Alpine Meteorologie

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METEOROLOGIE ALPINE Associazione Interregionale Neve e Valanghe Stefano Micheletti Gianni Marigo Renata Pelosini

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Alpine Meteorologie

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  • METEOROLOGIEALPINE

    Associazione InterregionaleNeve e Valanghe

    Stefano MichelettiGianni MarigoRenata Pelosini

  • 2 ALPINE METEOROLOGIE

    VerlagskoordinatorStefano Micheletti

    TexteStefano MichelettiOSMER-ARPA FVG, via Oberdan 18/A, I-33040 Visco UD, tel. +39 0432 934111, [email protected]

    Gianni MarigoARPAV - DST - Servizio Centro Valanghe di Arabba, Via Pradat 5, I-32020 Arabba - Livinallongo del Col di Lana (BL), tel. +39 0436 755711, [email protected]

    Renata PelosiniDipartimento Tematico Sistemi Previsionali, Arpa Piemonte, Via Pio VII 9, I-10135 Torino, tel. +39 011 19681340, [email protected]

    Grafische Umsetzung Mottarella Studio Graficowww.mottarella.com

    Fotos 2010 Lodovico Mottarella: Titelseite, Seite 4, 6-7, 8, 10, 14, 16, 17, 21, 22, 24, 30, 37, 39 (alto), 41, 43, 44, 45, 46, 52, 54, 55, 56, 58, 59, 60, 62, 63, 66, 69, 71

    Riccardo Scotti: Seite 2-3, 23, 25, 32, 64, 67

    Mauro Valt: Seite 27, 39 (unten), 57

    Erscheinungsjahr Italienische Ausgabe 2010Deutsche Ausgabe 2013 bersetzung: Hydrographisches Amt, Autonome Provinz Bozen

    AINEVAAssociazione interregionale di coordinamento e documentazione per i problemi inerenti alla neve e alle valanghe

    Vicolo dellAdige, 1838122 Trentotel 0461 [email protected]

    2010 AINEVA, Trento, Italy

    Namensnennung - nicht kommerziell - keine Bearbeitung 2.5 Italien

  • 3ALPINE METEOROLOGIE

    ALPINE

    Stefano MichelettiGianni Marigo

    Renata Pelosini

    Associazione InterregionaleNeve e Valanghe

    METEOROLOGIE

  • 4 ALPINE METEOROLOGIE

    E I N F H R U N G

  • 5ALPINE METEOROLOGIE

    AINEVA erforscht die Phnomene, die die

    Bergwelt im Winter charakterisieren und

    stellt der ffentlichkeit das Buch Alpine

    Meteorologie vor. Es soll den Lesern auf

    mglichst anschauliche Art und Weise, aber doch

    unter Einhaltung wissenschaftlicher Grundstze,

    eine Einfhrung in die Wetter- und Schneekunde

    bieten.

    Seit der Mensch die Gebirge bevlkert, hat das

    Wetter besonderen Einfluss auf sein Leben,

    die wirtschaftliche Ttigkeit und die Freizeit.

    Viele Unflle lassen sich direkt oder indirekt

    auf die Wetterbedingungen zurckfhren. In

    diesem Buch wird der Einfluss des Wetters auf

    die Umwelt im Gebirge, den Schnee und die

    menschlichen Aktivitten nach dem Grundsatz

    Sicherheit durch Wissen beschrieben. AINEVA

    will den Lesern Instrumente vermitteln, mit

    denen sie die Gefahren im Gebirge besser

    einschtzen knnen. Gleichzeitig soll dieses Buch

    auch zum Respekt und zur Wertschtzung der

    Bergwelt und Natur beitragen.

  • DAS BERGWETTER

    METEOROLOGISCHE GRENORDNUNGENDie Temperaturnderung mit der Hhe und Nullgradgrenzenderung in Abhngigkeit von Exposition, Hangneigung und Bodenbeschaffenheitnderung im Tagesverlauf (Tagesgang der Temperatur) Jahreszeitliche nderung Zusammenhang zwischen Luft- und SchneetemperaturDie Luftfeuchtigkeit Der Luftdrucknderung in Raum und Zeit nderung mit der Hhe Der HhenmesserDer Wind Windstrke Windrichtung

    TIEFS, HOCHS UND FRONTENDynamische und thermische Hoch- und Tiefdruckgebiete; der WindDie FrontenDie Warmfront Die Kaltfront Die Fronten im Sommer Die Fronten in den Alpen

    TYPISCHE METEOROLOGISCHE PHNOMENE DER ALPENStabilitt und LabilittDas GewitterStau und FhnDer Stau Der FhnDie TemperaturinversionDie Bodeninversion Die Hheninversion Wolken, Nebel und Dunst Die SchneefallgrenzeAbhngigkeit von der Frostgrenze, Niederschlagsintensitt und -dauer Abhngigkeit von Temperaturinversionen Abhngigkeit von der Talorografie Abhngigkeit von der geografischen Lage

    9

    1010

    1618

    19

    222224

    3030

    34

    38

    40

    INHALTSVE

    RZEICH

    NIS

  • Der Wind im GebirgeEinfluss mechanischer Eigenschaften des Bodens Einfluss thermischer Eigenschaften des Bodens: Talwindsysteme Der Gletscherwind

    DIE WETTERLAGEN IN DEN ALPENDas HochdruckwetterWelches Wetter bewirkt hoher Luftdruck? Verschiedene Hochdruckgebiete und das dazugehrige WetterDas TiefdruckwetterDie Fronten in den Alpen Die MittelmeertiefsFlache Druckverteilung (bergangslage)Vom Hoch zum Tief ... und umgekehrt

    DIE EIGENSCHAFTEN DER WOLKENDie Wolkenformen Die Wolkenklassifikation und deren meteorologische BedeutungHohe Wolken Mittelhohe Wolken Tiefe Wolken Wolken mit groer vertikaler MchtigkeitDie Farben der Wolken

    DIE WETTERGEFAHREN IM GEBIRGEDie schlechte Sicht Hitze, Sonne und deren Einfluss auf den menschlichen Krper Der Klteeinfluss auf den Menschen: Die Unterkhlung Der Wind Die ultraviolette Strahlung Die Blitze Kaltlufteinbrche im Sommer Die Lawinen

    LITERATURVERZEICHNIS

    DIE WETTERDIENSTE IN DEN ITALIENISCHEN ALPEN

    43

    4646

    49

    51

    525252

    57

    585960616163656667

    70

    71

  • 8 ALPINE METEOROLOGIE

  • 9ALPINE METEOROLOGIE

    Unsere Freizeitaktivitten, besonders jene auf den Bergen, sind oft von meteorologischen Bedingungen und atmosphrischen Phnomenen abhngig, die unter Umstnden ziemlich gefhr-lich werden knnen.Was ist aber das Wetter? Und was unterscheidet es vom Klima? Unter Wetter versteht man den atmosphrischen Zustand (Luft-temperatur, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Windrichtung und -geschwindigkeit, eventuelle Niederschlge, usw.), der an einem bestimmten Ort zu einem kurzen Augenblick beobachtet wird. Es handelt sich dabei also um eine Momentaufnahme. So-bald man sich als Beobachter an einen anderen Ort begibt oder das Wetter kurze Zeit spter verfolgt, gibt es mit Sicherheit ein anderes Wetter.Wetter und Klima sind zwei unterschiedliche Dinge: Das Wetter wird durch die aktuell an einem bestimmten Ort vorherrschen-den meteorologischen Bedingungen charakterisiert. Unter Klima versteht man hingegen den mittleren Zustand, die Variabilitt und die Entwicklung der atmosphrischen Parameter auf einen langen Zeitraum (ber Jahrzehnte oder Jahrhunderte, meist wird eine Mindestzeit von 30 Jahren verwendet) bezogen. Eine der zentralen Eigenschaften der Meteorologie ist ihre Variabilitt: Die Physik der Atmosphre ist uerst komplex und in gewis-ser Weise auch chaotisch. Zudem setzt sie sich aus unzhligen Elementen zusammen, die sich andauernd verndern und mitei-nander interagieren. Die genaue Beschreibung der Entwicklung dieser Zustnde ist sehr schwierig, wenn nicht sogar unmglich.Ein wichtiges Element, das das Wetter auf den Bergen beein-

    flusst, ist die Orografie: Ein erstes Beispiel ist der Fhn, dessen Ursache in der berstrmung von Gebirgen liegt. Auch die eisi-ge Klte, die sich im Winter in manchen inneralpinen Talsohlen bildet, lsst sich auf die spezielle Form der Tler zurck fhren. Ebenso entstehen lokale Talwindsysteme aufgrund des Tempe-raturunterschieds, der sich durch die ungleichmige Erwrm-ung von Tal und Ebene einstellt, da jeweils unterschiedlich viel Sonnenstrahlung auf die Oberflche trifft.Hufiges Verfolgen des Wettergeschehens erlaubt eine kurzfri-stige Vorhersage desselben fr die unmittelbare Zukunft: Durch aufmerksames Beobachten der Entwicklungsstadien von Quellwolken kann eine Aussage ber das Wetter in den darauf folgenden Stunden gemacht werden. Ebenso kann etwa die Drehung des Windes ein Anzeichen fr eine Wetterbesserung oder -verschlechterung sein. Auch ein pltzliches Absinken des Luftdrucks kann als Vorwarnung fr ein bevorstehendes Gewit-ter gelten.Manche Wetterweisheiten sind durchaus zutreffend - das bekannte Sprichwort Abendrot - Schnwetterbot kann im Alpenraum meistens als gltig angesehen werden, manchmal ist die Entwicklung der atmosphrischen Bedingungen jedoch auch von lokalen orografischen Gegebenheiten abhngig. Ver-steht man die zentralen Mechanismen, die das Wetter in den Bergen steuern, und wei man zudem genauestens ber das Vorhersagegebiet Bescheid, so sind das gute Voraussetzungen um Ausflge auf den Bergen unter sicheren Bedingungen zu planen und durchzufhren.

    DAS BERGWETTER

  • 10 ALPINE METEOROLOGIE

    Um meteorologische Phnomene beschreiben und mitei-nander vergleichen zu knnen, mssen wir zunchst einige physikalische Grundeigenschaften der Luft kennen lernen: Gemeint sind Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Wind. Aber was ist Luft berhaupt? Normalerweise versteht man unter Luft das Gasgemisch, das unseren Planeten mit einer dnnen Schicht berzieht und die Erdatmosphre bildet. Diese Luft setzt sich aus unzhligen Partikeln, den so genannten Gasmoleklen zusammen. Standardmig besteht die trockene Atmosphre in den untersten 100 km ber der Erdoberflche zum Groteil aus Stickstoff (ca. 78 % der Masse), Sauerstoff (ca. 21 %) und Argon (ca. 0,9 %) sowie aus weiteren Spurengasen. In der Regel ist die Atmosphre aber nicht vllig trocken: Eine weitere Komponente der Luft ist Wasser, meist in gasfrmigem Zustand (Wasser-dampf). In den untersten 10 bis 15 km der Atmosphre variiert seine Konzentration zwischen 0 und 3 %. Obwohl Wasserdampf nur in geringen Mengen auftritt und diese zudem zeitlich stark schwanken, ist Wasser fundamental fr das Wetter ebenso fr das Leben.

    DIE TEMPERATURWAS IST TEMPERATUR UND WIE WIRD SIE GEMESSEN?Die Temperatur ist ein Ma fr die Erwrmung der Luft, die aus dem Gleichgewicht zwischen eingehender Sonnenstrahlung und austretender Wrmestrahlung der Erde resultiert. Die Erwrmung ist abhngig von der Lage (geographische Lnge und Breite, Hhenlage, Exposition, Neigung und Gelndeform), von der Jahreszeit und vom Wetter. Gemessen wird die Tem-peratur mit einem Thermometer, das laut Vorgaben 2 m ber dem Boden angebracht werden soll. Die Einheit der Temperatur

    METEOROLOGISCHE GRENORDNUNGEN

  • 11ALPINE METEOROLOGIE

    100

    3169

    48

    49

    20

    723

    23

    9

    10212

    9

    114

    95

    Strahlung von der Erdoberflche

    Treibhausgase

    Atmosphri-sches Fenster

    Von der Atmosphre emittierte Strahlung

    Von der Atmosphre absorbierte

    Sonnenstrahlung

    Langwellige Ausstrahlung

    235 Wm

    Einfallende Sonnenstrahlung

    342 Wm-2

    Reflektierte Sonnenstrahlung

    107 Wm

    Rckgestreute Energie von der

    Atmosphre und den

    Treibhausgasen

    Von Wolken, Aerosolen und der

    Atmosphre reflektierte

    Sonnenstrahlung

    Von der Erdoberflche

    reflektierte Strahlung

    Verdunstungswrme

    Absorption von der Erdoberflche

    Von der Erdoberflche absorbierte

    Sonnenstrahlung

    Evapotranspiration Thermik

    ist Grad Celsius (C). Die Skala wurde so definiert, dass Wasser bei 0C gefriert und bei 100C kocht. Das dazwischen liegende Intervall wird in gleichen Schritten unterteilt.

    DAS TEMPERATURVERHALTEN UND DESSEN URSACHENnderung mit der Hhe und NullgradgrenzeDie kurzwellige Sonnenstrahlung durchdringt die Atmosphre nahezu ohne Energieverlust (ein Bruchteil wird von Wolken und Luft absorbiert oder reflektiert). Die Luft wird also nur in geringem Ma direkt von der kurzwelligen Sonnenstrahlung erwrmt. Die Erdoberflche absorbiert einen groen Teil der eintreffenden Sonnenstrahlung und erwrmt sich dabei stark (felsiger Untergrund absorbiert ca. 70-80 % der Strahlung, be-grnte Flchen bis zu 90 %, frischer Schnee 10 %, die brigen

    90% werden reflektiert, alter Schnee reflektiert noch ca. 60 %). Die erwrmte Erdoberflche emittiert langwellige Strahlung, die durch direkten Kontakt, durch Strahlung und Konvektion (war-me Luft steigt auf) von der darber liegenden Luftschicht auf-genommen werden kann. Dieser Prozess, der zur Erwrmung der Luft fhrt, nimmt mit zunehmender Hhe ab; im Mittel sinkt die Temperatur um 0,6C pro 100 m (in feuchter Atmosphre ca. 0,4 bis 0,5C pro100 m, in trockener Atmosphre ca. 1C/100 m). Mit steigender Hhe wird irgendwann die Nullgradgrenze erreicht, oberhalb dieser Zone bleibt die Temperatur in der Regel unter 0C. Die Nullgradgrenze wird in der freien Atmosphre abseits von Bergen und anderen Erhebungen ermittelt: Es wre nicht kor-rekt auf Messwerte zurckzugreifen die von Bodenstationen stammen, da diese stark vom Gelnde, der Lage (Tal/ Berg), Ex-position, Schneebedeckung und Bewlkung beeinflusst werden.

    METEOROLOGISCHE GRENORDNUNGEN

    Abb.1Die Energiebilanz der Erde

  • 12 ALPINE METEOROLOGIE

    Hhekm

    4

    3

    2

    1

    0

    0C

    +15 +10 +5 0 -5 -10 -15 C Temperatur

    0-Grenze

    Freie Atmosphre

    2200 m

    Inversion

    Die gemessene Nullgradgrenze im Gelnde kann signifikant von jener in der freien Atmosphre abweichen. Dieser Unterschied resultiert aus den Einflssen von Wetter und Bodenbeschaffen-heit: Bei klarem Himmel und Windstille wird sich tagsber der Nullpunkt am Berghang leicht oberhalb der Nullgradgrenze der freien Atmosphre befinden (auer an schattigen Hngen). In der Nacht hingegen sinkt der Nullpunkt am Gelnde deutlich unter die Nullgradgrenze der freien Atmosphre. Wenn hinge-gen dichte Wolken und Wind das Wetter beherrschen, nhern sich Nullgradgrenze im Gelnde und Nullgradgrenze in der At-mosphre einander an.

    nderungen in Abhngigkeit von Exposition, Hangneigung und BodenbeschaffenheitDie Lufttemperatur am Boden hngt stark von der Exposition des Gelndes und der Hangneigung ab. Sdhnge erhalten zum Beispiel etwa das Vierfache an Sonnenstrahlung als Nordhn-ge, West- und Osthnge ca. das Doppelte. Im Winter heizt die tief stehende Sonne steile Flchen viel strker auf als ebenes Gelnde. Der Einfluss von Exposition und Hangneigung wird besonders an den Vernderungen und Auswirkungen auf die

    Schneedecke ersichtlich. Die Temperatur wird aber auch von der Bodenbeschaffenheit und Vegetation mageblich beein-flusst. Ein felsiger und trockener Untergrund heizt sich tagsber schneller auf und khlt nachts strker aus als ein bewachsener und dementsprechend feuchter Untergrund.

    nderung im Tagesverlauf (Tagesgang der Temperatur)Betrachten wir noch einmal die Energiebilanz: Bei sonnigem und stabilem Wetter ist der Energieeintrag von der Sonne zur Erdoberflche ab dem spten Nachmittag geringer als der Ener-gieverlust durch die langwellige Wrmeabstrahlung vom Bo-den in den Weltraum (siehe Seite 11). In der Folge khlen die bodennahen Luftschichten immer weiter aus und die Tempe-ratur sinkt bis zum Sonnenaufgang. Tagsber erhlt die Erd- oberflche hingegen mehr Energie von der Sonne, als sie in den Weltraum abstrahlt. Die Energiebilanz ist somit positiv und dementsprechend erwrmen sich der Boden und die darber liegende Luftschicht zunehmend. Die Temperatur steigt solan-ge an, bis am Nachmittag die Sonne wieder tief steht und die Energiebilanz zunchst ausgeglichen und dann erneut negativ

    Abb. 2Temperaturnderung

    mit der Hhe und Nullgradgrenze

  • 13ALPINE METEOROLOGIE

    C

    181614121086420

    -21 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23

    Torino

    MITTLERE TEMPERATUR 1990-2007

    Sestriere M. Fraiteve (2701 m)

    Stunde

    b

    a

    Felsregionen

    Wiesen

    Wlder

    c

    N

    S

    OW

    wird. Der Zyklus kann nun wieder von vorne beginnen. Der Tem-peraturverlauf hat also einen tglichen Zyklus: Das Minimum wird meist kurz vor Sonnenaufgang registriert, das Maximum am frhen Nachmittag. Im Flachland sind die Extremwerte der Temperatur zeitlich leicht nach hinten verschoben. Die Differenz zwischen Maximum- und Minimumtemperatur bezeichnet man

    als Tagesgang der Temperatur. Wenn der Himmel bedeckt ist, so ist der Tagesgang gedmpft, einerseits durch die geringere Son-neneinstrahlung und andererseits durch die kleinere nchtliche Wrmeabstrahlung in den Weltraum. In sternenklaren Nchten kann die Minimumtemperatur hingegen sehr tiefe Werte errei-chen und der Tagesgang wird gro.

    C

    30

    25

    20

    15

    10

    5

    01 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23

    23 Mai 2010

    TEMPERATUR IN UDINE

    4 Mai 2010

    Stunde

    Abb. 3Temperaturnderung nach a) Exposition, b) Hangneigung und c) Bodenbeschaffenheit

    Abb. 4Typischer Temperaturverlauf whrend eines Strahlungstages und eines bedeckten Tages

    Abb. 5Mittlerer Tagesgang der Temperatur im Flachland und auf einem Berggipfel

  • 14 ALPINE METEOROLOGIE

  • 15ALPINE METEOROLOGIE

    Qs = SonnenenergieQs = reflektierte Energie (ca. 80-90%, abhngig von der Korngre, Dichte und Reinheit)Qs= Energiegewinn (Qs- Qs)QA = Wrmeleitung der trockenen LuftQR = Energieverlust durch RckstreuungQE = Energieverlust durch Verdunstung

    Qs+ QA < QR + QE

    Trockene Luft > 0C

    Schneeschicht

    QsQs

    QRQE

    QAQs

    ENERGIEBILANZ EINER SCHNEEOBERFLCHE

    Jahreszeitliche nderungDie Neigung der Erdachse ist fr die verschiedenen Jahreszeiten mit ihren Temperaturnderungen verantwortlich. Im Jahresver-lauf ndert sich sowohl der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung zur Erdoberflche als auch die tgliche Sonnenscheindauer. In unseren Breiten betrgt die im Jnner einfallende Sonnenein-strahlung nur ca. 20 % von jener im Juli. Folglich ist es, wie wir alle wissen, im Sommer deutlich wrmer als im Winter. In den Tlern sind die saisonalen, wie auch die tglichen Tempe-raturschwankungen viel strker ausgeprgt als auf den Bergen. So sammelt sich im Winter in den Tlern Kaltluft und die Ein-strahlung ist aufgrund der Abschattung durch die Berge gering. In der Hhe wirkt sich das Mikroklima weniger stark aus, hier ist die Temperatur deutlicher an Luftmassen gekoppelt und die tg-lichen sowie saisonalen Schwankungen sind im Vergleich zum Tal weniger stark ausgeprgt.

    Zusammenhang Zwischen Luft- und SchneetemperaturAuch wenn sich die Lufttemperatur proportional mit der Bo-dentemperatur ndert, knnen diese voneinander erheblich abweichen. Denken wir zum Beispiel an eine schneebedeckte Oberflche: Eine Schneedecke erwrmt sich kaum, weder durch die direkte Sonneneinstrahlung (Neuschnee reflektiert 90% der einfallenden Sonnenstrahlung), noch durch Wrmeleitung von darber liegenden milden und trockenen Luftschichten. Bei hoher relativer Luftfeuchte erfolgt hingegen ein Wasser-dampftransport von der Luft zur Schneeoberflche. Bei dieser Phasenumwandlung wird Energie frei, welche zu einer Erwrmung der oberen Schneeschichten fhrt. So wird bei Schlechtwetter und hoher relativer Luftfeuchte die Schneedecke angefeuchtet und deren Oberflchentemperatur nhert sich der Lufttemperatur an. In klaren Nchten verliert die Schneedecke durch langwellige Wrmeabstrahlung viel Energie und khlt stark aus, am meisten bei trockener Luft und schwachem Wind. Auch die Verdunstung von der Schneeoberflche (Sublimation genannt) fhrt zu einer weiteren Abkhlung. Die Schneeoberflche ist dann viel klter als die darber liegenden Luftschichten. So kann die Frostgren-ze, also die Hhe in der die Schneeoberflche friert, deutlich tiefer liegen als die Nullgradgrenze der Luft. Bei Schlechtwetter nhern sich beide an. Die negative Energiebilanz der Schnee-

    Abb.6Mittlerer jhrlicher Tagesgang der Temperatur in der Ebene und auf einem Berggipfel

    Abb.7Energiebilanz einer Schneeoberflche

    Auf der gegenberliegenden Seite: die Farben der Jahreszeiten in den Bergen

    C

    25

    20

    15

    10

    5

    0

    -5

    -10Jn Feb Mr Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

    Torino

    MONATSMITTELTEMPERATUREN 1990-2007

    Sestriere M. Fraiteve (2701 m)

    Monat

  • 16 ALPINE METEOROLOGIE

    oberflche im Winter ermglicht den Fortbestand der Schnee-decke, auch wenn die Lufttemperatur ber Null Grad ansteigt. Der Schnee konserviert sich sozusagen von selbst. Im Frhjahr wird die Energiebilanz hingegen positiv und die Schneedecke wandelt sich schneller um.

    DIE LUFTFEUCHTIGKEITDEFINITION UND MESSVERFAHRENDie Luftfeuchtigkeit ist ein Ma fr die Menge an Wasser-dampf in einem Luftpaket und verhlt sich proportional zur Temperatur. Gewhnlich wird in der Meteorologie die relative Feuchte angegeben. Sie ist das Verhltnis zwischen der effektiv vorhandenen und der bei konstanter Temperatur und konstan-tem Druck maximal mglichen Menge an Wasserdampf in ei-nem Luftpaket. Ist ein Luftpaket bersttigt, d.h. es sind mehr Wasserdampfmolekle vorhanden als es aufnehmen kann (z.B. durch Verdunstung vom Boden oder von einer Wasserober-flche), dann kommt es zur Kondensation. Unter Kondensation versteht man den bergang von der gasfrmigen in die flssi-ge Phase. Bei diesem Phasenbergang wird Energie freigesetzt, man spricht dabei von latenter Wrme. Die Luftfeuchte wird mit einem so genannten Hygrometer gemessen, welches zwei Meter ber Grund aufgestellt wird. Als Verhltnis zwischen zwei Mengen wird die relative Luftfeuchte in Prozent angege-ben (0 bis 100 %).

    WIE VERHLT SICH DIE LUFTFEUCHTIGKEIT?Die relative Feuchte ist von der Temperatur abhngig und verhlt sich zu dieser umgekehrt proportional. So nimmt die relative Feuchte bei zunehmender Temperatur ab und bei ab-nehmender Temperatur zu. Bei sonnigem Hochdruckwetter ist der Tagesgang der Luftfeuchte invers zur Temperatur: Vor Son- nenaufgang erreicht die Luftfeuchte ihr Maximum und am frhen Nachmittag ihr Minimum. Der Temperaturverlauf ist genau umgekehrt. Bei Regen oder Nebel steigt die relative Feuchte auf 100 %, whrend sie bei trockenem und sonnigem Wetter unter 20 % fallen kann. Die geringste Luftfeuchte wird im Hochge-birge whrend einer stabilen Hochdrucklage in den Winter-monaten gemessen (10-15 %). Wasserdampf ist in der Atmo-sphre unsichtbar, erst bei einer relativen Feuchte von mehr als 95-98 % setzt Kondensation ein und es bilden sich kleine

  • 17ALPINE METEOROLOGIE

    g/m3

    30

    25

    20

    15

    10

    5

    0-10 0 10 20 30 40 C

    Temperatur

    ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DER MAXIMALEN WASSERDAMPFMENGE UND TEMPERATUR

    flssiges Wasser

    Sttigungskurve

    Wasserdampf

    100% 75% 50% 25%

    EIS WASSER WASSERDAMPF

    Sublimation- 680 kcal ca.

    Schmelzen- 80 kcal ca.

    Verdunstung- 600 kcal ca.

    Gefrieren+ 80 kcal ca.

    Kondensation+ 600 kcal ca.

    Resublimation+ 680 kcal ca.

    C

    30

    25

    20

    15

    10

    5

    0

    %

    100

    80

    60

    40

    20

    01 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23

    Temperatur

    UDINE 23. MAI 2010

    Feuchtigkeit

    Stunde

    Wolkentrpfchen, die als Nebel oder Wolken sichtbar werden. In Bodennhe variiert die relative Luftfeuchte je nach Bodenbe-schaffenheit und Vegetation. ber Felswnden ist die Feuchte zum Beispiel geringer als ber einem Wald. In der Nhe von Seen oder Flssen steigt die Luftfeuchte markant an.

    Abb. 8Zusammenhang zwischen der maximalen Wasserdampfmenge und Temperatur

    Abb. 9Die Phasenbergnge des Wassers und der dazugehrige latente Wrmeaustausch bezogen auf 1 kg bei 0C

    Abb. 10Typischer Tagesgang der Temperatur und Luftfeuchte

    Auf dem Foto gegenber: Ein Bild das die Aggregatzustnde des Wassers gut zeigt.

    Auf der gegenberliegenden Seite: Die Schneeoberflche in Kontakt mit der Luft

  • 18 ALPINE METEOROLOGIE

    Standarddruck 1013 hPa

    Atlantisches Tief 980 - 920 hPa

    Mittelmeertief 995 - 990 hPa

    Hurrikan < 900 hPa

    Sommerliches Hoch 1020 hPa

    Winterliches Hoch 1035 - 1040 hPa

    Sibirisches Hoch 1060 hPa

    Erdoberflche

    NIEDRIGE DICHTE

    Druck = Gewicht/Flche

    ALTA DENSITHOHE DICHTE

    forza di gravitGRAVITATIONSKRAFT

    quotaHHE

    DER LUFTDRUCKDEFINITION UND MESSVERFAHRENDie Luftdichte und der Luftdruck sind zwei Gren, welche beschreiben wie viel Luft wiegt. Die Luftpakete werden so wie jedes andere Objekt von der Erdanziehung (Gravitationskraft) nach unten Richtung Erdmitte gezogen. Die Luft hat also ein Gewicht und konzentriert sich auf die bodennahen Schichten.

    Die Luftdichte, also ihr Gewicht auf einer Flche von einem Kubikmeter, hngt von der Anzahl der Partikel ab. Da die Anzahl der Luftpartikel nahe an der Erdoberflche grer ist als in der Hhe, ist die Luftdichte in Bodennhe grer. Die Luftdichte hngt auerdem von der Temperatur ab: kalte Luft hat eine hhere Dichte und wiegt mehr als warme Luft.

    Der Luftdruck ist als Kraft definiert, welche eine Luftsule durch ihr Gewicht auf die Erdoberflche ausbt. Gemessen wird der Luftdruck mit einem so genannten Ba-rometer in der physikalischen Einheit hPa (Hektopascal). Die Einheit Millibar wird heute kaum mehr verwendet. 1 Hektopas- cal entspricht einer Kraft von 100 Newton auf einer Flche von einem Quadratmeter. In Meeresniveau betrgt der Luftdruck standardmig 1013,25 hPa.

    LUFTDRUCKNDERUNGEN UND URSACHENBei der Beobachtung des Luftdrucks ist man nicht so sehr an den absoluten Werten, sondern vielmehr am zeitlichen und rumlichen Verlauf interessiert. Rumlich ndert sich der Druck sowohl in der Horizontalen als auch vertikal (mit der Hhe).

    nderung in Raum und ZeitDer Luftdruck ist nicht stationr, sondern ndert sich in Zeit und Raum in Abhngigkeit von meteorologischen Systemen wie Tief- und Hochdruckgebieten.

    Begibt man sich von einem krftigen Tief in ein Gebiet, das von einem ausgedehnten stabilen Hoch beeinflusst wird, so kann der Luftdruck von 950 auf 1050 hPa ansteigen.

    Analog kann sich der Luftdruck an einem fixen Ort, innerhalb weniger Stunden um mehrere Hektopascal ndern. Diese Schwankungen sind vorwiegend an grorumigen Drucksyste-men gebunden (im Gebirge auch 10 bis 20 hPa bei einem Wet-tersturz), aber auch die tglichen Druckschwankungen tragen im geringerem Mae dazu bei (nur wenige hPa).

    Abb. 11Vereinfachte Darstellung:

    Luftdichte und Luftdruck

    Abb. 12Einige typische Werte fr den

    atmosphrischen Druck in Bodennhe

  • 19ALPINE METEOROLOGIE

    eine Luftdruckabnahme von 9,3 hPa je 100 m. In kalter Luft (diese ist dichter und wiegt mehr) nimmt der

    Luftdruck mit der Hhe strker ab als in warmer Luft, da in die-sem Fall mit zunehmender Hhe der Luftsule mehr Gewicht weggenommen wird.

    Der HhenmesserDer Hhenmesser ist ein Messinstrument, das im Gebirge verwendet wird, um die Hhe ber Meeresniveau zu bestimmen. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um ein Barome-ter, das ber die standarisierte Beziehung zwischen Luftdruck und Meereshhe letztere bestimmt. In der Realitt ist, wie wir im vorherigen Kapitel gesehen haben, die Luftdruckabnahme mit der Hhe nicht konstant. So ist es ratsam, den Hhenmes-ser whrend einer Bergtour fters zu eichen, in dem man einer Wanderkarte die Hhenangaben entnimmt. Bleibt man an einem fixen Punkt (zum Beispiel auf einer Berg-htte), so kann der Hhenmesser als Barometer verwendet werden. Eicht man den Hhenmesser bei der Ankunft mit der genauen Hhe und stellt man nach ein paar Stunden fest, dass der Zeiger gefallen ist, dann bedeutet dies, dass der Luftdruck in der Zwischenzeit gestiegen ist.

    DER WINDDEFINITION UND MESSVERFAHRENAlle Luftbewegungen an der Erdoberflche werden als Wind bezeichnet. Beschrieben wird dieser ber seine Geschwin-digkeit (Intensitt oder Strke genannt) und Richtung. Spricht man in der Meteorologie von Wind, so meint man gewhnlich den Wind auf einer horizontalen Flche. Die Ver-tikalkomponente des Windes spielt vor allem bei Gewittern, sowie in Tief- und Hochdruckgebieten eine bedeutende Rolle. Der Wind entsteht als Ausgleichsbewegung zwischen einem Gebiet mit hohem Luftdruck (wo die Luftdichte hoch ist) und einem Ge-biet mit niedrigem Luftruck (wo die Luftdichte gering ist). Die Natur ist stets bestrebt Druckunterschiede auszugleichen, so entsteht ein Lufttransport von Hoch- zu Tiefdruckgebieten. Auf die Luftbewe-gungen wirken folgende Krfte:

    Die Corioliskraft, die durch die Drehbewegung der Erde entsteht, lenkt auf der Nordhalbkugel alle sich bewegenden Objekte nach rechts ab.

    hPa

    1050

    1025

    1000

    975

    9500 12 24

    ore

    0 500 1000km

    A1040

    B960

    LUFTDRUCKNDERUNGEN IN RAUM UND ZEIT

    km

    16

    12

    8

    4

    250 500 750 1000 hPa

    warmer Luft

    LUFTDRUCKNDERUNGEN MIT DER HHE

    kalter Luft

    Alpen

    Himalaya

    nderung mit der HheDer Luftdruck ndert sich mit der Hhe, da er als Gewicht einer Luftsule definiert ist, das auf die Erdoberflche wirkt. Verringert sich die Hhe der Luftsule, so wird auch ihr Gewicht kleiner.

    Die Luftdruckabnahme mit der Hhe verluft nicht konstant, weil auch die Luftdichte und feuchte mit der Hhe nicht kon-stant abnehmen. An der Erdoberflche nimmt der Luftdruck je 100 m um ca. 12 hPa ab, ab 1500 m Hhe um ca. 10 hPa, ab 3000 m ca. 8 hPa und ab 10 km Hhe um 2-3 hPa. Im Mittel ergibt sich

    Abb. 13Luftdrucknderungen in Raum und Zeit

    Abb. 14Luftdrucknderungen mit der Hhe in kalter und warmer Luft

  • 20 ALPINE METEOROLOGIE

    Die Reibungskraft an der Erdoberflche. Vor allem Gebirge ha-ben durch ihre Vertikalerstreckung eine sehr groe Wirkung auf Luftstrmungen.Der Wind ist das Ergebnis der Interaktion dieser Krfte.

    WindstrkeDie Windstrke oder geschwindigkeit wird mit dem Anemo-meter gemessen und in der physikalischen Einheit Meter pro Sekunde ausgedrckt. Hufig erfolgt auch eine Umrechnung in die gelufige Einheit Kilometer pro Stunde (1 m/s = 3,6 km/h).Da der Wind zeitlich stark variiert, besonders im Gebirge, werden die Momentanwerte stets gemittelt. In der Regel berechnet man das Windmittel eines 10-Minuten-Intervalls. Den maximalen Wert in diesem Zeitraum bezeichnet man als Windbe. Dieser Maximalwert kann drei Mal so hoch sein wie die mittlere Wind-geschwindigkeit.

    WindrichtungDie Windrichtung ist die Himmelsrichtung aus der eine Luft-masse strmt. Sie wird mit einer Windfahne ermittelt und als Gradzahl der Kompassrose angegeben. 0 bedeutet Nord, 90 Ost, 180 Sd und 270 West. Spricht man von Westwind, so meint man, dass sich die Luft von West nach Ost bewegt. In der Praxis verwendet man zwei Systeme, um die Windrichtung anzugeben.

    Man unterteilt sie in Quadranten (Nord, Ost, Sd, West) oder Oktanten (N, NO, O, SO, S, SW, W, NW)

    Man ordnet jeder Windrichtung einen Namen zu, der sich vom Ursprung der Luftmasse ableitet (zum Beispiel Scirocco fr Sdwind).

    Auf den Bergen bezeichnet man die dem Wind zugewandte Sei-te als Luv und die dem Wind abgewandte Seite als Lee. Bei Nordwind zum Beispiel liegt Sdtirol im Lee und Nordtirol im Luv der Alpen.

    Reibungskraft

    Druckgradientenkraft

    Corioliskraft

    AA

    B

    1. QUADRA

    NT 2. Q

    UA

    DRANT 3

    . QUA

    DRA

    NT

    4 . Q

    UA

    DRAN

    T TRAMONTANA GRECO

    LE

    VA

    NT

    E SCIRO

    CCO MEZZOGIORNO

    LIB

    ECCI

    O

    PO

    NE

    NT

    E

    M

    AES

    TRAL

    E 0 45 9

    0 135 180

    225

    27

    0

    3

    15

    N NNE NE EN

    E E

    ES

    E SE SSE S S

    SW

    S

    W

    W

    SW

    W

    W

    NW

    N

    W

    NNW

    LUV LEE

    Abb. 15Die Entstehung des

    Windes

    Abb. 16Schematische

    Darstellung der Luv- und Leeseite

    Abb. 17Die Windrose

    Auf der Seite gegenber:

    Schneeverfrachtungen bei starkem Nordwind

  • 21ALPINE METEOROLOGIE

  • 22 ALPINE METEOROLOGIE

    DIE SONNE ALS MOTOR FR ALLE VORGNGE IN DER ATMOSPHREDie primre Energiequelle fr alle Vorgnge in der Atmosphre ist die Sonne. Da die Sonnenstrahlen am quator senkrecht auftreffen und an den Polen nahezu waagrecht, wird die Erd- oberflche ungleichmig erwrmt. Die Tropen erhalten mehr Sonnenenergie als die Pole und heizen sich deshalb strker auf. Durch die atmosphrische Zirkulation werden diese Unter-schiede ber Luftstrmungen ausgeglichen. Warme Luft strmt vom quator Richtung Pol, kalte Luft von den Polen Richtung Tropen. Ohne diesen Energieaustausch wren die Tropen viel wrmer und die Pole viel klter als sie tatschlich sind. Um die-sen Wrmetransport zu ermglichen, gert die Atmosphre in Bewegung. In mittleren Breiten, wo unsere Alpen liegen, tref-fen kalte polare Luftmassen, die sich nach Sden bewegen auf warme, subtropische Luft, welche nach Norden strmt. Durch die Rotation der Erde werden die Luftstrmungen dabei nach rechts, also auf der Nordhalbkugel nach Westen abgelenkt. So bilden sich in der Atmosphre groskalige Strmungen, so ge-nannte planetare Wellen, welche die gesamte Erde umspannen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der West- windzone in den mittleren Breiten.

    DYNAMISCHE UND THERMISCHE HOCH- UND TIEFDRUCKGEBIETE; DER WINDDEFINITION UND ENTSTEHUNGEin dynamisches Hoch (zum Beispiel das Azorenhoch, siehe Seite 48) entsteht durch die Advektion warmer Luftmassen. In Hochdruckgebieten strmt die Luft in der Hhe zusammen (Konvergenz), sinkt anschlieend grorumig ab (Kompression)

    TIEFS, HOCHS UND FRONTEN

  • 23ALPINE METEOROLOGIE

    TIEFDRUCKGEBIET

    DYNAMISCH THERMISCH

    HOCHDRUCKGEBIET

    KALTE LUFT (hohe Dichte)

    WARME LUFT (geringe Dichte)

    B

    B

    A

    B

    WARME LUFT KALTE LUFT A

    A

    B

    A

    und sammelt sich in Bodennhe, wo sie auseinander strmt. Ein Hochdruckgebiet ist somit ein Gebiet hohen Luftdrucks an der Erdoberflche. In einem warmen Hoch nimmt der Druck mit der Hhe nur wenig ab, da es sich um warme Luft mit geringer Dichte handelt. Die Advektion von kalten Luftmassen fhrt zur Bildung dyna-mischer Tiefdruckgebiete (zum Beispiel das Islandtief, siehe Seite 49). In einem Tief hat man in hohen Luftschichten Diver-genz (ein Auseinanderstrmen der Luft). Diese Divergenz ver-ursacht eine Konvergenz (Zusammenstrmen) in Bodennhe und ein grorumiges Aufsteigen von Luft. Ein Tief ist somit ein Gebiet tiefen Luftdrucks an der Erdoberflche. Da es sich um kalte Luft mit hoher Dichte handelt, nimmt der Luftdruck mit zunehmender Hhe strker ab. Es gibt aber auch Tiefs und Hochs die einem thermischen Ent-stehungsmechanismus zugrunde liegen und deshalb eine un-terschiedliche vertikale Struktur aufweisen. Ein thermisches Hoch (zum Beispiel das Sibirische Hoch, siehe Seite 48) entsteht durch die Anreicherung sehr kalter Luftmassen in Bodennhe.

    Auf dem Foto nebenan: Eine Warmfront nhert sich den Alpen

    Abb. 18Vertikalstruktur von dynamischen und thermischen Tiefs und Hochs

  • 24 ALPINE METEOROLOGIE

    A

    B

    WARM

    KALTKLTER

    B

    B

    A

    WARM

    KALTKLTER

    C

    C

    B

    WARM

    KALTKLTER

    D

    B

    Endphase wird nicht immer erreichtTrog Tief

    Tief im Mittelmeer wahrscheinlicher

    Diese verweilen lange genug ber ein Gebiet und fhren zu einem grorumigen Anstieg des Luftdrucks.In einem kalten Hoch nimmt der Druck mit der Hhe stark ab, da sich die Luft mit der hchsten Dichte in Bodennhe befindet. So hat man ber einem kalten Hoch in hohen Luftschichten tie-feren Druck. Ein thermisches Tief entsteht durch eine starke Erwrmung der Luftmassen in Bodennhe, dabei beginnt der Luftdruck zu sinken. Warme Luft hat eine geringe Dichte, daher nimmt der Luftdruck mit zunehmender Hhe nur wenig ab. ber einem warmen Tief liegt daher in hohen Luftschichten ein Hoch. Die Natur versucht stets Luftdruckunterschiede auszugleichen. Der Wind entsteht als Ausgleichsstrmung zwischen Gebieten mit hohem und niedrigem Luftdruck. Dabei wird Luft aus dem

    Hoch in ein Tiefdruckgebiet transportiert, das sich aufzufl-len beginnt (siehe Seite 19). Durch die Erdrotation und Rei-bungskraft an der Erdoberflche drehen sich Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn und Tiefdruckgebiete im Gegenuhrzeigesinn.

    DIE FRONTENENTSTEHUNG, STRUKTUR UND AUSWIRKUNGENEine Front ist als Grenze zwischen zwei oder mehreren unter-schiedlich temperierten Luftmassen definiert. Der Luftmassen- wechsel wird hufig von Niederschlgen, nderungen des Luftdrucks, der Feuchte und, je nach Intensitt, von starkem Wind und einer Winddrehung begleitet. Fronten sind meist an Zyklonen

    Abb. 19Die Entstehung

    eines Frontensystems

  • 25ALPINE METEOROLOGIE

    KLTER KALT

    A C

    WARM

    WARME LUFT

    KALTE LUFT

    As

    Ac

    Sc

    800 km

    8 km

    270 km

    CsCi

    KALTE LUFTWARME LUFT

    StNs

    REGEN

    WARME LUFT

    70 km

    Cs

    WARME LUFT

    Ac

    Sc

    Cb

    Ac

    NsWARME

    LUFT

    KALTE LUFT

    KALTE LUFT

    REGEN

    Abb. 20Vertikalschnitt eines Frontensystems (Ausschnitt B der Abb. 19)

    Abb. 21Vertikal- und Horizontalansicht einer Kaltfront

    Abb. 22Vertikal- und Horizontalansicht einer Warmfront

    Auf den Fotos: oben die Annherung einer Warmfront, nebenan eine Kaltfront

  • 26 ALPINE METEOROLOGIE

    gebunden und verlagern sich mit der vorherrschenden Strmung. Bevorzugt treten sie im Bereich einer Frontalzone auf: Die so ge-nannte Polarfront erstreckt sich als Grenzbereich zwischen polarer Kaltluft und subtropischer Warmluft rund um den Globus.Zunchst verluft die Grenze zwischen warmer und kalter Luft rela-tiv gleichmig. Um ein Gleichgewicht zu erhalten, wird vom qua-tor warme Luft Richtung Pole und von den Polen kalte Luft Richtung Tropen transportiert. Dadurch entstehen so genannte Verwellungen (planetare Wellen). Dort wo die kalte Luft vorankommt, spricht man von Kaltfront, im anderen Fall von Warmfront (Ausschnitt A der Abb. 19). Wo die zwei Fronten aufeinander treffen, entsteht eine Drehbewegung der Luft (Ausschnitt B). Da sich kalte Luft im All-gemeinen schneller bewegt als warme, holt die Kaltfront in der Regel die Warmfront ein (Ausschnitt C). Dabei wird der gesamte Warmsektor gehoben und am Boden schiebt sich die kalte unter die weniger kalte Luft. Man spricht in diesem Fall von einer Okklu-sionsfront. In der Folge beginnt sich das Tief aufzulsen, weil es von der Weststrmung entkoppelt wird und sich langsam auffllt (Ausschnitt D). Die Polarfront wird in der Folge wieder zonaler und ein neuer Zyklus kann beginnen. Abb. 20 zeigt den Querschnitt

    durch eine Kalt- und Warmfront. Die zwei Fronten sind sehr un-terschiedlich: Die Warmfront hat eine fast geradlinige Oberflche und ist mit der Hhe geneigt, die Kaltfront ist hingegen stark nach vorne gewlbt.

    Die WarmfrontBei einer Warmfront gleitet warme Luft ber der kalten auf, da erstere eine geringere Dichte hat und leichter ist (siehe Abb. 22). Beim Aufsteigen dehnt sich die Luft aus und khlt sich ab. Der Wasserdampf kondensiert und es bilden sich stratifor-me (schichtfrmige) Wolken (siehe ab S. 52), die anfangs nur dnn, in der Folge aber immer kompakter werden. Die ersten Wolken die an einer Warmfront auftauchen nennt man Cirren. Anschlieend folgen der sogenannte Cirrostratus, Altostratus und schlielich Nimbostratus. Im Warmsektor hinter der Front finden wir Stratocumuli. Die Niederschlge, die aus einer Warm-front fallen sind zunchst schwach, anschlieend zunehmend strker und stratiform (gleichmig). Whrend eines Warm- frontdurchgangs bleibt der Wind in der Regel schwach und die Temperaturen steigen nach dem Regen an.

    A B C

    D E F

    Abb. 23Kaltfrontdurchgang aus Nordwesten im

    Alpenraum

  • 27ALPINE METEOROLOGIE

    Niederschlge vor der Front

    a

    Stauniederschlge

    blockierte Kaltluft

    neu gebildete

    Regenfront

    b

    Fhnfenster

    Niederschlge an der Front

    Abb. 24Darstellung eines Warmfrontdurchgangs in den Alpen

    Auf den Fotos: Oben eine Warmfront, nebenan eine Kaltfront

  • 28 ALPINE METEOROLOGIE

    1a

    1b

    2b2a

    2c

    Fhn

    2d

    Windstille

    feuchtwarm

    Die KaltfrontBei einer Kaltfront schiebt sich die Kaltluft wie ein Keil unter die warme, da erstere eine hhere Dichte hat und schwerer ist. Dabei wird die warme Luft stark gehoben (siehe Abb. 21). Die in der Regel feuchte, warme Luft dehnt sich dabei aus und khlt ab. In der Folge kommt es zur Kondensation und es bilden sich so genannte Cumulonimbuswolken (siehe ab S. 52). An einer Kaltfront entstehen besonders im Sommer Regenschauer und Gewitter. Die Niederschlge sind meist stark und ungleich-mig in Form von Schauern (konvektiv). Bei Durchgang einer Kaltfront frischt der Wind in der Regel auf und die Temperatu-ren sinken.

    SPEZIALFLLEDie Fronten im SommerIm Hochsommer, wenn die Luftmasse stark erwrmt ist, kann sich ein Frontensystem anders auswirken als in der kalten Jah-reszeit. Ist die Luft sehr warm, braucht es viel Wasserdampf, um das Kondensationsniveau zu erreichen. Oft reicht die Menge an Wasserdampf dafr nicht aus und eine Warmfront macht sich kaum bemerkbar, auer durch dnne hohe Wolkenfelder. Eine Kaltfront wirkt sich in der warmen Jahreszeit hingegen viel strker aus. Im Sommer, wenn der europische Kontinent viel Wrme spei-chert, nehmen khle atlantische Luftmassen in der Regel die Merkmale einer Kaltfront an.

    Die Fronten in den AlpenAuf dem europischen Festland wird die atmosphrische Zir-kulation von den Alpen mageblich beeinflusst. Abb. 23 zeigt den typischen Fall einer Kaltfront, die bei der berquerung der Alpen stark modifiziert und eingebremst wird (auch bis zu 24 Stunden verzgert). Der Niederschlag staut sich an die Nor-dalpen, whrend die kalte Luft die Alpen umfliet, einerseits durch das Rhonetal und andererseits am stlichen Alpenrand. Sammelt sich die Kaltluft sdlich der Alpen (siehe Ausschnitt E), dann sind extreme Wetterphnomene mglich, im Sommer z.B. schwere Gewitter mit Hagel und manchmal sogar Tornados. In der warmen Jahreszeit kommt es vor, dass die durch das Gebirge deformierte und eingebremste Kaltfront, die Alpen zuerst in der Hhe berquert und spter erst am Boden.

    Abb. 25-26Interaktion einer

    Kaltfront mit den Alpen

    Abb. 25Die Kaltfront nhert sich

    einer Gebirgskette an. 1a) stabile Luftmasse:

    Verdichtung der Wolken, krftige Niederschlge

    (Winter) 1b) labile Luftmasse:

    Entstehung von Gewitterclustern

    (Sommer)

    Abb. 26Die Kaltfront steigt an

    der Gebirgskette auf und berquert diese. 2a-b) Kaltluftkrper ist niedriger als der

    Gebirgskamm: a) bei stabiler, b) bei labiler Luftmasse. In beiden

    Fllen bleiben die Niederschlge auf einer Seite der Gebirgskette.

    2c) Kaltluftkrper ist hher als die

    Gebirgskette, in der Hhe weht starker

    Wind: auf der Luvseite des Gebirges

    Niederschlge, auf der Leeseite Fhn.

    2d) Kaltluftkrper ist hher als die

    Gebirgskette, in der Hhe weht schwacher Wind: auf der Luvseite Niederschlge, auf der Leeseite hohe Labilitt

    mit Gewitter.

  • 29ALPINE METEOROLOGIE

    Somit lagert in der Hhe fr einige Stunden sehr kalte Luft, whrend in Bodennhe noch heie und feuchte Luftmassen vorherrschen. Die Abbildungen 24, 25 und 26 zeigen die verschiedenen Varianten eines Kalt- oder Warmfrontdurchgangs in den Alpen.

  • 30 ALPINE METEOROLOGIE

    STABILITT UND LABILITTWAS VERSTEHT MAN DARUNTERDie Luft wird, wie wir schon gehrt haben, nicht direkt durch die Sonnenstrahlung erwrmt, sondern hauptschlich ber die Wrmeabstrahlung vom Boden. So sind die bodennahen Luftschichten unter normalen Bedingungen am wrmsten. Bei zunehmender Entfernung von der Erdoberflche nimmt die Temperatur ab und zwar ziemlich konstant (etwa um 0,6C pro 100 Hhenmeter). In diesem Fall spricht man von neutra-ler Luftschichtung: Das Aufsteigen der Luftmassen wird weder unterdrckt, noch begnstigt. Bei speziellen Wetterlagen kann sich aber auch eine ande-re Luftschichtung einstellen: in der Hhe kann es klter sein als blich und/oder am Boden wrmer (siehe Abb. 27, a) oder umgekehrt (siehe Abb. 27, c). Im ersten Fall (a) wird das Aufsteigen der Luftmassen begns-tigt, die Atmosphre ist labil geschichtet. Im zweiten Fall wer-den die Vertikalbewegungen der Luft unterdrckt, man sagt die Atmosphre verhlt sich stabil.

    WIE KOMMT ES DAZU?Trifft ein Luftpaket auf ein Gebirge, so wird es daran gehoben. Beim Aufsteigen dehnt es sich aus, da der Luftdruck mit der Hhe abnimmt und die Umgebungsluft eine geringere Dichte aufweist. Bei der Expansion khlt sich das Luftpaket (nach dem Gasgesetz fr ideale Gase) nahezu konstant ab (adiabatische Abkhlung, ca. 1C pro 100 Hhenmeter). Erreicht das Luftpaket eine bestimmte Hhe, wo die Umgebungsluft wrmer ist, dann wird das Aufsteigen unterdrckt und die Schichtung wird stabil.

    TYPISCHE METEOROLOGISCHE PHNOMENE DER ALPEN

  • 31ALPINE METEOROLOGIE

    a

    KALT

    WARM

    NORMALERWEISE

    cbklter

    wrmer

    wrmer

    klter

    kalt

    warm

    LABILE ATMOSPHRE

    STABILE ATMOSPHRE

    NEUTRALE ATMOSPHRE

    Hebung wird begnstigt

    Hebung wird unterdrckt

    Hebung wird weder

    begnstigt noch unterdrckt

    Wenn die Umgebungsluft hingegen klter ist, wird das wrmere und somit leichtere Luftpaket immer weiter gehoben und man spricht von labiler Luftschichtung.

    WAS PASSIERT IN EINER LABILEN ODER STABILEN ATMOSPHRE?Im Sommerhalbjahr sind die Luftschichten in Bodennhe, vor allem auf Sdhngen, stark erwrmt und knnen viel Wasser-dampf aufnehmen. Wenn in der Hhe nun gleichzeitig kalte Luft vorherrscht, spricht man von einer labilen Luftschichtung und das Aufsteigen der Luftmassen wird begnstigt. Der Auslsemechanismus fr die Hebung der Luft kann ein orogra-fisches Hindernis (Gebirge) oder eine Front sein. Beim Aufsteigen kommt das warme und feuchte Luftpaket in weniger dichte Umgebungsluft und dehnt sich aus. Bei der Ex-pansion khlt es sich ab und mit der Abkhlung kann es immer weniger Wasserdampf aufnehmen. Der berschssige Wasserdampf kondensiert an so genannten Kondensationskernen und es entstehen immer mehr Wasser-trpfchen oder Eiskristalle, die als Wolken oder Nebel (siehe ab Seite 52) sichtbar werden. Wolken bestehen also aus flssigen Wassertrpfchen oder gefrorenen Eiskristallen, die innerhalb der Wolken zusammenwachsen (Aggregation) und grer wer-den. Wenn die Aufwinde in der Wolke die Wassertropfen oder Eiskristalle nicht mehr in der Schwebe halten knnen, da sie zu schwer geworden sind, fallen sie als Regen oder Schneeflocken zu Boden. Wenn die bodennahe Luft sehr warm und feucht ist, so kann sie durch die starke Hebung rasch abkhlen und es knnen sich Gewitter bilden, die zu Starkregen und Hagel fhren. Bei einer stabil geschichteten Atmosphre wird die Bildung von Wolken und Niederschlag hingegen erschwert, weil das Auf-steigen von Luftmassen und damit die Auskhlung und Kon-densation unterdrckt werden. Eine groe Stabilitt kann sogar ein Absinken von Luft bewirken und schlielich zu Kompression, Erwrmung und Verdunstung von Wasserdampf (Wolkenauflsung) fhren. Eine stabile At-mosphre muss aber nicht immer sonniges Wetter bedeuten, denn es kann sich eine so genannte Inversionslage mit Hochne-bel oder Wolken einstellen (siehe S. 38).

    EIN HUFIGER SPEZIALFALLDas GewitterDie Entwicklung einer Gewitterzelle kann vereinfacht in drei Phasen beschrieben werden.

    Durch die Hebung feuchter und warmer Luft bildet sich eine Cumuluswolke (siehe S. 56). In ihrer Umgebung ist der Himmel zunchst noch gering bewlkt und die Sonneneinstrahlung zur Erdoberflche stark, was die Labilitt begnstigt. Die Wolke wchst wie ein Blumenkohl in die Hhe, an ihrer Obergrenze bilden sich immer neue Wolkenbschel. Innerhalb der Wolke steigt die Luft auf, es bildet sich ein so genannter Aufwind-schlauch. Vom Boden fliet warme und feuchte Luft nach, die sich beim Aufsteigen abkhlt und kondensiert. Bei der Konden-

    Abb. 27Labile, neutrale und stabile Atmosphre

  • 32 ALPINE METEOROLOGIE

    15

    10

    5

    0

    km C

    -51

    -38

    -26

    -16

    -8

    0

    8

    17

    28

    GEBURT REIFEPHASERegenschauerAUFLSUNG

    schwacher Regen

    warme Luft

    Abb. 28Die drei Lebenszyklen

    eines Gewitters

  • 33ALPINE METEOROLOGIE

    sation wird Wrme freigesetzt, so sind die Luftpakete in der Wolke meist wrmer als ihre Umgebungsluft und die Hebung wird weiter begnstigt. Je labiler die Atmosphre ist, umso strker ist das Aufsteigen. Innerhalb kurzer Zeit kann aus einer kleinen Cumuluswolke somit eine imposante Gewitterwolke entstehen. An deren Oberflche wachsen weitere Wolkentr-me in die Hhe, Niederschlag fllt in dieser Phase aber noch nicht.

    In der Reifephase des Gewitters, bildet sich in der Wolke zustzlich eine abwrtsgerichtete Strmung, also ein Abwindschlauch aus. Im Aufwindbereich ist die Nullgrad- grenze hher als im Abwindbereich. Die Gewitterwolke hat sich jetzt voll entwickelt und man bezeichnet sie als Cumu-lonimbus-Wolke (siehe S. 56). An ihrer Oberseite nimmt sie nun die Form eines Amboss an. Der Himmel wird jetzt auch von anderen Wolken bedeckt und an ihrer Unterseite sieht die Wolke schwarz und bedrohlich aus. In der Gewitterwolke finden Niederschlagsprozesse statt und teils starker Regen, manchmal auch Hagel fallen zu Boden. In Bodennhe knn-en auerdem heftige Windben auftreten und bei schweren

    Gewittern sind sogar Tornados (im Alpenraum allerdings sel-ten) mglich. Die Wolkenstruktur ist nicht mehr scharf abge-grenzt, sondern verschwommen.

    In der Auflsungsphase wird der Aufwindbereich vom Abwindbereich abgeschnitten und es strmt keine warme und feuchte Luft mehr in die Gewitterwolke nach. Damit verliert das Gewitter seinen Treibstoff um sich weiter am Leben zu erhalten. Es gibt nur mehr eine abwrtsgerichtete Strmung und die Gewitterwolke lst sich auf. In der Regel breitet sich die Wolke an ihrer Oberseite horizontal in Windrichtung aus und beginnt auszufasern.

    Die GewittertypenGewitter zhlen zu den charakteristischen Wetterphnomenen der Alpen und knnen verschiedenen Auslsemechanismen zugrunde liegen:

    Kaltfrontgewitter - wenn sich die Kaltluft unter die warme und feuchte Luft schiebt und diese schlagartig hebt.

    Hhenkaltluft - wenn kalte Luft in der Hhe lagert, den Bo-den aber nicht erreicht

    Postfrontales Gewitter - wenn nach Frontdurchgang der warme Boden die Luft erneut aufheizt

    Wrmegewitter - wenn sich die bodennahe Luft im Sommer stark aufheizt.

    Blitz und DonnerIn der Gewitterwolke entstehen durch die turbulenten Strm-ungen und die daraus resultierenden Zusammenste zwi-schen Regentropfen und Eiskristallen Bereiche mit negativ und positiv geladenen Teilchen. Die leichteren und positiv geladenen Eiskristalle wandern in den oberen Wolkenbereich, whrend die schwereren und negativ geladenen Regentropfen und Hagelkrner sich im unteren Wolkenteil ansammeln. So entsteht sowohl innerhalb der Wolke als auch zwischen zwei Gewitterwolken ein Potentialunterschied. Wenn dieser ein kri-tisches Limit berschreitet, dann folgt eine elektrische Entla-dung (Potenialausgleich), die als Blitz sichtbar wird. Wir knnen den Blitz sehen, da in sehr kurzer Zeit viel Licht freigesetzt wird und die Luft, durch die er sich ausbreitet, erhitzt wird. Der vom Blitz erhitzte Luftkanal dehnt sich schlagartig aus, was eine starke Druckwelle erzeugt, die als Donner hrbar ist. Licht und Schall haben unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten.

  • 34 ALPINE METEOROLOGIE

    STAU FHN

    Aufsteigen feuchter Luft

    Ausdehnung Kondensation

    Niederschlge

    0C

    5C

    10C

    15C

    3000m

    2000m

    1000m

    500m

    0C

    10C

    20C

    Absinken trockener Luft

    Kompression Erwrmung

    warm und trocken

    So sieht man zuerst den Blitz, hrt aber erst spter den Don-ner. ber diesen Zusammenhang kann die Entfernung eines Gewitters abgeschtzt werden: Zhlt man die Sekunden zwi-schen Blitz und Donner und teilt man diese durch drei, dann erhlt man die Entfernung des Gewitters in Kilometern. Wenn man nach dem Blitz den Donner gar nicht hrt, so befindet sich das Gewitter mindestens in einer Entfernung von 20 bis 25 Kilometern. Die Wolken-Erde-Blitze sind nur ein kleiner Teil der Blitze, die ein Gewitter produziert. Die meisten Blitze entladen sich innerhalb der Wolke oder zwischen zwei Wolken (Wolken-Wolken-Blitze).

    STAU UND FHNStau und Fhn sind typische Wetterphnomene der Alpen und aller Gebirge weltweit. Sie sind eng miteinander verbunden, mssen aber nicht unbedingt gleichzeitig auftreten. Stau und Fhn knnen in allen Jahreszeiten beobachtet werden, sind aber im Winter, Herbst und Frhjahr am hufigsten, wenn die Frontalzone (Bereich zwischen kalter Polarluft und warmer Tro-pikluft) ber Mitteleuropa zu liegen kommt.

    ENTSTEHUNGSMECHANSIMUS UND AUSWIRKUNGENDer StauWenn feuchte Luftmassen auf ein Gebirge treffen, wirkt dieses wie ein Hindernis und die Luft wird zum Aufsteigen gezwungen. Bei der Hebung dehnt sich die Luft aus, khlt ab und kann da-bei immer weniger Wasserdampf aufnehmen. Schlielich setzt Kondensation ein, d.h. der berschssige Wasserdampf kon-densiert zu Wolkentrpfchen die in Form von dichten Wolken sichtbar werden. Whrend sich das Luftpaket unterhalb des Kondensationsniveaus um 1C pro 100 Meter abkhlt (adiabati-sche Abkhlung), betrgt die Abkhlung oberhalb nur mehr ca. 0,5C pro 100 Meter. Bei der Kondensation wird nmlich latente Energie freigesetzt (siehe S. 16).Oberhalb des Kondensationsniveaus bleibt das Luftpaket so-lange gesttigt, wie Wasserdampf vorhanden ist und es kommt zu Niederschlagsbildung. Regen und Schneefall erreichen den Boden, auch wenn sich dieser unterhalb des Kondensationsni-veaus, also auerhalb der Wolken befindet.Die Intensitt der Kondensation und damit die Niederschlags-menge hngen hauptschlich von der Anstrmungsrichtung und geschwindigkeit ab. Bei einer Strmung senkrecht zum Gebirge ist das Aufsteigen der Luftmassen am strksten. Dane-ben ist aber auch der Feuchtegehalt der Luft ausschlaggebend, so erhalten beispielsweise die Voralpen mehr Niederschlag als inneralpine Gebiete. Wenn die Luftmasse sehr trocken ist, kann es sein, dass das Kondensationsniveau berhaupt nicht erreicht wird und deshalb keine Wolken- und Nieder-schlagsbildung einsetzt. In diesem Fall kommt es nicht zum Stau.Der Stau im Luv eines Gebirges fhrt nicht nur zur Hebung der Luftmassen, sondern auch zu einem Druckanstieg, der eigentlich im Gegensatz zum bewlkten und regnerischen Wetter steht. Auf der Wetterkarte erkennt man eine solche Wetterlage an der typischen Verteilung der Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks), die die Form einer Fhnnase annehmen.

    Der FhnWenn Luft ein Gebirge berstrmt, so sinkt diese auf der Lee-seite ab und wird dabei relativ trockener und wrmer. Man be-zeichnet dieses Wetterphnomen als Fhn.

    Abb. 29Stau und Fhn

    Auf der gegenberliegenden

    Seite: Wolkenstau und Fhnmauer am

    Alpenhauptkamm bei Fhn

  • 35ALPINE METEOROLOGIE

  • 36 ALPINE METEOROLOGIE

    Die treibende Kraft fr Fhn ist eine Druckdifferenz zwischen Luv und Lee eines Gebirges. Diese Druckdifferenz kann dyna-misch durch eine Strmung senkrecht zum Gebirge entstehen.Dabei stagniert potentiell kltere Luft in tiefen Schichten auf der Luvseite und potentiell warme Fhnluft sinkt aus hheren Schichten in die Tler der Leeseite. Das adiabatische Absinken fhrt zur Bildung eines kleinrumigen Leetiefs und verstrkt die Druckdifferenz weiter.Fhn ist auch rein hydrostatisch ohne Dynamik mglich. Unter-schiedlich temperierte Luftmassen zwischen Luv und Lee eines Gebirges knnen eine Druckdifferenz hervorrufen. Fhnwinde treten dann als Ausgleichstrmungen unterhalb von Kammni-veau auf.Beim Absinken wird die Fhnluft im Lee komprimiert. Sie erwrmt sich dabei und hat die Fhigkeit immer mehr Wasser-dampf aufzunehmen. Bei gleich bleibender absoluter Feuchte geht die relative Feuchte also zurck und der Wasserdampf

    verdunstet zunehmend. Zur Verdunstung wird aber Energie bentigt, die dem Luftpaket in Form von latenter Wrme entzo-gen wird. Dadurch wird die Erwrmung der Luft reduziert und betrgt nur 0,5 C pro 100 Meter (feuchtadiabatischer Tempe-raturgradient). Ist nach einer gewissen Entfernung vom Gebirgskamm nun al-ler Wasserdampf verdunstet, dann erwrmt sich die Luft tro-ckenadiabatisch um 1 C pro 100 Meter. Es ist nmlich kein Wasserdampf mehr vorhanden der verdunstet werden knnte und demnach wird dem Luftpaket auch keine Energie mehr entzogen.

    Der Sdfhn meist ein warmer Wind; der Nordfhn nur relativ warmAuf der Leeseite bringt die Fhnluft nur eine Erwrmung mit sich, wenn die Luft, die verdrngt wird auch khler ist als die Fhnluft. Ausschlaggebend dafr ist der Ursprung der Luftmassen. In den Sdalpen kommt Fhn bei einer starken Nordstrmung vor. Dabei erreichen oft kalte polare Luftmas-sen den Alpenraum, die sich trotz Absinken auf der Sdseite der Alpen nur wenig erwrmen und so im Tal manchmal eine Abkhlung bringen. Im Gegensatz dazu ist Sdfhn auf der Nordseite der Alpen fast immer ein warmer Wind, da in diesem Fall die Fhnluft ihren Ursprung im Mittelmeerraum hat und subtropische Luftmassen heranfhrt.

    Die Fhnmauer Die Staubewlkung beschrnkt sich nicht nur auf die Luvsei-te eines Gebirges, sondern erstreckt sich in einem gewissen Ausma ber den Gebirgskamm auf die Leeseite.Im Lee ist die Bewlkung jedoch nicht mehr so kompakt. Sie wird mit zunehmender Entfernung vom Hauptkamm durch Verdunstungseffekte immer weiter aufgelst. Den vom Tal aus sichtbaren Bereich mit Wolken im Lee eines Gebirges be-zeichnet man als Fhnmauer. Aus der Fhnmauer kann auch Niederschlag fallen, so z.B. in Gebieten die sehr nahe am Al-penhauptkamm liegen, wie z.B. das hintere Aostatal oder das Ahrntal in Sdtirol. Dort wo die Alpen sehr breit sind (zwischen dem Gardasee und den Dolomiten) sind Niederschlge aus der Fhnmauer hinge-gen sehr selten.

    Abb.30Satellitenbild einer

    Fhnlage in den Alpen

  • 37ALPINE METEOROLOGIE

    Der Fhn in den AlpenDer Fhn ist umso strker und die Erwrmung auf der Leesei-te umso grer, je hher der Gebirgskamm ist, den die Luft berstrmt. In den Westalpen, die eine Hhe von ber 4000 Meter erreichen, ist die Erwrmung bei Fhn in den Tlern mar-kant. In den Ostalpen, wo die Berge weniger hoch sind, fllt die Erwrmung allgemein geringer aus. Einen Spezialfall stellen die Ebenen und Becken dar. Hier ist die Fhnstrmung oft zu schwach, um die schwere bodennahe Kaltluft auszurumen. Der Fhn weht in diesem Fall nur in der Hhe und kann nicht bis zum Boden durchgreifen (siehe nchstes Kapitel).

  • 38 ALPINE METEOROLOGIE

    DIE TEMPERATURINVERSIONWAS VERSTEHT MAN DARUNTERGewhnlich nimmt die Temperatur mit der Hhe ab und zwar um ca. 0,6 C pro 100 Meter. Speziell in der kalten Jahreszeit kann es aber zu einer Umkehr des vertikalen Temperaturgra-dienten kommen. So kann es Luftschichten geben, in denen die Temperatur mit der Hhe ansteigt. Diesen Zustand bezeichnet man als Inversionswetterlage (untere Luftschichten kalt, darber warm). Die Inversionsschicht kann am Boden aufliegen oder in hheren Luftschichten vorkommen. Im ersten Fall spricht man von Bodeninversion, im zweiten Fall von einer Hheninversion.

    WIE, WO UND WANN ENTSTEHT EINE INVERSION? WIE LANGE DAUERT EINE INVERSIONSWETTERLAGE?Die BodeninversionVon Bodeninversion spricht man, wenn die Temperaturzunahme in unmittelbarer Nhe zum Boden beobachtet wird. Folgende Mechanismen sind dafr verantwortlich:

    Die Ansammlung von Kaltluft in den Tlern oder auf Hoch-ebenen (siehe Talauswind auf Seite 44). Kalte Luft ist schwerer als warme und sinkt nach unten.

    Die nchtliche Abkhlung der Luft (langwellige Ausstrahlung vom Boden), die vor allem im Winterhalbjahr und auf schneebe-deckter Oberflche stark ist. Durch die Wrmeabstrahlung ver-liert der Boden Energie und khlt aus. In der Folge sinkt auch die Temperatur der darber liegenden Luftschichten.Beide Phnomene sind bei schwachen Windverhltnissen und in schattigen Tlern am effektivsten und knnen sich berlagern. Bodeninversionen treten im Herbst und Winter am hufigsten auf und knnen sich mehrere Tage lang halten, auch und beson-ders dann, wenn in der Hhe milde Luft heranstrmt.Nach Kaltlufteinbrchen khlt sich die Talatmosphre oft stark aus und die Bodeninversion dauert auch dann noch an, wenn auf den Bergen bereits wieder mildere Luftmassen eintreffen. Nimmt im Frhjahr die Sonneneinstrahlung allerdings wieder zu und erwrmt sich die Erdoberflche, dann kommt es zur turbu-lenten Durchmischung der Luftschichten und die Bodeninver-sion lst sich auf.

    Die HheninversionVon Aufgleitinversion spricht man, wenn warme Luft ber ei-ner kalten Luftschicht aufgleitet. An einer Warmfront ist dies der Fall. Solche Inversionen knnen in der Troposphre fters vorkommen, da sich die Windrichtung und somit die Luftmas-seneigenschaften mit der Hhe mehrmals ndern. Dabei kommt es hufig zu mehreren, bereinander liegenden Inversionen, die eine recht komplexe Schichtungsstruktur der Atmosphre be-dingen.Eine Absinkinversion bildet sich in einem Hochdruckgebiet, wenn Luft grorumig absinkt und dabei durch Kompression erwrmt wird. Diese Inversion entsteht meist im Bereich der atmosphrischen Grenzschicht (zwischen 1000 und 2000 m Hhe).

    AUSWIRKUNGEN EINER INVERSIONSWETTERLAGEWolken, Nebel und DunstEine Inversionswetterlage fhrt zu typischen Wetterphnome-nen. Sie bringt eine groe Stabilitt der Troposphre mit sich und unterbindet jede Vertikalbewegung und Durchmischung von Luft (siehe Kapitel Stabilitt und Labilitt auf S. 30).

    Bodeninversionen fhren hufig zu Dunst- oder Nebelbildung. Wird Luft in Bodennhe stark abgekhlt, kommt es zu Konden-sation. Oberhalb der Inversion prsentiert sich der Himmel da-gegen meist wolkenlos.

    km

    3

    2

    1

    -10 -5 0 +5 +10 +15 +20 C

    INVERSION AM BODEN UND IN DER HHE

    Abb. 31Schematische

    Darstellung einer Boden- und

    Hheninversion

  • 39ALPINE METEOROLOGIE

    Hheninversionen fhren hufig zur Bildung stratiformer (schichtfrmiger) Bewlkung. Unterhalb dieser Wolkenschicht sammelt sich in den Tlern feuchte und khle Luft an. Sind mehrere Temperaturinversionen vorhanden, so knnen selbstverstndlich auch mehrere Frostgrenzen auftreten. Das spielt fr die Niederschlagsform eine bedeutende Rolle (Regen/Schnee, siehe nchstes Kapitel).

    Oben: Luftaufnahme einer Inversionswetterlage Unten: Hochnebelschicht vom Boden aus fotografiert

  • 40 ALPINE METEOROLOGIE

    DIE SCHNEEFALLGRENZEDEFINITIONDie Schneefallgrenze ist als Hhenlage definiert, bis zu der Nie-derschlag (zu mehr als 90 %) in Form von Schnee fllt. Sie muss nicht mit der Hhe bereinstimmen, wo der Schnee effektiv liegen bleibt. Meistens ist die Schneefallgrenze tiefer als die so genannte Akkumulationsgrenze des Schnees.Die Schneefallgrenze hngt von mehreren Faktoren ab:

    von der Nullgradgrenze einer Luftmasse (in der freien Atmo-sphre, siehe S. 11)

    von der Niederschlagsintensitt und dauer vom Vorhandensein einer Temperaturinversion oder isother-

    men Schicht (konstanter Temperaturverlauf mit der Hhe) von der Talorografie von der geografischen Position (Zentralalpen, Voralpen)

    Abhngigkeit von der Frostgrenze, Niederschlagsintensitt und dauerDie Schneefallgrenze hngt primr von der Nullgradgrenze sowie der Niederschlagsintensitt und dauer ab. In der freien Atmosphre erwartet man die Schneefallgrenze in den meisten Fllen unterhalb der Nullgradgrenze:

    bei leichten Niederschlgen (1-3 mm pro Stunde) ca. 200-300 m darunter

    bei migen Niederschlgen (3-5 mm pro Stunde) ca. 400-500 m darunter

    bei starken Niederschlgen (> 5 mm pro Stunde) ca. 600-700 m darunter

    bei Schauern und Gewittern auch noch tiefer.Wie lsst sich das erklren? Wenn Schnee in Luftschichten mit positiven Temperaturen fllt, beginnt er zu schmelzen. Fr den Schmelzvorgang (bergang vom festen in den flssigen Zu-stand) wird Energie bentigt, die der Umgebungsluft entzogen wird (latente Wrme). In der Folge khlt sich diese ab und die Schneefallgrenze sinkt immer weiter.Die Abkhlung und damit auch die Schneefallgrenze hngen also direkt von der Niederschlagsintensitt selbst ab. Je strker der Schneefall ausfllt, umso strker ist auch die so genannte Niederschlagsabkhlung. Wenn keine Turbulenz und Durch-mischung der Luft stattfindet (bei Windstille), dann kann sich eine mehrere hundert Meter dicke Schicht auf 0 abkhlen

    (Isothermie). Die Schneefallgrenze hngt in diesem Zusammen-hang auch noch von der Niederschlagsdauer ab. Fr die Nieder-schlagsabkhlung und die Bildung einer isothermen Schicht, ist eine gewisse Zeit ntig (mehrere Stunden). Um die Schneefall-grenze auf einer konstanten Hhe zu halten, muss der Nieder-schlag ber eine gewisse Zeit andauern. Lsst der Niederschlag nach, so steigt die Schneefallgrenze rasch wieder an.

    Abhngigkeit von TemperaturinversionenFalls im Tal eine ausgeprgte Inversionswetterlage herrscht, so ist der Zusammenhang zwischen Schneefallgrenze und Nie-derschlagsabkhlung nicht mehr gltig. Nach kontinentalen Kaltlufteinbrchen kommt es in den inneralpinen Tlern oft vor, dass sich eine ausgeprgte Inversion bildet und lange hlt. In diesem Fall kann der Schneefall den Talboden erreichen, in dem er die Luftschicht mit positiven Temperaturen unbe-schadet durchquert, d.h. die Dicke der warmen Schicht reicht nicht aus, um die Schneeflocken vollstndig zu schmelzen. Die Schneefallgrenze kann also weit unterhalb der Nullgradgrenze liegen.Schwacher Schneefall kann beispielsweise eine 200 bis 300 m dicke warme Schicht durchqueren ohne zu schmelzen, mi-ger Schneefall eine 400 bis 500 m dicke Schicht. Ist die warme Schicht hingegen mchtiger, so schmelzen alle Schneeflocken vollstndig und es fllt Regen. Befindet sich unterhalb der warmen Schicht in Bodennhe wieder eine kalte Schicht mit negativen Temperaturen, so kann es in der Folge zu gefrieren-den Regen kommen. Dabei erstarrren die Regentropfen beim

    0C

    300m

    1000m

    500m

    Abb. 32Abhngigkeit der

    Schneefallgrenze von der Niederschlagsintensitt

    und -dauer.

    Auf der gegenberliegenden

    Seite: Wolkenloser Tag nach einem herbstlichen

    Kaltlufteinbruch. Die Schneefallgrenze ist klar

    ersichtlich.

  • 41ALPINE METEOROLOGIE

  • 42 ALPINE METEOROLOGIE

    1300-1400 m

    2000 m0C

    +1C+2C

    -3C

    -1C

    0C6-7

    00

    m

    0C

    Flachland Voralpen inneralpiner Raum

    300m

    MSSIGER SCHNEEFALL

    STARKER SCHNEEFALL

    SCHWACHER SCHNEEFALL

    flusso meridionaleSdstrmung

    500m 700m

    Auftreffen auf dem gefrorenen Boden zu einer gefhrlichen Eisschicht.

    Abhngigkeit von der TalorografieDie Orografie eines Tals wirkt sich erheblich auf die Schnee-fallgrenze aus. Enge Tler haben ein sehr kleines Luftvolumen. Die weiter oben besprochene Niederschlagsabkhlung ist hier also viel strker und geht schneller voran. So kann die Schnee-fallgrenze rasch bis zum Talboden absinken. Anders in einem breiten Tal: Hier ist das Luftvolumen viel grer und die Nieder-schlagsabkhlung und damit das Absinken der Schneefallgrenze geht sehr langsam voran.

    Abhngigkeit von der geografischen LageAn der Alpensdseite ist Schneefall fast immer mit einer Sdstaulage verbunden, bei der sehr feuchte und relativ mil-de Luftmassen herangefhrt werden. Die milde Luft setzt sich zuerst in den Voralpentlern nahe der Ebene durch, whrend sich in den inneralpinen Tlern die Kaltluft meist noch lnger halten kann. So steigt die Schneefallgrenze in den Voralpen mit einsetzendem Niederschlag rasch an, whrend es in den Zen-tralalpen noch fr lngere Zeit bis in die Tler schneit. Wenn die Luft von der Adria her weht, dann steigt die Schneefallgrenze vor allem in den venezianischen und friulanischen Alpen stark an, im Nordwesten Italiens (vom Gardasee westwrts) bleibt sie hingegen meist tiefer. Hier hlt sich die Kaltluft am lngsten.

    Abhngigkeit der Schneefallgrenze:

    Abb. 33 - von einer thermischen

    InversionAbb. 34 - von der

    TalorografieAbb. 35 - von der

    geografischen Lage

  • 43ALPINE METEOROLOGIE

    WIND-STRKE INTENSITT

    GESCHWINDIGKEIT (km/h)

    GESCHWINDIGKEIT (m/s) AUSWIRKUNGEN IM GEBIRGE UND EMPFEHLUNGEN

    1 schwach 0 - 18 0 - 5 Das Taschentuch bewegt sich leicht; man sprt den Wind im Gesicht; keine Schneeverwehungen

    2 mig 18 - 36 5 - 10Das Taschentuch wird vom Wind gestreckt; erste Schneeverwehungen; der Wind wirkt bei einer Wanderung noch nicht strend

    3 stark 36 - 60 10 - 17Man hrt den Wind pfeifen (Rauschen des Waldes, Pfeifen im Haus); groe Schneeverfrachtungen; Gefahr lokaler Erfrierungen bei -10C

    4 strmisch 60 - 90 17 - 25

    Starke Bigkeit; man muss sich gegen den Wind stemmen; unregelmige Schneeansammlungen; ber den Berggipfeln bilden sich Schneefahnen; der Wind bricht ste ab; Gefahr lokaler Erfrierungen ab -5C

    5 Orkan > 90 > 25

    Bei einem Fhnsturm oder Sturmtief; man kommt kaum noch vorwrts; das Gleichgewicht wird stark beeintrchtigt; Gefahr vom Wind umgestoen zu werden; enorme Schneeverfrachtungen; komplette Umverteilung des Schnees; Schden an Gebuden und entwurzelte Bume; Touren im Gebirge sind nicht mglich

    DER WIND IM GEBIRGEDIE AUSWIRKUNGEN DER BERGE AUF DEN WINDIn der freien Atmosphre hat die Orografie keinen Einfluss auf den Wind (siehe S. 22). An der Erdoberflche werden die Luft-bewegungen jedoch mageblich durch mechanische Krfte (Reibung) und thermische Eigenschaften des Bodens (unter-schiedliche Erwrmung) modifiziert.

    Einfluss mechanischer Eigenschaften des BodensBerge stellen fr die Luftstrmungen ein Hindernis dar und verndern sowohl die Windrichtung als auch die Windge-schwindigkeit. Durch die Reibung an der Erdoberflche wird die Windgeschwindigkeit herabgesetzt. Dies funktioniert sowohl im groen (im Fall von Gebirgsket-ten) als auch im kleinen Mastab (bei einzelnen Bergen, lokalen Erhebungen). Muss die Luftstrmung eine Engstelle passieren, so beschleu-nigt sie sich, so wie das Wasser an einer Engstelle in einem Ge-birgsfluss (bekannt als Venturi-Effekt).Wenn der Boden schneebedeckt ist, so kann die Windgeschwin-digkeit sehr stark die Sichtverhltnisse beeinflussen.

    Abb. 36Windtabelle

  • 44 ALPINE METEOROLOGIE

    GLETSCHERWIND

    HANGAUFWIND

    Abb. 37Schematische

    Darstellung des Hangauf- und Hangabwindes

    Abb. 38Gletscherwind

  • 45ALPINE METEOROLOGIE

    Einfluss thermischer Eigenschaften des Bodens: TalwindsystemeDie unterschiedliche Erwrmung des Bodens im Gebirge im Ver-gleich zur Ebene verursacht lokale Windsysteme, auch Talwinde genannt. Tagsber erwrmt sich die Luft ber den Berghngen viel strker als in der Ebene und in der freien Atmosphre. Die warmen Luftpakete sind leichter und beginnen am Gelnde aufzusteigen: Es entsteht eine Strmung von der Ebene ins Tal und vom Tal Richtung Berggipfel (Taleinwind, Hangwind). In der Nacht ist es genau umgekehrt: Die Auskhlung ist am Boden viel strker als in der freien Atmosphre. Die kalten und somit schweren Luftpa-kete strmen von den Berghngen Richtung Tal und vom Tal zur Ebene (Talauswind). Der Taleinwind ist im Sommer am strksten ausgeprgt, weil die Erwrmung und die thermischen Unterschie-de zwischen Tag und Nacht in dieser Jahreszeit am grten sind. Der Talauswind ist hingegen im Winter, vor allem auf einer schneebedeckten Oberflche, aufgrund der intensiven Wrme-abstrahlung, verstrkt.Die Exposition der Berghnge und die dadurch vernderte Son-neneinstrahlung fhren zu so genannten Hangwinden. Diese sind vor allem am frhen Morgen oder spten Nachmittag zu beobachten, wenn die thermischen Unterschiede zwischen den Berghngen und der freien Atmosphre sehr gro sind.Die lokalen Windsysteme bilden sich vor allem bei Strahlungswet- ter und sind in der Regel ein Hinweis auf ruhiges und sonniges Hochdruckwetter. Bleiben die Talwinde aus oder die Wind-richtung bzw. geschwindigkeit ndert sich pltzlich, so kann dies auf einen mglichen Wetterumschwung hindeuten.

    EIN SPEZIALFALLDer GletscherwindZu den thermisch beeinflussten Winden gehrt auch der so ge-nannte Gletscherwind: Er strmt entlang der grten Neigung ber die Gletscheroberflche Richtung Tal. Der Gletscherwind entsteht durch die Abkhlung der Luft ber dem kalten Gletscher. Die Luftpakete werden dadurch schwerer und beginnen abzusin-ken. Am strksten ist der Gletscherwind im Sommer, wenn die Temperaturunterschiede zwischen eisbedecktem und eisfreiem Boden am grten sind. Die Intensitt des Windes hngt stark von der Gre des Gletschers ab: Je grer die Eisflche ist, umso regelmiger und strker weht der Gletscherwind.

  • 46 ALPINE METEOROLOGIE

    Die Natur sorgt fr eine Vielfalt an Wetterlagen, die wir stark vereinfacht in Gruppen unterteilen und klassifizieren knnen. Das ist eine ziemlich schwierige Aufgabe, weil keine Wetter-lage exakt der anderen gleicht und sich nie vllig identisch wiederholt. Wir knnen die Wetterlagen mit Personen ver-gleichen: Man kann sie klassifizieren, z.B. nach der Haar- oder Augenfarbe, aber wir finden dennoch viele Individuen, die sich nicht exakt einer Gruppe zuordnen lassen. Erhhen wir die An-zahl der Gruppen, gelingt die Klassifizierung vielleicht besser, aber sie wird auch unbersichtlicher. Die Klassifizierung von Wetterlagen erfolgt ber die An-strmungsrichtung, genauer gesagt ber die Charakteristiken der atmosphrischen Zirkulation. Vorab kann man zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten unterscheiden (siehe ab S.22). In-nerhalb dieser beiden Hauptgruppen lassen sich zwischen einer Vielzahl an Wetterlagen unterscheiden.

    DAS HOCHDRUCKWETTERWelches Wetter herrscht bei hohem Luftdruck?Wenn das Wetter von einer Antizyklone beeinflusst wird, haben wir am Boden in der Regel hohen Luftdruck: Wir befinden uns unter so genanntem Hochdruckeinfluss. Dabei ist das Wetter gewhnlich sonnig und trocken.Bei dynamischen Hochdruckgebieten strmt die Luft in der Hhe zusammen, was zu einer grorumigen Subsidenz (Ab-sinken von Luft, siehe S. 38) fhrt. Whrend der Subsidenz wird die Luft wrmer und relativ trockener. Im Sommer setzt sich die absinkende Luft hufig bis zum Boden durch und sorgt fr sonniges, warmes und stabiles Wetter. Die Bildung von Gewit-tern wird durch das Absinken zum Groteil unterbunden.

    DIE WETTERLAGEN IN DEN ALPEN

  • 47ALPINE METEOROLOGIE

    Im Winter lagert in bodennahen Schichten sehr oft kalte und so-mit schwere Luft (Inversionswetterlage), die durch die Subsidenz (warme und leichte Luft) nicht ausgerumt werden kann. In dieser Inversionsschicht reichert sich Feuchtigkeit an, die oft zu Nebel oder Hochnebel fhrt. Wie wir sehen bedeutet Hochdruckeinfluss in den Niederungen also nicht immer Schnwetter. In der Hhe ist ein Hoch aber gewhnlich mit sonnigem Wetter verbunden, hier trben hchstens ein paar Schleierwolken den Himmel.

    Verschiedene Hochdruckgebiete und das dazugehrige WetterJe nach Herkunft knnen auch Hochdruckgebiete unterschiedli-ches Wetter verursachen. Nachfolgend werden die fr den Al-penraum typischen Hochdrucklagen beschrieben.

    Das ZwischenhochSehr oft liegt ber dem Mittelmeerraum ein Hoch, whrend ber Nord- und Mitteleuropa immer wieder Frontensysteme von West nach Ost ziehen. Diese knnen vorbergehend (meist fr ein bis zwei Tage) auch den Alpenraum beeinflussen. Zwi-schen einem Frontdurchgang und dem nchsten stellt sich im Alpenraum gewhnlich wieder hoher Luftdruck ein, in dem sich das Hoch vom zentralen Mittelmeerraum vorbergehend nach Norden ausdehnt. Ein solches Zwischenhoch fhrt in den Alpen meist zu sonnigem und trockenem Wetter, das sich aber nicht lange hlt.

    Nacht Tag

    Temperaturverlauf

    Nacht Tag Nacht Tag

    Absinken

    Kompression

    WARME UND TROCKENE LUFT

    SOMMERWIN

    TER

    A

    AB

    B

    Das postfrontale HochdruckgebietAn der Rckseite eines Tiefs, das den Alpenraum von Norden oder Nordwesten her berquert hat, strmt meist kalte und da-mit schwere Luft nach Mitteleuropa, die zu einem Druckanstieg fhrt. Ein solches Zwischenhoch kann sich in der Folge mit dem Azorenhoch ber Westeuropa verbinden und dem Alpenraum sonniges Wetter bescheren. Es bleibt solange wetterbestim-mend, bis es vom nchsten atlantischen Tief abgelst wird. Fronten aus Nord bis Nordwest fhren vor allem nrdlich der

    Abb. 39Welches Wetter erwartet uns bei hohem Luftdruck?

    Abb. 40Schematische Darstellung eines Zwischenhochs

    Abb. 41Schematische Darstellung eines postfrontalen Hochdruckgebiets

    A

    A

    A

    B

    B

  • 48 ALPINE METEOROLOGIE

    Alpen durch Staueffekte zu Niederschlgen. Im Sden bringen diese kaum Regen oder Schneefall, hier weht oft Nordfhn. Hin-ter der Front stellt sich in den Alpen meist freundliches, aber relativ khles Wetter ein. Von Nordosten her erreichen hufig trockene und kalte Luftmassen die Alpensdseite.

    Das Azorenhoch und das nordafrikanische HochDiese Hochdruckgebiete sind jeweils dynamischen Ursprungs, werden also durch das Heranstrmen warmer Luft in der Hhe gebildet. Der hohe Luftdruck breitet sich von Sdwesteuropa bzw. von Nordafrika Richtung Mitteleuropa aus. Whrend sich die warme Luft im Sommer auch am Boden durchsetzt, knnen sich im Winter Inversionswetterlagen ausbilden. Dabei kommt es in den Ebenen oft zur Bildung von Nebel oder Hochnebel und einem damit verbundenen Anstieg von Luftschadstoffen.

    Das SibirienhochBeim Sibirien- oder Russlandhoch handelt es sich um eine ther-misch bedingte Antizyklone, die sich im Winter durch die An-sammlung sehr kalter Luft auf dem russischen Kontinent bildet. In den Alpen fhrt dieses Hoch zu trockener und kalter Witte-rung. Die trockene kontinentale Luftmasse verhindert meist die Bildung von Nebel oder Hochnebel.

    A

    A

    B

    A

    B

    B

    Abb. 42Schematische

    Darstellung des Azorenhochs

    Abb. 43Schematische

    Darstellung des Sibirienhochs

  • 49ALPINE METEOROLOGIE

    DAS TIEFDRUCKWETTERIn einem Tief ist der Luftdruck an der Erdoberflche gering und nimmt nach Auen hin zu. Gewhnlich verbindet man Tief- druckeinfluss mit trbem und regnerischem Wetter, das muss aber nicht immer der Fall sein.Es lassen sich zwei fr uns relevante Tiefdrucksysteme unter-scheiden: Tiefdruckgebiete ber West- oder Nordeuropa, deren Fronten auch die Alpen beeinflussen und Tiefs, die sich ber dem Mittelmeer bilden.

    Die Fronten in den Alpen Im Kapitel Tiefs, Hochs und Fronten (ab Seite 22) wurde die allgemeine Theorie dieser Wetterphnomene erklrt. Welche Auswirkungen haben Wettersysteme aber, wenn sie auf den eu-ropischen Kontinent treffen, der eine recht komplexe Orogra-fie aufweist. Europa besteht aus einer Vielzahl von Halbinseln, besitzt hohe Gebirge, wie die Alpen und hat ein relativ warmes Meer im Sden des Kontinents.Gewhnlich bringt eine Front den Alpen schlechtes Wetter. Die Bewlkung und die Niederschlge sind aber regional sehr unterschiedlich verteilt. Das hngt von folgenden Faktoren ab:

    von der Anstrmungsrichtung vom Feuchtegehalt der Luftmassen von der Labilitt der Luftmasse (siehe S. 30).

    Wenn sich eine Front von West nach Ost bewegt, dann weht an ihrer Vorderseite gewhnlich Sdwestwind. Diese mit viel Feuchte angereichte Meeresluft fhrt an der Front zu Wolken- und Niederschlagsbildung. Trifft das Fronten- system auf die Alpen, so wird die Luft gehoben. Im Luv kommt es dabei zu Staueffekten, im Lee weht sehr oft Fhn (siehe S. 34): Staueffekte verstrken die Niederschlge an der Front, Fhneffekte fhren zu Niederschlagsauflsung. Aus diesem Grund ist die Anstrmungsrichtung sehr wichtig, da mit die-ser sich auch die vom Stau und Fhn betroffenen Gebiete nd-ern. Diese verschiedenen Anstrmungsrichtungen wollen wir nun etwas nher betrachten und wir behalten uns dabei im Hinterkopf, dass unsere Frontensysteme fast immer atlantischen Ursprungs sind.

    Bei einer Front aus Nordwest (mit einem Tief ber dem Nord- atlantik oder Nordwesteuropa) fllt an der Alpensdseite gewhnlich wenig Niederschlag. Regen und Schneefall be-

    schrnken sich meist auf den Alpenhauptkamm. Handelt es sich um eine Kaltfront, so stellt sich in den Tlern der Sdalpen gewhnlich Fhn ein.

    Eine Front aus West (mit einem Tief ber dem Atlantik oder Sdwesteuropa) ist in den Alpen oft mit Sdwestwind ver-bunden. Dabei reichert sich die Luft ber dem Mittelmeer mit Feuchtigkeit an und an der Alpensdseite kommt es zu Nie-derschlgen.

    Bei einer Front aus Sdwest (mit einem Tief ber der Ibe-rischen Halbinsel oder dem westlichen Mittelmeer) kommt es an der gesamten Alpensdseite zu Stauniederschlgen, die in den Voralpen ergiebiger ausfallen als inneralpin. Im Winter fhrt diese Wetterlage sehr oft zu starken Schneefllen, vor allem wenn sich zuvor eine ausgeprgte Inversion mit kalter Luft in bodennahen Luftschichten ausgebildet hat.

    Eine Front aus Norden oder Nordosten fhrt nrdlich der Al-pen zu Stauniederschlgen, im Sden weht Nordfhn. Wenn die Strmung stark genug ist, so knnen die Niederschlge auch ber dem Alpenhauptkamm weiter nach Sden ausgreifen (siehe Seite 35-37).

    Frontensysteme aus Sden stehen immer mit Mittelmeetiefs in Zusammenhang und bringen den Sdalpen verbreitet Regen oder Schneefall

    Fronten aus Ost oder Sdost kommen relativ selten vor.

    B

    Abb. 44Schema eines Frontensystems ber den Alpen

  • 50 ALPINE METEOROLOGIE

    Hat sich das Tief entwickelt, so bildet es eigene Frontensysteme aus. Mittelmeertiefs sind im Vergleich zu atlantischen Tiefs sehr viel kleiner, besitzen aber eine sehr starke Drehbewegung (Vor-ticity). Mittelmeertiefs knnen unterschiedliche Zugrichtungen haben. Sehr oft verlagern sie sich vom westlichen Mittelmeer Richtung Nordosten ber die Sdalpen weiter nach Osteuropa (auch als Vb-Wetterlage bekannt).Trifft ein Mittelmeertief auf die Alpen, so kommt es an der Alpensdseite verbreitet zu Stauniederschlgen. Die regiona-len Auswirkungen hngen dabei sehr stark von der genauen Anstrmungsrichtung und den Eigenschaften der Front (Warmfront, Kaltfront, Oklussion) ab. Wenn das Mittelmeertief mit seinem Zentrum ber dem Golf von Genua oder weiter westlich liegt, so treffen die Fronten von Sden her auf die Alpen. Dabei kommt es in den westlichen italienischen Voralpen hufig zu strken Niederschlgen, wh-rend der Nordosten noch verschont bleibt. Mit Verlagerung des Tiefs Richtung Norden verstrkt sich der Wind ber der Adria und die Niederschlge breiten sich auch auf den Nordosten Italiens aus. Liegt das Tiefzentrum direkt ber der nrdlichen Adria, so kommt es in den Dolomiten hufig zu ergiebigem Schneefall oder Regen. Nach ihrer Entstehung bleiben Mittelmeertiefs meist von einer weiteren Kaltluftzufuhr abgeschlossen. In der Folge schwchen sie sich ab und fllen sich zunehmend auf.

    A

    B

    B

    Die MittelmeertiefsIm Winter ist das Mittelmeer, im Vergleich zum Atlantischen Ozean relativ warm. Wenn kalte Luftmassen in den Mittelme-er-raum vorstoen, dann entwickelt sich ein starker thermischer Gradient verbunden mit hoher Instabilitt und Verdunstung. Es kommt zur Bildung starker Tiefdruckgebiete, die sich mit viel Feuchtigkeit aus dem Meer anreichern. Im Sommer herrscht ber dem Mittelmeer hingegen oft hoher Luftdruck. Kaltluftvor-ste kommen dann nur selten vor und reichen meist nicht zur Bildung eines Mittelmeertiefs aus, sondern fhren zu Gewittern.Tiefdruckgebiete ber dem Mittelmeer knnen auf verschiedene Weise entstehen:

    Ein bereits bestehendes Tief kann sich mit der westlichen Hhenstrmung vom Atlantik zum Mittelmeer verlagern.

    Wenn eine Front aus Nordwest oder Nord auf die Alpen trifft, dann teilt sie sich oft in zwei ste auf. Der nrdliche Ast beein-flusst die Alpennordseite und der sdliche Ast stt ins Mittel-meer vor, wo er die Entstehung eines neuen Tiefs begnstigt.

    Eine Front aus Nordwest zieht direkt ber das westliche Mit-telmeer und lst dort eine neue Zyklogenese (Tiefdruckent- wicklung aus).In den beiden letzten Fllen strmt kalte Luft ber das Rhonetal zwischen Alpen und Zentralmassiv direkt ins westliche Mittel-meer, wo sich in der Folge ber dem warmen Wasser ein neues Tief bildet. Viele Tiefdruckgebiete entstehen ber dem Golf von Genua oder ber der nrdlichen Adria.

    Abb. 45Schematische

    Darstellung eines Mittelmeertiefs

  • 51ALPINE METEOROLOGIE

    FLACHE DRUCKVERTEILUNG (BERGANGSLAGE)Im bergangsbereich von einem Hoch zum Tief stellt sich meist eine so genannte flache Druckverteilung ein.

    Vom Hoch zum TiefEine typische bergangslage stellt im Winter jene vom russi-schen Hoch im Osten Europas zu atlantischen Tiefdruckgebieten (ber Westeuropa) dar. Wenn ein atlantisches Tief das Mittel-meer erreicht, so gleitet warme und feuchte Meeresluft auf die kalte bodennahe Luft ber dem Kontinent auf. Dabei kann es anfangs bis in tiefe Lagen schneien.

    A

    B

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    BAbb. 46Schematische Darstellung der bergangswetterlage vom Hoch zum Tief

    Abb. 47Schematische Darstellung der bergangswetterlage vom Tief zum Hoch

    und umgekehrtAuf der anderen Seite kann nach der Auflsung eines Mittel-meertiefs eine Hochdruckbrcke entstehen, die das Azoren-hoch mit dem Russlandhoch verbindet. In diesem Fall liegen die Alpen unter einer stlichen bis nordstlichen Anstrmung, mit der sehr trockene, aber vor allem im Winter kalte Luftmas-sen herangefhrt werden. In den Alpen kommen die tiefsten Temperaturen bei dieser Wetterlage vor. Im Sommer erreicht aus stlicher Richtung in der Regel warme Kontinentaluft den Alpenraum.

  • 52 ALPINE METEOROLOGIE

    DIE WOLKENFORMENWolken bestehen aus Wassertrpfchen, die durch Kondensa-tion von Wasserdampf an so genannten Kondensationskernen (Staub- oder Gaspartikel, siehe S. 31) entstanden sind. Wenn es kalt genug ist, knnen sich dabei auch mikroskopisch kleine Eiskristalle bilden. Zur Kondensation kommt es durch die Hebung der Luftpakete und die damit verbundene Abkhlung.Diese Hebung kann von einem orografischen Hindernis (Stau, siehe S. 34), von einem Frontensystem (siehe ab S. 24) oder der Erwrmung von Luft in Bodennhe bei Labilitt (siehe S. 30) ver-ursacht werden.

    DIE WOLKENKLASSIFIKATION UND DEREN METEOROLOGISCHE BEDEUTUNGDie Beobachtung der Wolken und ihrer Entwicklung kann uns wichtige Informationen ber das Wettergeschehen der folgen-den Stunden geben. Um die Wolken unterscheiden zu knnen, werden sie nach folgenden Kriterien klassifiziert: nach der Hhe in der sie entstehen und nach ihrer Form. Man unterscheidet zwischen hohen, mittelhohen und tiefen Wolken sowie zwi-schen schichtfrmigen (stratiformen) Wolken und Quellwolken (Cumuluswolken).

    Die hohen WolkenHohe Wolken entstehen im oberen Bereich der Troposphre, zwischen 6000 Meter Hhe und der Tropopause (in 12000 bis 13000 Meter). Aufgrund der niedrigen Temperaturen in dieser Schicht be-stehen sie fast ausschlielich aus Eiskristallen. Zu den hohen

    DIE EIGENSCHAFTEN DER WOLKEN

  • 53ALPINE METEOROLOGIE

    Cirrus - Ci Cumulonimbus - Cb

    Cirrocumulus - Cc

    Altostratus - As

    MIT

    TELH

    OCH

    TIEF

    Nimbostratus - Ns

    Stratus - St Stratocumulus - Sc

    Altocumulus - Ac

    Cumulus - Cu

    Cirrostratus - Cs

    HO

    CH

    MIT

    VE

    RT

    IKA

    LER

    AU

    SDE

    HN

    UN

    G

    3000 m

    6000 m

    10000 m

    Wolken zhlen nach internationaler Klassifikation Cirrus, Cir-rocumulus und Cirrostratus. Aus hohen Wolken fllt kein Nie-derschlag.

    Cirren haben eine sehr geringe vertikale Mchtigkeit (maximal 300 bis 400 m) und lassen die Sonne durchscheinen (Schleier- wolken). Eine Cirrus-Schicht, die den Himmel rasch b- erzieht, kann auf eine aufziehende Warmfront hinweisen. Die Anordnung der Cirren gibt auch ber den Wind in der Hhe Aufschluss, der dort meist sehr stark weht.

    Cirrocumuli sind dnne weie Flecken, Felder oder Schichten von Wolken ohne Eigenschatten, die aus sehr kleinen Wolken-teilchen bestehen. Diese Wolkenart kommt ebenfalls im Vorfeld einer Warmfront vor.

    Cirrostratus-Wolken sind feine, durchscheinende, strukturlo-se Wolken. Es handelt sich um faserige ausgedehnte Wolken mit groer horizontaler Erstreckung. Sich verdichtende Cirrostratus-Wolken weisen auf eine auf-ziehende Warmfront hin.

    Die mittelhohen WolkenDie mittelhohen Wolken kommen in unseren Breiten in einer Hhe von 2000 bis 6000 Meter vor. Sie bestehen zum Groteil aus Wassertrpfchen oder aus einem Gemisch von Eiskristallen und Trpfchen.Zu den mittelhohen Wolken zhlen nach internationaler Klassi-fikation Altocumulus und Altostratus.

    Abb. 48Tabelle zur Wolkenklassifikation

  • 54 ALPINE METEOROLOGIE

    Altocumulus-Wolken haben eine vertikale Mchtigkeit von 400 bis 800 Meter, knnen aber auch eine ber 1000 m di-cke Schicht bilden. Es handelt sich um weie oder graue Fel-der, Flecken oder Schichten von Wolken mit Eigenschatten. Im Volksmund werden sie auch als Schfchenwolken bezeichnet.

    Altostratus-Wolken sind ausgedehnte und schichtfrmi-ge graue Wolken, welche die