachsen –

die Goldgräbermentalität sieht man den

Bauten leider an. Das ist ein schweres

Erbe“, fügt Romeiß-Stracke hinzu. Tut sich

Tirol also besonders schwer, aus den tra-

ditionellen Gestaltungsgepfl ogenheiten

auszubrechen?

Geförderte Architektur. Die Rah-

menbedingungen für Touristiker mit Mut

zu modernem Design sind jedenfalls

nicht die besten, Tourismusarchitektur

ist in Tirol bisher kaum Thema. In Bayern

und in Ostösterreich schaut es anders

aus: Bei Tourismuskonferenzen in Wien

und Linz stand der Einsatz von innovativer

Architektur im Tourismus bereits auf der

Tagesordnung. Auch die internationale

Tourismustagung 2012 in Jerusalem

beschäftigt sich mit „Innovationen in der

Hotelgestaltung und Architektur“. Bayern

würdigt mutige Hoteldesigns mit dem

Tourismusarchitekturpreis „artouro“, der

im Zwei-Jahres-Takt vergeben werden

soll. Ausgezeichnet werden architekto-

nisch hochwertige Tourismusobjekte in

Bayern. In Tirol gibt es Derartiges noch

nicht. Ist moderne Architektur etwa nicht

profi tabel genug?

Manche mögen’s kitschig. „Mo-

derne Architektur zieht Gäste an, aller-

dings nur eine bestimmte Klientel“, erklärt

Romeiß-Stracke, „das sind die Jüngeren,

Bessergebildeten und -verdienenden. Die-

se wollen moderne Architektur und mo-

dernes Design. Die Stammklientel mag’s

gerne kitschig.“

Das bestätigt auch Irene Auer vom

Naturhotel Waldklause: „Wir wollten mit

dieser modernen Architektur in erster Linie

junges Publikum ansprechen – das hat sehr

gut funktioniert.“ Romeiß-Stracke sieht

eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung:

„Die Sehnsucht nach ungewöhnlichen Ur-

laubslocations ist ganz stark – das ist eine

Reaktion gegen das Uniforme.“

In ihrem Aufsatz „Entwicklungen in

der Hotel-Architektur“ (2009 in „Deutsche

Bauzeitschrift“) schreibt sie: „Vereinfacht

gesagt, befi nden wir uns auf dem Weg

von der ,Erlebnisgesellschaft’, in der das

Ziel ein möglichst buntes, ereignisrei-

ches Leben voller Konsum-Optionen

war, hin zur ‚Sinngesellschaft‘ in der die

persönliche Weiterentwicklung durch

intensive Erfahrungen im Mittelpunkt

steht.“ Individualität wird immer wichtiger

– ein Fakt, der den Designhotels zugute

kommt. Denn ein Hotel ist nicht mehr nur

Unterkunft, sondern auch Ausdruck der

eigenen Lebensweise. Von einer rasanten

Entwicklung kann jedoch keine Rede sein.

„Das alpine-ästhetische Klischee ist sehr

konservativ und die ländliche Bauweise ist

sehr prägend. Das sind starke Bilder. Es ist

psychologisch schwer, das zu drehen, und

es benötigt viel Bewusstseinarbeit“, erklärt

Romeiß-Stracke.

Architektur macht Gäste. Ob mo-

derne Tourismusarchitektur sich auch wirt-

schaftlich lohnt, sollte 2007 eine Studie von

pla’tou – Plattform für Architektur im Tou-

rismus zeigen. Unter dem Titel „Architektur

macht Gäste“ wurden 300 Unternehmen

aus der Tourismuswirtschaft befragt, die

zeitgenössische Architektur bei Neu- bzw.

Umbau eingesetzt haben. Die Ergebnisse

sprechen für moderne Gestaltung: 88 %

gaben an, die Investition habe sich ren-

tiert, bei 51 % lagen die wirtschaftlichen

Kennzahlen über dem Branchenschnitt,

bei 7 % darunter. Bei Zu- und Umbauten

wurde am häufi gsten eine Steigerung von

25 % angegeben. 80 % der Unternehmer

bezeichnen die zeitgenössische Architektur

als wichtigen Marketingfaktor.

„Architektur spielt eine große Rolle

im Marketing. Man darf auch den Archi-

tekturtourismus nicht außer Acht lassen –

und die Mundpropaganda, wenn ein Gast

besonders fasziniert von der Gestaltung

war“, bestätigt Auer.

„Man kann Gebäude herstellen, die architektonisch gut ausschauen, aber es kommt auch immer darauf an, ob sich der Gast wohlfühlt.“IRENE AUER, NATURHOTEL WALDKLAUSE

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Moderne Alpenarchitektur: Das Hotel Anton in St. Anton am Arlberg setzt auf Design statt auf Lederhosenkitsch.

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Gewohnheitseff ekt. Bei „Touris-

musarchitektur“ geht es aber um mehr als

um außergewöhnlich gestaltete Hotels.

Vielmehr betriff t das Thema alle Bauwer-

ke, die mit Tourismus zu tun haben, also

auch Museen, Bergbahnen, Kaufhäuser

und so weiter. Die Aufwertung einer De-

stination durch moderne Architektur hat

sogar einen Namen: der „Bilbao-Eff ekt“

(siehe Kasten).

Bereits in Innsbruck lässt sich ein

Imagewandel durch innovative Gestal-

tung beobachten: „Durch die Bergisel-

schanze, die Hungerburgbahn, aber auch

das Penz-Hotel und noch weitere, klei-

nere Projekte hat Innsbruck sein Image

von verschlafen zu weltoff en gedreht“,

analysiert Romeiß-Stracke. Und tat-

sächlich: Die von Zaha Hadid gestaltete

Bergiselschanze ist inzwischen schon

zum Wahrzeichen geworden.

Dass die Bevölkerung zu Beginn

eines solchen Projekts wenig Begeiste-

rung zeigt, sei ganz normal. „Modernes

wird zunächst immer abgelehnt. Doch

der Gewöhnungseff ekt ist stark und so

fi ndet es nach ein paar Jahren Anklang.

In der Stadt gehen solche Entwicklungen

schneller, aber auch auf dem Land ändert

sich die Akzeptanz mit dem Generatio-

nenwechsel.“

Bewusstseinsbildung. Das Be-

wusstsein für moderne Gestaltung im

Tourismus ist trotz zahlreicher Bemü-

hungen noch immer schwach – aus

mehrerlei Gründen. „Der Tourismus

kommt als eigene Kategorie in der

„Es ist immer häufi ger so, dass Ambiente und Design des Hotels Kriterien für die Buchung sind.“FELIZITAS ROMEISS-STRACKE, SOZIOLOGIN

Planungsgesetzgebung zu wenig vor,

vor allem auch, was die städtebauliche

und landschaftsplanerische Integration

betriff t“, zeigt die Soziologin Handlungs-

bedarf auf politischer Ebene auf.

Aber sie ortet weitere Diskrepan-

zen: Zum einen verstünden Touristiker

zu wenig von Gestaltung, zum anderen

kennen sich Architekten zu wenig mit

den Anforderungen der Tourismusbe-

triebe aus. „Touristiker und Architekten

sprechen unterschiedliche Sprachen

– das macht die Zusammenarbeit oft

schwierig“, gibt Romeiß-Stracke zu be-

denken. Auch würden Architekten an

der Uni nicht lernen, Tourismusbauten

zu planen, das gehe zulasten der Funk-

tionalität.

Das ist auch Irene Auer bewusst:

„Nicht alles, was Design ist, ist auch prak-

tisch. Für uns ist wichtig, dass etwas toll

ausschaut, aber auch funktionell ist. Die-

se überdesignten Objekte funktionieren

oft nicht – und das spürt man! Es muss

passen – auch funktional.“

Dann gibt sie noch zu bedenken:

„Man kann Gebäude herstellen, die ar-

chitektonisch gut ausschauen, aber es

kommt auch immer darauf an, ob sich

der Gast wohlfühlt.“ Denn „gemütlich“

geht auch, wenn das Hotel nicht „urig“

aussieht. ×

Page 43: Saison 04/2011

Informieren Sie Ihre Gäste aus Ostösterreich und Süddeutschland über Ihre Angebote!

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EinWintermärchenEntdecken Sie den Tirol-Eff ekt

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DER BILBAO-EFFEKTUnter dem Bilbao-Eff ekt versteht man eine Aufwertung von Orten durch den Einsatz von spektakulärer Architektur. Als Paradebeispiel dient die nordspanische Stadt Bilbao, die bis Ende der 90er-Jahre nur wenig Zu-spruch von Touristen erfuhr. Mit der Fertigstellung des Guggenheimmu-seum (Architekt: Frank O’Gehry ) 1997 änderte sich das: Der avantgardis-tische Bau aus Titan, Glas und Kalkstein befreite Bilbao vom Image einer tristen, verarmten Industriestadt. 956.417 Besucher verzeichnete das Guggenheim im Jahr 2010, davon kamen 62 % aus dem Ausland. Seit 1997 entstanden rund um das Guggenheim weitere moderne Bauwerke, die den touristischen Erfolg Bilbaos konservieren sollten – und es auch tun: wie die von Sir Norman Foster gestaltete Metrolinie und die Brücke „Zubizuri“ des Architekten Santiago Calatrava, die an ein aufge-blähtes Segel erinnert.

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Belächelt: Als das Naturhotel Wald-klause vor sieben Jahren eröff nete, schmunzelte die Konkurrenz noch. Inzwischen gilt es als Vorzeigeobjekt unter den Tiroler Designhotels.

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MAGAZIN

Freiräume scha� enDer Verein „wei sraum“ rund um den Grafi ker, Typografen und Gestalter Kurt Höretzeder veranstaltet seit 2005 hochkarätig besetzte Vorträge zur visuellen Gestaltung im aut. architektur und tirol. Schritt für Schritt kamen Workshops, Exkursionen und das „wei sraum“-Café dazu. Das Herbstprogramm 2011 wartet wieder mit großen Namen und ansprechenden Projekten auf.

DA S INTERVIEW FÜHRTE ES THER PIRCHNER .

S AISON: Herr Höretzeder, der Vereinsname „wei sraum“ – mit einem Leerzeichen statt des ersten S – legt nahe,

dass Sie mit Ihren Aktivitäten eine Lücke schließen und mehr Aufmerksamkeit auf Typografi e und andere Bereiche der gra-fi schen Gestaltung lenken wollen. KURT

HÖRETZEDER: Das kann man damit asso-

ziieren – in Westösterreich gibt es sonst

keine vergleichbare Institution –, aber es

ging auch darum, Freiräume zu scha� en,

in denen man wieder nachdenken kann.

Der Weißraum ist einer der wichtigsten

Begri� e in der Kunst und Grafi k des 20.

Jahrhunderts. Er ist nicht nur eine Rest-

fl äche, sondern man hat festgestellt: Je

mehr Kommunikation es gibt, je mehr

Informationen – zum Beispiel in einer Zei-

tung – transportiert werden, desto wich-

tiger sind Weißräume dazwischen, damit

man Inhalte überhaupt wieder aufnehmen

kann. Auch wie Schriften wahrgenommen

werden, hängt stark von den Weißräumen

in den Buchstaben ab.

Welche thematischen Schwerpunkte setzen Sie bei Ihren Veranstaltungen?

Im Kern geht es um Typografi e, weil ich

ohnehin der Meinung bin, dass Grafi k mit

Typografi e beginnt und endet. Aber wir

fassen das nicht so eng. Grafi kdesign wird

oft nur mit Werbung assoziiert, aber es gibt

so viel mehr: Buch-, Zeitschriften- und

Museumsgestaltung, Leitsysteme, Ori-

entierungssysteme, Informationsdesign.

Wir laden dazu nicht nur Grafi ker

ein, sondern auch Literaturwissenschaft-

ler oder Kunsthistoriker, die sich mit vi-

sueller Gestaltung und Kommunikation

befassen. Das ist ein Bereich, der mir

immer wichtiger wird: Grafi kdesign in

einem gesellschaftlichen, gesellschafts-

politischen Diskurs zu verankern – so wie

es auch mit der Architektur passiert.

Zur Architektur sehe ich auch in anderer Hinsicht eine Parallele: in der Frage, ob es sich bei diesen Ausdrucksformen vor allem um Kunst oder um Handwerk han-delt. Die Grenzen sind da immer fl ießend.

Wir haben im Herbst einen Schwerpunkt

dazu – mit verschiedenen Positionen:

Der erste Vortragende, Per Mollerup, hat

einige ganz wichtige Publikationen zur

Markenführung und Markenentwicklung

verö� entlicht. Zum zweiten Vortrag haben

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einer Zeit, in der sie noch ganz konkret mit

Haltungsfragen konfrontiert waren. Das

fi nde ich sehr interessant.

Gibt es auch Länder, in denen der Boden für Grafi kdesign besonders gut ist? Die

Schweiz und die Niederlande bringen im-

mer wieder bedeutende Grafi ker hervor,

es gibt dort hervorragende Ausbildungs-

stätten mit hervorragenden Professoren.

Bildungsorte wie diese sind entscheidend.

Das Handwerkszeug zu können, ist ganz

wichtig, aber es braucht auch Freiräume,

ein umfassendes Bildungsideal, und da

sind wir in Österreich leider hintennach.

Mit der Ausrichtung von Workshops bie-ten Sie aber zumindest die Möglichkeit einer Fortbildung mit guten Lehrern. Ja,

wobei der Andrang in diesem und dem

letzten Jahr nicht sehr groß war. Aber

2012 werden wir die Workshops vor-

aussichtlich zu einer Sommerakademie

zusammenlegen, das funktioniert mög-

licherweise besser.

Welche anderen Pläne haben Sie für die Zukunft? Irgendwann einmal hätten wir

gerne einen eigenen Ausstellungsraum.

Und 2015 möchten wir eine Ausstellung

zum 100. Geburtstag von Arthur Zelger

wir Michael Schirner eingeladen, eigent-

lich der deutsche Art Director der 1980er-

Jahre, der damals einige der größten

Kampagnen mitkonzipiert hat. Seine

Behauptung war immer schon: Werbung

ist Kunst. Und inzwischen macht er auch

nur mehr Kunst. Otl Aicher [bedeutender

deutscher Gestalter, Anm.] hat hingegen

immer gesagt: Werbung hat mit Kunst

überhaupt nichts zu tun.

Im November ist dann Pierre

Bernard zu Gast, der die französische

Gestalterszene der letzten vierzig Jahre

entscheidend geprägt hat. Seine Grafi k

war immer engagiert. Er ist Kommunist,

hat für die französischen Gewerkschaften

gearbeitet und unterstützt nach wie vor

Protestbewegungen.

An diesen drei Namen sieht man, dass „wei sraum“ international bedeutende Grafi k-designer einlädt. Welche Gäste waren für Sie besonders wichtig? Einer der Ersten

war der Schweizer Buchgestalter Rolf Ho-

chuli, dann der niederländische Typedesig-

ner Fred Smeijers, der Zeitschriftendesigner

Gerard Unger, Rolf Müller, einer der ganz

wichtigen Vertreter der Ulmer Schule, oder

Ruedi Bauer mit seinen Leitsystemen. Ich

lade gerne ältere Designer ein, weil die

etwas zu sagen haben. Sie kommen aus

„ Werbung hat mit Kunst überhaupt nichts zu tun.“OTL AICHER, DEUTSCHER GESTALTER

„ WEI SRAUM“-VERANSTALTUNGEN IM HERBST 2011

VORTRÄGEPer Mollerup, 20. September 2011, 20 UhrMichael Schirner, 18. Oktober 2011, 20 UhrPierre Bernard, 8. November 2011, 20 Uhraut. architektur und tirolLois-Welzenbacher-Platz 16020 Innsbruck

WORKSHOPSChristian Mariacher, Informationstypo-grafi e, 16. bis 18. September 2011Andrea Redolfi , Heike Czerner, Klikspaan. Visuelle Grammatik der Gestaltung, 4. bis 8. Oktober 2011Kurt Höretzeder, Logisch sind Logos fast nie, 21. bis 23. Oktober 2011Natterer See

EXKURSIONMuseo Parma15./16. Oktober 2011

[email protected]

ZUR PERSONKurt Höretzeder (*1969) ist Grafi ker, Gestalter, Typograf und Schreiber. Er war Mitbegründer von „Circus. Büro für Kom-munikation und Gestaltung“, gründete 2002 das eigene Büro „hœretzeder grafi sche gestaltung“ mit den Arbeitsschwer-punkten Erscheinungsbilder, Bücher, Zeitschriften, Magazine, Ausstellungen und Leitsysteme, Kommunikations- und Marke-tingprojekte. Er ist Gründer und Vorsitzender von „wei sraum – Forum für visuelle Gestaltung Innsbruck“.

[Tiroler Werbegrafi ker und Schöpfer des

Tirol-Logos, Anm.] organisieren. Dazu

würde ich ein Jahr davor ein Symposium

veranstalten, in dem man darüber nach-

denkt, was touristische visuelle Kommu-

nikation heute sein kann.

Wir wollen auch weiterhin ein

Bewusstsein für visuelle Gestaltung und

Kommunikation scha� en, auch bei Ar-

beitgebern und im ö� entlichen Raum. In

der Grafi k ist man am Lebensnerv einer

ganzen Kultur dran, und daraus muss man

etwas machen.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Page 46: Saison 04/2011

46 SAISON

MAGAZIN

Der Tod im Gebirge Regionalspezifi sche Krimiliteratur boomt. Autoren wie Donna Leon, Alfred Komarek und Kinky Friedman machen seit Jahren ihre (Wahl-)Heimat zur Mördergrube. Nicht weniger kriminalistisch geht es in Tirol zu, wenn Lina Hofstädter, Lena Avanzini oder Bernhard Aichner zur Feder greifen.

VON ES THER PIRCHNER

D ie eine ist Volkskundlerin,

die zweite Studentin und

angehende Sängerin, der

dritte schaufelt den Toten

ihr Grab: Die Hauptfi guren in den aktuel-

len Krimis aus Tirol haben, wenn es um

die Aufklärung von Verbrechen geht, eher

untypische Berufe. Und doch stolpert

jede(r) von ihnen über die eine oder ande-

re gewaltsam zu Tode gekommene Leiche

und kümmert sich zwangsläufi g darum zu

erfahren, mit welchen unrechten Dingen

es dabei zugegangen ist.

Spiel mit Formen. Krimis sind span-

nend und reizvoll. Sie bieten den Autoren

die Möglichkeit, mit verschiedenen litera-

rischen Formen zu experimentieren, etwa

die Mittel der Satire anzuwenden, wie dies

Lina Hofstädter tut, oder – wie Bernhard

Aichner – Dialoge und Szenerien zu ent-

werfen, die auch als Film funktionieren

würden. Gleichzeitig ist bei der Architektur

von Mördergeschichten höchste Genau-

igkeit gefordert. Man müsse auf mehreren

Ebenen präzise arbeiten, sagt Lina Hof-

städter, die mit bisher fünf verö� entlich-

ten Krimis (und viel anderer Literatur) die

erfahrenste Autorin der drei ist.

Exakte Recherche. „Es ist eine

Gattung, die man zum Vergnügen und

als Literatur lesen kann, und auch beim

Schreiben ist das Verhältnis dasselbe:

Oberfl äche zu bieten, ohne Tiefgang

zu verlieren.“ Für „Satansbrut“, ihr aktu-

elles Buch rund um die Volkskundlerin

Patrizia Federspiel, hat sie sich mit zeit-

genössischen Teufelskulten und Tiroler

Maskenbrauchtum auseinandergesetzt,

wie immer ausgerüstet mit einem „Meter

Fachbücher“ und Beratung von Leuten,

die sich in bestimmten Metiers wie dem

Gastgewerbe auskennen.

Lena Avanzini, selbst Musikerin und Musik-

lehrerin, lässt die Studentin Vera Meyring in

ihrem Debütroman „Tod in Innsbruck“ mit

leichter Hand in Musikerkreisen verkehren,

musste sich aber in Bezug auf Polizei arbeit

und andere Bereiche weitergehend infor-

mieren. Und Bernhard Aichner, der nach

Erzählungen, Theaterstücken und Roma-

nen an seinem dritten Krimi schreibt, hat

sich für die Zeichnung von Totengräber

Max Broll, der bisher in „Die Schöne und

der Tod“ und „Für immer tot“ aufgetreten

ist, mit Totengräbern und Bestattern un-

terhalten und recherchiert derzeit in der

Innsbrucker Gerichtsmedizin.

Die Qualität solcher Forschungen,

die Genauigkeit bei der Entwicklung der

Idee und die Ausschmückung der nack-

ten Tatsachen mit Details über Personen

oder Orte macht sich am Ende durchaus

bezahlt. Auch wenn alle drei Autoren

in erster Linie spannende Geschichten

erzählen, haben bei der Lektüre andere

Elemente oft ebenso viel Gewicht wie die

Verbrechensaufklärung.

Wo der Tod lauert. Gute Krimis hal-

ten ihre Leser nicht nur in Atem, sondern

Lina Hofstädter: „Oberfl äche bieten, ohne Tiefgang zu verlieren“

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EIGENE WERKE UND LIEBLINGSKRIMIS

BERNHARD AICHNERFür immer tot, Haymon Verlag 2011.Totengräber Max Broll sucht seine Stiefmutter, die lebendig begraben wurde und nur über ein Handy erreichbar ist.

Buchtipp: die ersten Krimis von Fred Vargas

LENA AVANZINITod in Innsbruck, Emons Verlag 2011.Studentin Vera Meyring gerät als Verdächtige in eine Mordserie.

Buchtipp: die Krimis von Wolf Haas

LINA HOFSTÄDTERSatansbrut, TAK 2011.Im Pitztal entdeckt eine Volkskundlerin die Leiche eines Jugendlichen, der sich mit Satanskulten beschäftigt hat.

Buchtipp: Dorothy Sayers, Mord braucht Reklame

wecken auch ihr Interesse für das nicht

kriminalistische Geschehen und den Hin-

tergrund, vor dem es sich abspielt. Bei Lina

Hofstädter fungiert – nach dem Bergisel

und einem typischen Tiroler Tourismus-

großbetrieb – das Pitztal als Kulisse, Lena

Avanzini beschreibt authentische und

fi ktive Plätze in Innsbruck, während Bern-

hard Aichner in der Frage des Ortes, einem

Dorf in Westösterreich, lieber unbestimmt

bleibt (auch wenn Totengräber Max Broll

durchaus wie Aichner selbst aus Osttirol

stammen könnte).

Aber ob exakt bestimmbar oder nur

ungefähr auf eine Region einzugrenzen:

Lokalkolorit verleitet die Leser dazu, sich

über die Lektüre des Krimis hinaus mit der

jeweiligen Gegend zu beschäftigen. Wer

hätte nicht schon im Geiste mit Donna

Leon Venedig durchstreift, mit Kinky

Friedman Texas und New York erlebt oder

sich bei Collin Cotterills Dr.-Siri-Reihe ins

Laos der 1970er-Jahre versetzt gefühlt?

Mord als Attraktion. Oft machen es

einem dann gerade die Brüche zwischen

Realität und Image, die Konfrontationen

von Protagonisten und Staatsgewalt

oder die inneren Konfl ikte der Figuren

unmöglich, ein Buch wieder aus der

Hand zu legen. Die Zerrissenheit eines

Max Broll und sein manchmal exzessiver

Umgang mit Alkohol, die Schilderungen

der mehr oder weniger komplizierten

Liebesbeziehungen von Vera Meyring und

Patrizia Federspiel sorgen für zusätzliche

Spannung. Tirolspezifi ka wie die Eigen-

heiten des heimischen Tourismus, neuere

Entwicklungen des Brauchtums oder die

Konfrontation zwischen Katholizismus

und anderen Denkungsarten vermitteln

darüber hinaus ein Tirolbild, das die

gängigen Images eines Tourismuslandes

wohltuend ergänzt. Und auch wenn es

vielleicht mancher Politiker, manche

Touristikerin nur ungern sieht, verleiht es

einer Gegend doch ein geschärftes Profi l,

das über große Strahlkraft verfügt.

Insofern kann man nur ho� en, dass

Lina Hofstädter bald ihren sechsten Krimi

verö� entlicht, Bernhard Aichner Max Broll

sicher durch seinen dritten Fall führt und

Lena Avanzini mit ihrem geplanten zweiten

Werk an ihr erstes anschließen kann. Ti-

roler und Nicht-Tiroler Leser werden sich,

wie schon bisher, in großer Zahl fi nden. ×

TIROL-TATORT NR. 11: LOHN DER ARBEIT

Der Tatort macht in Hall in Tirol Sta-tion. Zum elften Mal ermittelt Moritz Eisner nach einem Drehbuch von Felix Mitterer. „Lohn der Arbeit“ beruht auf einer wahren Geschichte und handelt von mazedonischen Schwarzarbeitern, die abgeschoben werden, ohne dass ihre Arbeit auf einer Tiroler Baustelle bezahlt worden wäre.(Sendetermin: 28. August 2011, 20:15 Uhr in ORF 2).

Lena Avanzini: Debütroman mit einer

Studentin in Musikerkreisen

Bernhard Aichner: ein Totengräber als Held

mit Hang zum Alkohol

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DER TRACHTENEXPERTE FÜR DAMEN, HERREN & KINDERLeopoldstr. 28, 6020 Innsbruck, Tel.: + 43 512 578691, Fax: 573738

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Fotos: Thomas Bause, Oliver Kurzemann

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49 SAISON

KOMMENTARE

Auf der Suche nach einem Tiroler Lebensgefühl VON ALOIS SCHÖPF

Die Hochschaubahn im Wald VON ERNS T MOLDEN

Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.

Ernst Molden lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Sein neues Album ES LEM (monkeymusic) wurde eben mit dem Preis der Deutschen Schall-plattenkritik ausgezeichnet.

V or ein paar Wochen fuhr ich spät nachts durch

eines unserer wunderschönen Dörfer, in dessen

Zentrum ein Dor� est beim Ausklingen war. Ich

muss heute noch lachen, wenn ich das Bild der

wackeren Mander vor mir sehe, die eng umschlungen wie Lie-

bespaare am Straßenrand lagen und jede Menge Bierfl aschen

neben sich stehen hatten, sodass man als Autofahrer richtigge-

hend einen Parcours um sie zu vollführen hatte.

Schon weniger lustig im streng volkskulturellen Sinn fand

ich ein Schützenfest, das mit einem Zapfenstreich erö� net wurde,

bei dem von prominenten Rednern die Traditionen unseres Lan-

des in den Himmel gehoben wurden. Das änderte zu ebener Erde

nichts daran, dass der Eintritt ins Festzelt sieben Euro kostete und

bei üblicher gastronomischer Unterschichtästhetik auf der Bühne

nicht eine Musikkapelle ihr Equipment aufgebaut hatte, sondern

ein aus dem staatlichen Landfunk bekannter DJ. Ich gestehe,

dass mir bei so viel Aggiornamento an die jungbauernschaftliche

Popkultur übel wurde und die Veranstalter zumindest auf meine

Eintrittskarte verzichten mussten.

Endgültig rufschädigend wird es, wenn man bald wö-

chentlich Zeitungsberichte liest, in denen von Raubüberfällen

M eine Liebste und ich verehren die Natur und

gehen gern hinein. Ich bin dabei bedingungslos,

meine Hingabe gehört der Natur mit allen ihren

Bausteinen. Ich nehme alle Pfl anzen und alle

Tiere, sogar die Nacktschnecken, die Gelsen und, okay, die Spinnen,

in mein Herz auf, wenn ich in die Natur hineingehe, denn auch wenn

manche von ihnen nerven, so wäre die Natur doch kleiner, wenn

auch nur eines fehlte, wie es im schönen Lied von den Sterndlein

heißt. Meine Liebste stänkert zwar über einen Teil der Tiere, würde

sich die Natur aber dennoch niemals vermiesen lassen.

Nun, da wir Eltern sind, nehmen wir die Kinder mit in die Na-

tur. Wir mieten uns beispielsweise beim entzückenden Kobichl-

Bauern am Annaberg ein und dann gehen wir hinein in die Natur,

wir zeigen den Kindern alles, und kurz sind sie echt beeindruckt.

Dann aber stößt irgendeins von ihnen jenes Wort hervor, von dem

sich Eltern am meisten fürchten, wenn sie mit den Kindern in der

Natur sind: fad.

Und dann sucht man mitten in der Natur irgendwas, das de-

naturalisiert genug ist, um die Fadesse der Kinder zu beenden. In

Türnitz nicht weit von Annaberg fanden wir schließlich die berühmte

und Schlägereien mit der Polizei bei Sommer-

festen die Rede ist und die Zahl der Verletzten

immer öfter die Zahl der vorhandenen Urinale

übersteigt.

Christoph Engl, der Direktor der Südtiro-

ler Marketinggesellschaft und damit o� zieller

Vordenker eines befreundeten touristischen Hauptkonkurrenten,

wird nicht müde zu betonen, dass es im Tourismus nicht darum

gehe, geografi sche Orte zu verkaufen, sondern dem Konsu-

menten ein besonderes Lebensgefühl zu vermitteln. Wie das die

Toskana seit Jahrzehnten vormache! Und wie es sich

Südtirol zum Vorbild nehme.

Ja, lieber Dr. Engl, ich möchte mich hundert-

prozentig Ihrer Sicht der Dinge anschließen! Leider

überkommt mich dabei eine gewisse Panik, die sich

verstärkt, wenn mir einfällt, dass bei uns in Nordtirol

einige Orte schon anfangen, mit schlechten Fernsehserien, die

bei ihnen gedreht wurden, um Gäste zu werben. Und mein Zu-

stand verbessert sich mitnichten, wenn ich Revue passieren lasse,

welche Musik und Schlagerstars wir von Tirol aus – betrachtelt

oder nur belederhost – in die Medienwelt entsenden.

Beim besten Willen fi nde ich da kein Lebensgefühl, für das

ich mich nicht schämen müsste und, vor allem, für das unsere

Vier-Sterne-Hotels einen Preis verlangen können, der einen fai-

ren Gewinn verspricht. ×

Sommerrodelbahn, genannt: der Eibl-Jet. – Jaja,

das ist lustig, hatte die Kobichl-Bäuerin eher ge-

seufzt als gesagt. Und ich hatte so Erinnerungen

an eine alte Sommerrodelbahn im Wechselge-

birge, so bemooste Schienenstränge im grünen

Wald, darauf legte man beräderte Bretteln und

fuhr abwärts.

Der Eibl-Jet hingegen war ein brunzgelbes, hochschaubahn-

artiges Ungetüm, dessen Wagerln unter nicht naturnahem Gerassel

erst von einer Kette bergan gezogen wurden, um schließlich über

ein Gestänge, für das ein ganzer Wald hatte fallen müssen, berg-

ab zu rasen. Viel zu kurz für das viele Geld fuhren die Söhne und

ich hinunter. Unten warteten wir auf die Liebste und die

Tochter, die ewig nicht daherkamen. Schließlich sahen wir

das Wagerl, das, von den Damen furchtsam gebremst, zu

Tal glitt. Hinter den Damen kamen fünf weitere Wagerln

mit zornesroten Niederösterreichern, die anschließend

ihr Geld zurückverlangten.

Ich gratulierte meinen Mädels, die sich ein bisschen

schämten, dafür, dass sie den Eibl-Jet mit ihrer Geschwindigkeits-

verweigerung irgendwie renaturalisiert hatten. Abends im weichen

Kobichl-Bett träumte mir, wie abertausende Schnecken, Gelsen und

Spinnen über den Eibl-Jet krochen und ihn bedeckten, bis nichts

mehr von ihm zu sehen war.

„Der Eibl-Jet hingegen war ein brunzgelbes, hochschaubahnartiges Ungetüm, dessen Wagerln unter nicht naturnahem Gerassel erst von einer Kette bergan gezogen wurden.“

„Endgültig rufschädigend wird es, wenn man bald wöchentlich Zeitungsberichte liest, in denen von Raubüberfällen und Schlägereien mit der Polizei bei Sommerfesten die Rede ist.“

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50 SAISON

NACHGEFRAGT

DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Venedig, Barcelona, Hamburg

DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: echtes Interesse am Gast

DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: wahrscheinlich Oberfl ächlichkeit

DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Natur und hervorragende Infrastruktur

DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: vielleicht zu wenig Selbstbewusstsein

DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: wird ho� entlich realisiert

LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Sardinien Sommer 2011

ICH LERNE VON: jedem Mensch, mit dem ich zu tun habe

DAS KÖNNTEN TIROLS TOURISTIKER GUT GEBRAUCHEN: viel Kraft für Innovationen

MEIN LIEBSTER ORT IM ZILLERTAL: mein Zuhause

GENUSS BEDEUTET FÜR MICH: Lebensfreude

DEM SOMMERTOURISMUS FEHLT: leider des Öfteren das schöne Wetter

FÜR DAS ZILLERTAL ERTRÄUME ICH MIR: eine erfolgreiche Weiterentwicklung

ICH BEWUNDERE (PERSON): Woody Allen

ICH ENTSPANNE MICH BEI: einem Glas (Zillertal-)Bier

1 5 FR AG EN A N . . .

Martin Lechner

Martin Lechner ist Geschäfts-führer der Traditionsbrauerei Zillertal Bier.

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